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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

oder Tegelschichte besteht. Es werden sich also die Meteorwässer in die Mulden der Lehm- oder Tegelschichte zusammenziehen und, da sie nicht versinken können, einen Feuchtigkeitsgrad erzeugen, der massenhaft Feuchtigkeitspflanzen produciren wird, und man würde also wiederum falsch schließen, wollte man sich durch diese Vegetation bestimmen lassen, Grabungen auf Quellen vorzunehmen.

Diese wenigen Bemerkungen werden genügen, darzuthun, daß der Vegetations-Physiognomie in keinerlei Weise als Factor bei Quellenbestimmungen der Werth beigelegt werden darf, den Laien ihr bis jetzt anschreiben, und dies um so weniger, als die unterirdischen Wässer meistens in solchen Tiefen fließen, in denen sie keinerlei Einfluß auf die Vegetation der Erdoberfläche mehr auszuüben vermögen. Ungleich wichtiger als die Pflanzen-Physiognomie ist die Kenntniß der klimatischen Verhältnisse bei den Bestimmungen des Quellensuchers. Die geographische Lage der Gegend, in der man Wasser sucht, deren Seehöhe, die Größe ihres Regenniederschlages, sind von wesentlichem Einflusse auf den Reichthum und die Natur der unterirdischen Quellenläufe und dürfen nicht außer Rechnung gelassen werden.

In gleicher Weise muß der Quellensucher den Einfluß erwägen, den menschliche Thätigkeit auf die Natur und die Qualität der Quellenläufe hervorgebracht hat, und er darf nicht vergessen, daß Entsumpfungen, Fluß- und Bachregulirungen, Canalisirungen, Drainirungen, ja oft die einfachsten Grabungsarbeiten große Umwälzungen in dem unterirdischen Quellensysteme hervorbringen können.

Es würde für diesmal zu weit führen, wollte ich neben diesen wissenschaftlichen Factoren der Quellenkunde auch noch alle praktischen Erfahrungssätze anführen, deren sich der Quellensucher, durch langjährige Beobachtungen hierzu berechtigt, bedient und die, obgleich bis heute nicht wissenschaftlich begründet, doch vollständig untrüglich sind. Ich werde über dieselben ein anderes Mal sprechen.

Durch ein genaues Studium der einzelnen angeführten Factoren ist dem Quellenfinder sämmtliches Material geboten, zur praktischen Ausübung seiner Wissenschaft zu schreiten. Freilich bleibt es einem richtigen Blicke, einer eigenen Combinationsgabe und einer langjährigen Praxis vorbehalten, die Wechselbeziehung der einzelnen Factoren zu einander kennen zu lernen und keinem derselben einen geringeren oder größeren Einfluß zu gestatten, als ihm, den localen Verhältnissen entsprechend, wirklich zukommt. Sandiger Obergrund mit lettiger Unterlage ist sicherlich ein der unterirdischen Wasserbildung günstiges Terrain, und doch werden in demselben Grabungen zu keinem Resultate führen, wenn der Brunnen auf die Kuppe einer Anhöhe gestellt wird, oder wenn die Lettenschichte unganz ist.

Waldungen haben einen großen Einfluß auf die Quellenbildungen, und doch wird man in der Nähe der großartigsten und üppigsten Waldvegetation keine großen Resultate erzielen, falls man die übrigen Factoren bei Bestimmung des Brunnenanschlagpunktes außer Acht läßt. Basaltboden ist beispielsweise ein der Waldvegetation äußerst günstiges – der Quellenbildung jedoch äußerst ungünstiges Terrain.

Daß Feuchtigkeitspflanzen nur in dem Falle als Anzeiger unterirdischer Wasserläufe angesehen werden können, wenn die geognostische Beschaffenheit des Bodens und dessen Oberflächenniveau die Quellenbildung möglich machen, haben wir bereits oben erörtert, wie wir auch dort kennen gelernt haben, daß die magerste Pflanzenvegetation durchaus nicht als ein Kennzeichen des Mangels an Quellen betrachtet werden könne, wenn nicht andere Merkmale, geognostische und locale, das Vorhandensein derselben unmöglich machen.

So ließen sich Hunderte von Beispielen anführen, die alle bewiesen, daß keiner der angeführten Factoren für sich allein eine Anwendung zulasse, jeder derselben hat eben nur Bedeutung, wenn er mit allen anderen in richtige Wechselbeziehung gebracht wird. Diese Wechselbeziehungen je nach den localen Verhältnissen richtig beurteilen zu können, darin besteht meine Kunst, die ich neben meinen bergmännischen Studien durch die Beobachtung der Bildung und des Laufes zahlreicher oberflächlich entspringender Quellen und durch eine jahrelange Praxis mir angeeignet habe.

Man muß die Natur nachahmen, um glücklich zu graben, und die Terrainverhältnisse, unter denen man gräbt, müssen denen ähneln, welche das natürliche Hervortreten der Quelle begleiten. Darin liegt das ganze Geheimniß!

Seit drei Jahren in die Oeffentlichkeit getreten, habe ich bis heute nicht weniger als 2000 Quellenpunkte bestimmt, von denen nur 15, also kaum ½ Procent, das gewünschte Resultat nicht erzielt haben. Wenn man bedenkt, daß sämmtliche 2000 Punkte in Gegenden liegen, die als wasserarm bekannt sind, und daß man mich erst zu Rathe zog, nachdem man selbst schon wiederholte vergebliche Versuche, meist mit bedeutenden Geldopfern, in großen Tiefen gemacht hatte, so wird man die Zahl der mißlungenen Versuche kaum der Rede werth finden, und ich bin überzeugt, daß auch der größte Theil der verunglückten Grabungen das versprochene Resultat erzielt hätte, wenn die Arbeit nicht auf der präliminirten Tiefe eingestellt, sondern um einige Klafter fortgesetzt worden wäre.

Es sei mir zum Schlusse gestattet, noch kurz von den Tiefe- und Wasserquantums-Bestimmungen, die von dem Quellenfinder gemacht werden, zu reden, deren Möglichkeit von Vielen abgesprochen worden ist. Die Bestimmungen der Tiefe anlangend, so ist nicht zu leuguen, daß in vielen Fällen dem Quellenfinder jeder Anhaltspunkt fehlt, Angaben mit Anspruch von nur annähernder Genauigkeit zu machen, wenn er nicht durch praktische Erfahrung und langjährige Erfolge das zu ersetzen in der Lage ist, wozu ihm wissenschaftliche Hülfsmittel keinerlei Anhaltspunkte bieten. In vielen Fällen jedoch ist eine solche Tiefebestimmung möglich und wissenschaftlich zu begründen.

Bestehen in einer Gegend, in der Wasser gesucht werden soll, bereits auf größerer oder geringerer Distanz mehrere Brunnen, durch welche die Reihenfolge der einzelnen Schichten, ihr Neigungswinkel und die Tiefe der wasserdichten Unterlage bekannt ist, so lassen sich aus diesen Daten Profile zusammenstellen, die ein richtiges Bild der Lagerungsverhältnisse geben und zu Schlüssen auf die Tiefe zu grabender Brunnen berechtigen. In gleicher Weise können Steinbrüche, Erdfälle, das Bett klarer Bäche, die Schichtenköpfe der Gesteine, mit einem Worte die Beobachtung aller Erscheinungen, welche dem Geognosten und dem Bergmann sichere Anhaltspunkte zur Eruirung der Gesteine, zur Ermittelung der Streichungsrichtung und des Einfallens derselben, sowie zur Bestimmung ihrer Mächtigkeit geben, auch dem Quellenfinder zu seinen Bestimmungen gleich positives Material liefern.

Gräbt man auf eine Quelle im Thale, so braucht man nur die Niveaudifferenz zwischen dem Punkte, auf dem die Brunnenanlage steht, und der Ausmündung derselben in’s nächste Bach- oder Flußbett zu erheben. Der Brunnen wird stets um etwas weniger tief werden, als diese Niveaudifferenz beträgt. Ist oberhalb der neuen Brunnenanlage die Quelle an irgend einem Punkte entweder durch die Natur oder durch Menschenhand zu Tage gelegt, so ist eine Tiefebestimmung noch um so leichter und sicherer zu machen. Kreuzen sich die wasserdichten Schichten zweier Gehänge im Thale, so ist der Kreuzungspunkt die Sohle des unterirdischen Wasserlaufes, und durch die Konstruktion der Einfallswinkel beider Thalabhänge ist auch gleichzeitig die Tiefe der Brunnenanlage zu ermessen.

Wenn ähnliche Bestimmungen auch, wie gesagt, nicht für alle Fälle ausreichen, so wird doch, wie dies die obigen Beispiele zeigen, eine wichtige Frage mit ihrer Hülfe meistentheils gelöst: man erfährt das Maximum der Tiefe, die eine Quelle auf dem Punkte, auf dem man graben will, haben kann, und folglich das Maximum der Kosten, die zu ihrer Ergreifung nothwendig werden müßten. In gleicher Weise gilt das eben Gesagte für die Volumenbestimmungen einer Quelle.

Nach der oben gegebenen Entstehungsart der Quellen, die der Entstehung und dem Laufe oberirdischer Wasserläufe ganz analog ist, wird die Quelle näher zu ihrem Ursprunge ärmer, gegen ihre Mündung dagegen immer wasserreicher werden. Jedes Seitenthal, jeder Bergabhang bringen ihr neue Wasserflüsse zu. Kennt man die Länge des Hauptthales und der ober dem Brunnenpunkte einmündenden Seitenthäler, berechnet man sich ferner, aus der Höhe und dem Neigungswinkel der Berglehnen, das Oberflächenterrain, das diese den Meteorwässern bieten, weiß man endlich in Folge meteorologischer Beobachtungen, die in Folge der bereits gemachten Erhebungen fast überall bekannt sind, den durchschnittlichen wässerigen Niederschlag per Quadratfuß oder per Joch: so kann man aus diesen Daten sich genau die Wassermenge berechnen, die in der betreffenden Gegend jährlich auf die obere Erdkruste niederfällt.

Das solcher Hand ermittelte Regenquantum, mit den Durchdringbarkeits-Coefficienten der betreffenden Gesteine multiplicirt, wird demnach hinreichende Anhaltspunkte über den Reichthum der Quellen geben, und wenn man auch nicht in die Lage gesetzt wird,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 446. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_446.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)