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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

Guano haben eine weißlich-graue, zuweilen ganz weiße Färbung, so daß sie bei starkem Sonnenschein das Auge blenden und weithin in See sichtbar sind. Etwas tiefer ist der Guano mehr grau, in’s Gelblichbraune übergehend. Beide Schichten liefern den sehr geschätzten Huano blanco (weißen Guano). Weiter nach unten wird die Schichtenbildung immer dunkler, zuerst hellgelb und braungelb, dann gelbbraun und rothbraun und endlich ganz dunkelbraun und chocoladenfarbig.

Auch die Dichtigkeit und Festigkeit der Guanomasse ist in den verschiedenen Ablagerungen eine sehr verschiedene. Die obersten (jüngsten) Schichten sind meist weich und zähe, ähnlich frisch aufgetragener Lehmerde; weiter unten wird die Masse lockerer, pulverförmig, zuweilen zu großen Stücken zusammengeballt; die untersten Schichten endlich tragen ganz den Charakter des Gesteins, haben einen krystallinischen Bruch und sind ziemlich schwer zu bearbeiten.

Je nach den Fundorten, nach der Tiefe und dem Alter der Lagerung und nach klimatischen Einflüssen, denen die untersuchten Proben unterlegen waren, sind die chemischen Analysen des Guano außerordentlich verschieden ausgefallen. Im Allgemeinen sind (namentlich durch Denham Smith) im Guano folgende Bestandtheile nachgewiesen: Wasser, schwefelsaures Kali und schwefelsaures Natron, Chlorkalium, Chlornatrium, oxalsaures Ammoniak, oxalsaures Natron, phosphorsaures Natron, phosphorsaures Ammoniak, phosphorsaurer Kalk, phosphorsaure Ammoniak-Magnesia, phosphorsaure Harnsäure, harnsaure Ammoniak-Magnesia, oxalsaurer Kalk, Sand, Eisenoxyd, Thonerde, Humus und organische Stoffe, die letzteren um so mehr, je jünger die Schichten sind. In diesen jüngeren Schichten ist namentlich das harnsaure Ammonium stark vertreten, an dessen Stelle in der Tiefe bei ziemlicher Wassergehaltlosigkeit mehr schwefelsaures und oxalsaures Natron und Chlorkalium treten. Der Guano ist desto werthvoller, je größer sein Gehalt an Ammonium, Phosphorsäure und Alkalien ist.

Im Allgemeinen gedeiht der Guano nur gut, wo völlige Regenlosigkeit und mithin Mangel an Vegetation herrscht. Der Regen verwäscht und entsalzt den Dünger, nimmt ihm damit seine vorzüglichsten Eigenschaften und ist im Allgemeinen der Bildung mächtiger Lager hinderlich. Wir finden deshalb den besten und verhältnißmäßig meisten Guano auf den regenlosen Gestaden und Inseln Peru’s; fast an allen anderen Punkten der Erde, wo er in größeren oder kleineren Quantitäten gefunden wird, fehlen jene hauptsächlichsten Bedingungen zu seiner Güte.

Die Huaneras von Peru – zwischen 6–21° südlicher Breite – sind nach einem Regierungsbericht in drei große Sectionen abgetheilt. Die Guanolager des Südens (von Loa bis Acari) liegen größtentheils an der Küste der Provinz Tarapaca und befinden sich auf Felsenabhängen in mehr oder weniger breiten und tiefen Schluchten gegen das Meeresufer hin. Die Masse des hier noch lagernden Guano schätzt Rivero auf 8 Millionen (?) Tonnen. Die Lager des Nordens (von Callao bis Lambayeque) sind ausschließlich auf Inseln meist in nächster Nähe der Küsten; sie sollen im Ganzen 851,101 Tonnen Guano enthalten. Die Huaneras von Mittelperu (von Acari bis Callao) zählen unter sich die größten und wichtigsten, die überhaupt bekannt sind. Sie liegen auf den Chinchainseln, drei kleinen Eilanden unter 13° 52’ südlicher Breite, ungefähr zwölf englische Meilen westnordwestlich von der Hafenstadt Pisco. Schon die alten Peruaner holten von hier den größten Theil ihres Guanobedarfs, und noch heute ist auf diese Inseln das Hauptaugenmerk der peruanischen Regierung und der meisten Guanounternehmer gerichtet. Die Befürchtungen, die bedeutenden Vorräthe der Chincha-Inseln möchten in verhältnißmäßig kurzer Zeit erschöpft werden, riefen mehrere Untersuchungen an Ort und Stelle hervor, die freilich sehr verschiedene Resultate ergeben haben. Die Abschätzung Rivero’s (1847) lautete auf 10 Millionen Tonnen, eine Regierungscommission schlug im Jahre 1853 den Vorrath zu 12 Millionen Tonnen, Admiral Moresby, ebenfalls 1853, zu 8½ Millionen, der französische Ingenieur Taraguet 1854 nur zu 7 Millionen Tonnen an. Mit dieser Abschätzung stimmen die Ergebnisse einer unter M. D. Rucker im Sommer 1862 vorgenommenen Untersuchung überein. Der Werth des auf den Chincha-Inseln noch vorhandenen Guanos würde sich sonach (die Tonne mit 6 Pfd. Sterl. bezahlt) auf circa 42 Millionen Pfd. Sterl. belaufen. Die verschiedenen Bohrungen ergaben an einigen Stellen eine Mächtigkeit des Lagers von 105 engl. Fuß, während keine der Inseln sich mehr als 200 bis 250 Fuß über den Meeresspiegel erhebt. Noch ganz unversehrt liegen die Huaneras auf der südlichen Insel; am meisten wird auf der nördlichen Insel verladen, während die mittlere gegenwärtig verlassen ist. Im Jahre 1857 erreichte die Guanoausfuhr von den Chincha-Inseln die enorme Höhe von 490,657 Tonnen, im Sommer 1862 130,000, am 10. November 1862 allein 86,746 Tonnen. Nehmen wir nun, sehr gering gerechnet, eine jährliche Durchschnittsausfuhr von 300,000 Tonnen an, so würden die Guanolager der Chincha-Inseln von jetzt ab in circa 27 Jahren erschöpft sein!

Für die Peruaner ist der Guanohandel von größter Wichtigkeit. Die Regierung, in deren Auftrage mehrere Agenten in Lima die Ausfuhr des gesuchten Artikels vermitteln, zog im Jahre 1857 aus ihren Huaneras fünf Achtel der gesammten Staatseinnahmen. Im Jahre 1859 gewann sie aus dem Guanohandel nahe an sechzehn, im Jahre 1861 nahe an siebzehn Millionen Dollars.

Ueber das Ausgraben und die Einschiffung des Guano auf den Chincha-Inseln geben verschiedene Reisende, unter andern Tschudi und die Mitglieder der Novara-Expedition, ausführliche Berichte. Die Arbeiter verladen den Guano während der Nacht von 11 bis 6 Uhr in der Frühe und graben ihn da, wo es ihnen beliebt, begreiflicher Weise da, wo es ihnen am wenigsten Schwierigkeiten macht. Die Lager, welche unsere Abbildungen zeigen, werden in Zellen abgetheilt, in deren jeder ein Arbeiter mit dem stellenweis ziemlich beschwerlichen Losbrechen des Guano beschäftigt ist. Der abgebrochene Schutt wird dann auf Handkarren oder in Säcken zu den größeren, auf Schienenwegen rollenden Wagen gebracht, die ihn, 2½ Tonne auf einmal, den „Mangueras“ (Schläuchen) zuführen. Dicht am Meeresufer nämlich sind Wandungen von Rohrflechtwerk angebracht, zwischen die der Guano hingeschüttet wird (s. Abbildg.); von ihnen aus wird die Masse durch 25 bis 30 Ellen lange, aus grobem Segeltuch gefertigte Schläuche (ähnlich den Rettungssäcken unserer Feuerwehren) in die am Ufer haltenden Boote (Lanchas) geleitet. An mehreren Punkten der Küste sind die Mangueras an weit über den Uferrand vorspringende, durch Ketten und Taue oder durch Holzpfeiler getragene Brücken befestigt; ihre Stelle wird hier auch wohl durch lange Holztrichter ersetzt. Durch die Einrichtung solcher brückenartiger Vorbauten ist es möglich geworden, den Guano direct in die Schiffe zu leiten, was von großem Werthe ist, da durch das Umladen aus den Lanchas sowohl Zeit als Dünger verloren geht. Zu den unvermeidlichen Verlusten gehört z. B. der feine Staub, der beim Einschütten in die Schläuche entsteht und der von dem frischen, während des Tages und eines Theils der Nacht wehenden Winde in das Meer geführt wird. Viel größer jedoch ist der Verlust, der aus der schlechten Construction der Brücken an den Mangueras entsteht. Die großen, hier gegen schwache Böschungen gelehnten Lasten drücken oft die Rohrwände ein und bilden dann große Schlipfe, die in das Meer stürzen. Ebenso nachtheilig ist der schlechte Zustand vieler der zum Verschiffen gebrauchten Lanchas; monatlich müssen Ladungen von 20–30 Tonnen in’s Meer geworfen werden, um solche gebrechliche Fahrzeuge zu retten.

Als Dr. Scherzer vor ein paar Jahren die Chincha-Inseln besuchte, lebten auf der nördlichsten von ihnen 350 Menschen, nämlich 50 Fremde, meist Kaufleute, Speculanten, Wirthe etc., 50 Chinesen und 250 Peruaner und Neger. Im Jahre 1858 hatten die nördliche und mittlere Insel (von denen die letztere jetzt unbewohnt ist) noch zweitausend Einwohner. In früheren Jahren verwendete man zur Guanoausbeute fast ausschließlich Chinesen. Ein peruanischer Menschenhändler, Namens Domingo Elias, hatte mit Genehmigung der Landesregierung auf seine Kosten mehrere hundert Chinesen eingeführt und von diesen die Guanolager bearbeiten lassen. Während ein freier Arbeiter in der Regel 1–1½ Doll. täglichen Lohn erhält, bezahlte Elias den armen Teufeln 5 Doll. monatlich, sowie eine Reisration per Tag, und erzielte dadurch einen ungeheueren Gewinn. Gegenwärtig erhalten die Arbeiter, wie es scheint ohne Unterschied der Nationalität, für je zwanzig Säcke (fast ebenso viele Centner) 4 Realen (½ spanischen Thaler); einzelne Arbeiter fördern im Tage 60–80 Säcke. Die Huano-Compagnie in Lima hat mit einem Unternehmer von Pisco den Contract gemacht, den Guano zu 10 Realen (1¼ span. Thaler) per Tonne zu verladen, dabei muß er die Arbeiter bezahlen und verköstigen, indem er ihnen täglich zweimal zu essen und das nöthige Wasser, welches nach eigenem Uebereinkommen von den Schiffen (je zwei Gallonen auf ein Individuum) bezogen wird, verabreicht.

Daß für civilisirte menschliche Wesen der Aufentalt auf diesen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_263.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)