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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

sie verdienten in Europa zu gleichen Zwecken weit mehr nachgeahmt zu werden, als dies bis jetzt geschieht.

In einer persischen Turnhalle.

Die Pehlewan, deren ich vorhin erwähnte, sind Ringer von Profession, und jeder Reiche oder Hochgestellte hält deren einen oder mehrere, um sich von ihnen etwas vorbalgen zu lassen. Auch sie kommen in Rescht mit dem Verfalle des Privatturnens immer mehr in Abnahme, und die wenigen, die noch vorhanden sind, gehören zu der Classe der Luti, d. h. der Lustigmacher, Musikanten, Tänzer, Sänger, Taschenspieler etc., die alle bei den Persern in demselben Rufe und Ansehen stehen, wie vor alten Zeiten bei uns etwa die Schauspieler. Daß auch Schwarze in den Turnhäusern mit turnen, könnte den Europäern auffallen, die da wähnen, daß der schwarze Sclave in Asien in demselben Abhängigkeitsverhältnisse zu seinem Herrn stehe, wie der schwarze Sclave in Amerika. Letzteres ist keineswegs der Fall, und die schwarzen Sclaven beiderlei Geschlechts, zumal wenn sie schon von Jugend auf in demselben Hause leben, gehören eben so gut zu der patriarchalischen Familie des Muhammedaners, wie die übrigen Diener, unter denen die älteren, weiße und schwarze, manchmal sogar einen großen Einfluß erlangen. Uebrigens giebt es sehr viele freigelassene Schwarze, und sie mit ihrem heiteren Naturell wenden sich dann häufig den freien Künsten zu, d. h. sie werden Luti. Und die Luti sind ja auch die Hauptbesucher der öffentlichen Turnhäuser. Daß Frauen und Mädchen von jeder Art Turnens gänzlich ausgeschlossen sind, versteht sich bei Muhammedanern von selbst. Der weiblichen Luti giebt es bei weitem weniger, und sie produciren sich nur in dem Harem.

Nachdem sich die Leute erhitzt und bei dem glühenden Kohlenbecken und dem furchtbaren Dunste in der Maihitze in Schweiß gebracht hatten, rieben sie sich gegenseitig trocken, zogen sich an und gingen hinaus, um beim Sonnenuntergange ihr Galjan (persische Wasserpfeife) zu rauchen, dann zu trinken und zu essen; ich aber war froh, diesem Schwitzbade, obwohl ich nur ruhig dort gesessen hatte, zu entkommen und nach Entrichtung eines freiwilligen Geschenkes von einem Toman (persischer Ducaten) wieder frische Luft zu schöpfen. Seitdem hat mich auch Niemand wieder in ein solches Loch bringen können.

Andere Turnübungen, außer den oben erwähnten, werden regelmäßig nicht vorgenommen. Klettern können die Perser fast gar nicht. Voltigiren ist ihnen unbekannt, ebenso Springen über Erhöhungen. Im Laufen leisten nur die Soldaten, die meist türkische Nomaden sind, Vorzügliches und die Bewohner der kaspischen Küsten, unter ihnen besonders die Gilaner. Auch Fußboten leisten hierin, wenn sie wollen oder müssen, manchmal Außerordentliches. Zum Springen über Gräben oder über Felsenrisse zwingt die Natur ihrer Heimath die leichten, mageren Gilaner und die kräftigeren Bewohner der unzugänglicheren Gebirge. Tanzen wird gar nicht geübt, da es Sache der Luti, also lächerlich und unanständig ist, selbst zu tanzen. Unanständig und, mit Ausnahme

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_029.jpg&oldid=- (Version vom 12.3.2019)