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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

begleitet. Denn nur der Schalk war es wohl, der folgenden Reim dichtete:

Ruhmvoll ist des Soldaten Stand!
Mit Gott für König und Vaterland
Zieht freudig Jeder in den Krieg,
Ein Braver sagt: „Tod oder Sieg!“

und oben drüber den Vater Wrangel zu Pferde abbildete und daneben – eine steif präsentirende Schildwache! – Die meisten der Bilder, von denen wir mit Erlaubniß der Verlagshandlung nebenstehend zwei Proben geben, sind kleine Meisterwerke in ihrer Art und können zu den besten Erzeugnissen der Holzschneidekunst gerechnet werden.

Der Kaufmann.

Für Kinder von 6 bis 9 Jahren ist „der runde Tisch“ von R. Horter bestimmt, dem 6 colorirte Zeichnungen von G. Bartsch beigegeben sind. Die 25 Erzählungen des Büchleins sind größtentheils für die Kinderwelt geeignet. Die Sprache ist einfach, sollte jedoch hie und da correcter sein. Provincialismen, wie „seine Mutter machte sich alt“, statt „kam in die Jahre“ etc., und Sätze wie S. 189: „Glücklicherweise traf er ihn zu Hause und ließ ihn vor sich“, dürften nicht vor Kindesaugen kommen, die, wie leider der meisten Menschen Augen, an Fehlern leichter haften bleiben, als an Gutem, Tüchtigem und Schönem.

Diesen Tadel können wir auch dem Texte B. Rein’s zu den „24 alten und neuen Spielen mit Versen, Erklärungen und 12 farbigen Bildern von August Reinhardt“ nicht ersparen. Verse und Ausdrücke wie: „Wenn nicht auch blind ich wär’“ – „Schämt Euch, wer solch Jäger wär’“ – „Wirst Du oder ich es sein“ – „Fangt ihn auf“ (nämlich den Fuchs) etc. sollten in unserer hochgebildeten Sprache vermieden werden. Von diesen Schwächen abgesehen, ist das Buch besonders seiner hübschen Bilder wegen zu empfehlen. Die Kinder erfinden sich zwar ihre liebsten Spiele am besten selbst; – indeß mag es Kreise und Zeiten geben, wo den Kleinen die Lust oder das Zeug dazu gebricht, oder wo die kleine Unruhe nach Neuem sucht; dann giebt dies Buch eine treffliche Aushülfe an die Hand. Für den Zeichner die Bemerkung, daß auf seinem Bildchen zu „Storch und Frösche“ eine so reizende Kinderlust, wie ein Storchnest ist, nicht fehlen dürfte. – Noch möchten wir – namentlich unsern sächsischen Lesern – „die gesammelten Erzählungen von Märchen der Frau Charlotte Krug, geb. Schnorr von Carolsfeld“ empfehlen, wovon bis jetzt zwei Bändchen erschienen sind. „Das böhmische Harfenmädchen“ – „der Schatz bei Aue“ – „ die Steinkohlenprinzessin“ (preisgekrönt) behandeln sächsische Stoffe und sind sehr gut erzählt.




Die Heiraths-Agenturen der englischen Journale.


Wir wissen nicht, ob die deutschen Ehen noch immer im Himmel geschlossen werden, wie man ihnen dieses früher nachsagte; was die englischen Ehen anbetrifft, so haben diese einen sehr irdischen Ursprung. Die Verhandlungen vor dem neugeschaffenen Ehescheidungs-Gerichtshofe haben in letzter Zeit sehr sonderbare und charakteristische Aufschlüsse hierüber gebracht. Die Existenz der Heiraths-Agenturen scheint zwar in allen Ländern fest gegründet zu sein, die Vermittelung der Zeitungs-Annonce ist bekanntlich ein nicht mehr ungewöhnlicher Weg, aber der Versuch, die Redaction eines populären Journals zur Vermittlerin passender Ehen zu benutzen, ist bisher nur in England erfolgreich gemacht worden. Es giebt hier eine Menge billiger Wochenblätter, die sich einer ungeheuren Verbreitung erfreuen und offenbar für ein Publicum geschrieben werden, das noch vor einem Jahrzehnt nicht existirte. Wer liest das „London Journal“, den „Family Herald“, „Reynolds’ Miscellanies“, deren Auflage zusammen auf eine halbe Million geschätzt wird? Auf welches Publicum sind alle die zahlreichen unpolitischen Wochenblätter à 1 oder ½ Penny, welche jeden Sonnabend haufenweise in den Londoner Zeitungs-Läden aufgespeichert und am nächsten Montag verkauft sind, berechnet? Man braucht nur einen oberflächlichen Blick in diese Publicationen zu werfen, um sofort zu sehen, daß wir hier ein ganz neues Publicum vor uns haben.

Die Novellen und Romane, welche den Mittelpunkt dieser Blätter bilden, sind viel zu naiv, dünn und ursprünglich, als daß sie dem verwöhnten Geschmack blasirter Romanleser genügen könnten. Da ist nichts von den spannenden Situationen und dramatischen Entwirrungen eines kunstreich geschürzten Knotens, wie in den Romanen des modernen Frankreichs, keine Verherrlichung des pikanten Lasters, keine Erfindung außerordentlicher Tugenden, kein Thackeray’scher Humor, kein Dickens’sches Talent für photographische Skizze, keine Bulwer’sche Philosophie; sondern Alles ist einfach, kühl, gesund und nur im Stande, der anspruchlosesten Bescheidenheit eines primitiven Publicums zu genügen. Der Bösewicht ist schwarz ohne alle Hüllung und Schattirung, der Held und die Heldin sind Tugendmuster, die von einem[WS 1] bitterbösen Lord verfolgt werden, dieser wird schließlich exemplarisch bestraft, und die Tugend triumphirt. Die Rührung ist der einfachsten Natur und kann nur dem genügen, dessen Nerven noch nicht überreizt worden sind. Es sind weder die höheren Stände, welche ihre literarische Unterhaltung aus den Revuen und Magazinen schöpfen, noch die Mittelklassen, welche Dickens’ „All the year round“ und „Chambers Journal“ wöchentlich zu kaufen pflegen, sondern die Küche und die Werkstatt, welche den erwähnten Blättern ihre Millionen von Lesern liefern. Dieses Publicum hat erst neuerdings, wo die National-Schulen eine größere Verbreitung gefunden haben, buchstabiren gelernt und

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: einen
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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 813. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_813.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)