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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

vom Comité der deutschen Expedition in Gotha mitgegeben wurden, angetreten. Daß diese Mittel bei der sich in die Länge ziehenden Reise nun längst erschöpft, ist natürlich, und schon ist der Reisende genöthigt gewesen, einen Wechsel von 700 Thalern auf seinen Vater zu ziehen. Ist es nicht genug, daß der Vater großherzig genug ist, dem wahrhaft edlen Zweck den einzigen Sohn zu opfern? soll er auch noch Geldopfer bringen? Das, sollte ich meinen, wird die deutsche Nation nicht verlangen, namentlich da sie die Lösung der Aufgabe zu der ihrigen gemacht hat, wie sie durch die erste Opferbereitwilligkeit bewiesen hat. Offen und ehrlich ist der Fehltritt des früheren Leiters der Expedition, des Herrn v. Heuglin, bekannt worden. Durch den Eintritt des Herrn v. Beurmann in die deutsche Expedition ist aber hinreichend nachgeholt, was Heuglin versäumt hat.

Herr Dr. Heinrich Barth hat in edlem Eifer für die Sache, als er erfuhr, daß Geld nöthig war, Herrn v. Beurmann durch den englischen General-Consul Major Hermann in Tripoli einen Credit bis 200 Pfd. Sterl. (1350 Thlr.) in Mursuk eröffnet. Das Comité der deutschen Expedition hat, so viel wir hören, 1000 Thaler bewilligt, die deutsche morgenländische Gesellschaft hat aus ihrer Casse neuerdings wieder 100 Thaler bewilligt, und die Leipziger Carl-Ritter-Stiftung hat bei ihrem Alter von kaum einem Jahr 150 Thaler für die Expedition beigesteuert. Der für jede reine und große nationale Handlung unermüdlich wirkende Alexander Ziegler in Dresden hat der Expedition große Dienste geleistet, ebenso Dr. Otto Ule. Ich habe versucht, in Leipzig, dem Wohnorte der Familie des verschollenen Dr. Ed. Vogel, den Sinn für das Unternehmen einigermaßen rege zu halten, eine noch nicht geschlossene Geldsammlung veranstaltet und wende mich schließlich an die zahlreichen Leser und Leserinnen der Gartenlaube mit der Bitte, der deutschen Expedition nach Inner-Afrika zu gedenken.

Die neuesten, am 22. August durch Dr. A. Petermann veröffentlichten Nachrichten, nach denen laut Bericht von W. Munzinger aus El-Obed unser braver Dr. Eduard Vogel in Besché, 16 Stunden südlich von Wara, ermordet worden sein soll, können an unserer Bitte, unsere braven deutschen Männer v. Beurmann, Munzinger und Kinzelbach nicht durch Mangel zu Grunde gehen zu lassen, nichts ändern.

Das Ziel der deutschen Expedition ist und bleibt, den Ort zu erreichen, wo Eduard Vogel lebend oder seine irdischen Ueberreste gefunden werden.

Herr v. Beurmann wird jetzt bereits in Kuka, der Hauptstadt von Bornu, wo H. Barth, Overweg und Vogel gelebt haben, angekommen sein und in derselben Richtung, die Vogel nach Wara eingeschlagen hatte, seinen Weg nehmen. In einigen Wochen können Nachrichten von v. Beurmann aus Kuka erwartet werden. Aber auch neue Mittel für die Weiterreise von Kuka nach Besché und Wara werden aufzubringen sein.

Sollten Freunde der Expedition mir Beiträge zusenden, so werde ich in der Gartenlaube darüber quittiren.




Vorlesungen über nützliche, verkannte und verleumdete Thiere.

Von Carl Vogt in Genf.
Nr. 7.
(Schluß.)
Kampf der Grabwespe mit dem Käfer – Die Mauerbienen als Pflanzenbefruchter – Ohne Hummeln kein England – Der Haushalt der Wespen – Die Ameisen und ihre Leistungen – Die Sclaverei unter den Ameisen und die Nutzanwendung auf Amerika.

„Wie benimmt sich die Grabwespe,“ fährt Fabre fort, „um ihre Beute scheintodt zu machen? Ich setze einen Rüsselkäfer einige Zoll weit von dem Loche, in welches eine Wespe eben mit ihrer Beute eingefahren ist. Der Käfer läuft hin und her; geht er zu weit, so setze ich ihn wieder an seinen Posten. Endlich zeigt die Wespe ihr breites Gesicht am Eingang des Loches; mein Herz klopft. Die Wespe klettert einige Augenblicke umher, sieht den Käfer, stößt ihn an, läuft mehrmals über ihn weg und fliegt von dannen, ohne ihn nur mit einem Biß zu beehren. Ich war beschämt. Wiederholte Versuche bringen neue Täuschungen; sie wollen offenbar nichts von meinem Wild. Vielleicht ist es zu alt, zu abgeflattert; vielleicht habe ich ihm bei der Berührung einen der Wespe abschreckenden Geruch mitgetheilt. Und wenn ich die Wespe dazu brächte, mit ihrem Stachel sich zu vertheidigen? Ich thue einen Käfer und eine Wespe zusammen in dasselbe Glas, das ich ein wenig schüttele. Die Wespe ist offenbar entsetzt, sie denkt an die Flucht und nicht an den Angriff; die Rollen sind sogar vertauscht: der Käfer wird der Angreifer und packt manchmal zwischen seinen Kiefern einen Fuß seines Todfeindes, der sich nicht einmal zu vertheidigen wagt, so sehr beherrscht ihn der Schrecken. Ich muß andere Versuche anstellen, denn so geht es nicht.

Ich bemerkte schon, daß die Wespe bei der Heimkehr ihre Beute in geringer Entfernung von dem Loche niederlegt, um sie dann mühselig hineinzuschleifen. In diesem Augenblick ziehe ich ihr sachte mittelst einer Zange die Beute an einem Fuße weg und werfe ihr einen lebenden Käfer hin. Das Manöver glückte. Sobald die Wespe ihre Beute unter sich weggleiten fühlte, stampfte sie wild auf den Boden, drehte sich um, stürzte sich auf den Rüsselkäfer, den ich zum Ersatz hingelegt hatte, und packte ihn mit den Füßen, um ihn fortzuschleppen. Aber nun merkt sie, daß der Käfer lebt, und augenblicklich beginnt ein wunderbar schneller Kampf, der rasch endet. Die Wespe stellt sich gegen den Käfer, packt seinen Rüssel mit ihren mächtigen Kiefern und drückt ihn kräftig nieder. Der Käfer bäumt sich, die Wespe drückt ihn mit ihren Vorderfüßen zusammen, um seine Bauchschienen klaffen zu machen. Ihr schlanker Hinterleib gleitet unter den Bauch des Käfers, krümmt sich und sticht zwei oder drei Mal den Stachel zwischen dem ersten und zweiten Fußpaare ein. Alles dies ist in einem Augenblick geschehen. Wie vom Blitze gerührt fällt der Käfer zusammen, ohne die geringste Convulsion, ohne das geringste Zucken der Glieder. Es ist schrecklich und bewundernswürdig zugleich. Die Wespe dreht nun den Leichnam auf den Rücken, stellt sich über ihn, Bauch gegen Bauch, Beine zwischen Beine, und fliegt von dannen.

Der Stachel hat ohne Zweifel das große Brustganglion getroffen. Um meine Demonstration zu vervollständigen, bleibt mir noch übrig zu beweisen, daß man willkürlich die Insecten in denselben scheintodten Zustand überführen kann, wenn man die Wespen nachahmt. Die Operation ist äußerst einfach. Man braucht nur mittelst einer Stahlnadel oder eines spitzen Glasröhrchens ein Tröpfchen ätzender Flüssigkeit auf die Brustganglien zu bringen, indem man den Käfer zwischen dem ersten und zweiten Brustringe hinter dem ersten Fußpaare verwundet. Gewöhnlich brauche ich dazu Ammoniak; jede andere Flüssigkeit ist aber ebenso tauglich. Die Wirkung ist augenblicklich. Die Bewegung hört sofort auf, ohne Convulsionen, und die so gestochenen Rüssel- und Prachtkäfer behalten trotz ihrer vollständigen Unbeweglichkeit während eines und selbst zweier Monate ganz dieselbe Biegsamkeit ihrer Glieder und dieselbe Frische ihrer Eingeweide, wie die von den Grabwespen gestochenen Rüsselkäfer.“

Außer den gesellig lebenden Wespen, Hummeln und Bienen, von denen wir später noch reden wollen, giebt es noch eine große Menge meist ziemlich behaarter Hautflügler, welche den kleinen Erdhummeln häufig gleichen und einsam Nester machen, in welche sie Honig und Blumenstaub einlegen, von dem ihre Larven sich nähren. Die Mauerbiene (Osmia muraria), die ich oben erwähnte, legt ihre Zellen mittelst eines Mörtels an, der eine außerordentliche Festigkeit besitzt und häufig länger der Verwitterung widersteht, als der Stein, an welchem die Zelle angeklebt ist. Andere dieser einsamen Bienen nagen das Holz aus, wie namentlich eine sehr große, dunkelstahlblaue Hummel es thut, die in der Umgegend von Genf nicht selten zu finden ist. Andere wieder arbeiten in der Erde, oder auch indem sie Pflanzenblätter zierlich mit ihren Kinnbacken zuschneiden und zum Neste für die Larven verwenden. Ich stehe nicht an, alle diese Thiere ebensowohl, wie die gesellig lebenden

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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 685. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_685.jpg&oldid=- (Version vom 17.5.2022)