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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

Stadt durch die Franzosen zerstört worden. Turin ist mit einem Worte eine durchaus junge Stadt, die jüngste aller Hauptstädte Italiens. Sie ist wesentlich eine Schöpfung der letzten zweihundert Jahre und ihrer Könige. Die Regelmäßigkeit ihrer Anlage und der sich rechtwinklig schneidenden Straßen, deren Häuserquadrate wie in dem alten Rom „Inseln“ (isole) heißen, unterscheidet sie wesentlich von allen andern großen italienischen Städten, und zwar, was Lustigkeit, Licht und Behaglichkeit anlangt, nicht zu ihrem Nachtheil. Es ist ein heiterer Ernst in dem Charakter dieser Stadt der großen, schnurgeraden, menschenerfüllten Palaststraßen mit den räumigen Portiken zu beiden Seilen, in diesen stattlichen Plätzen und lichten Weitungen mit der Aussicht auf die grüne, mit Landhäusern und Gärten besäete, bis zu anderthalbtausend Fuß Höhe aufsteigende nahe Hügelkette der „Collina di Torino“ und westlich auf die schneebedeckten Gipfel der Alpen; ein Charakter der Tüchtigkeit, der dem Wesen der Piemontesen entspricht. Jung, rührig, aufstrebend, solid und energisch unternehmungslustig, den Blick vorwärts gerichtet, scheint sie hoffnungsvoll der Zukunft entgegen zu schreiten. Schon jetzt zählt Turin gegen 200,000 Einwohner, und wo man hinsieht, wird gezimmert und gebaut, gemauert und gepflastert, erstehen neue Straßen und Plätze fast nach allen Richtungen. Es ist, als hätte man hier seit Jahrzehnten keine Kriegsstörung erlebt und nur an der Vergrößerung und Verschönerung der Stadt zu arbeiten gehabt. Durch diese massenhaften Neubauten erhält das Aussehen der Stadt etwas Unfertiges, Provisorisches, was mit der gegenwärtigen Lage und Beschaffenheit des Reiches, dessen Hauptstadt sie jetzt ist, im Einklänge steht. Dazu ist sie jetzt, eben als provisorische Hauptstadt Italiens, mehr als je von fremden Gästen aus allen Theilen Italiens besucht, wie wir in verschiedenen Gasthöfen zu erfahren Gelegenheit hatten, ehe wir in der Pension suisse, die sich auch durch den Ankauf eines anstoßenden alten Palastes um das Doppelte seit einem Jahre vergrößert hat, ein Unterkommen fanden.

Das Leben und Treiben in der breiten, auf beiden Seiten mit hohen, prachtvollen Portiken besetzten Postraße mit den glänzenden Kaffeehäusern und den hellerleuchteten Luxusmagazinen aller Art hat Abends etwas, was an die Pariser Boulevards erinnert. Sie mündet in mäßiger Senkung niederwärts gehend auf die Piazza Vittorio Emmanuele, die ohne Frage zu den schönsten und großartigsten Plätzen europäischer Städte gehört und ihr abschließendes Point de vue in der jenseit der anstoßenden prächtigen Pobrücke nach dem Muster des römischen Pantheon erbauten Kirche der Gran madre di Dio findet.

In Summa aber gefällt mir die Stadt ausnehmend wohl, vielleicht um so mehr, je weniger ich es erwartet hatte. Es pulsirt in ihr ein kräftiges Leben, und das theilt sich unwillkürlich dem Besucher mit. Daß die Hauptsprache hier das Französische sei, habe ich nicht gefunden; im Gegentheil hörte ich überall italienische Rede. Freilich muß man nicht nach den Gasthöfen und Kellnern urtheilen; denn danach wäre selbst in der Schweiz die französische Sprache die herrschende.





Blätter und Blüthen.


Eine Bitte an Deutschlands Dichter und Dichterinnen. Der „Weihnachtsbaum für arme Kinder, Gaben deutscher Dichter, eingesammelt von Friedrich Hofmann. Hildburghausen, Christgeschenk des Bibliographischen Instituts“ wird im Jahre 1862 zum einundzwanzigsten Male seine Christbescheerungen veranlassen. – Dieser Weihnachtsbaum ist die von jeder Eigensucht reinste aller literarischen Wohlthätigkeitsbestrebungen. Er ward gegründet im Jahre 1842 durch Joseph Meyer, den großartigen Geist, welcher das Bibliographische Institut in Hildburghausen schuf und einst sein „Universum“ zu einem Weltbuch erhoben hatte, und seinen Freund Dr. Friedrich Hofmann, vieljährigen Mitredacteur seines großen Conversationslexikons und nach seinem Tode mehrere Jahre Redacteur seines Universums; und was der Vater begonnen, setzt der Sohn und Nachfolger in der Leitung des Bibliographischen Instituts, Hermann Meyer, mit Hofmann vereint treulich fort. Die ganze Stiftung besteht aber einfach darin, daß Friedrich Hofmann alljährlich von den deutschen Dichtern und Dichterinnen gratis eine Anzahl Gedichte sammelt, daß das Bibliographische Institut dieselbe gratis druckt und ausstattet und in jährlich 3000 Exemplaren an 70 bis 90 deutsche Städte und Ortschaften gratis vertheilt. Jedem dieser Bescheerungsorte kommt der Erlös, welcher daselbst aus dem Verkauf der ihm zugeschickten Exemplare des Weihnachtsbaumes erzielt wird, ohne irgend welchen Abzug, selbst und allein zu gute, und derselbe wird ausschließlich dazu verwandt, den armen Kindern des betreffenden Ortes, oder wenigstens den Aermsten dieser Armen, eine gemeinsame und festlich erhebende Weihnachtsfreude zu bereiten.

Die Herausgeber des Weihnachtsbaumes nehmen für ihre Arbeit und ihre Opfer Nichts in Anspruch, als jährlich einen Bericht aus jedem Bescheerungsort, und dies einzig, um der richtigen Verwendung ihrer Gabe sicher zu sein und an der Freude der armen Kinder sich mit zu freuen.

Daß das Unternehmen überall, wo es auftrat, die rechte Auffassung und Theilnahme gefunden, dafür zeugt der Erfolg, denn in den nun zwanzig Jahren seiner Wirksamkeit hat der Weihnachtsbaum nicht weniger als 70,000 arme Kinder in Hunderten von Städten und Ortschaften deutscher Bevölkerung, hoch oben von Eckernförde bis hinab nach Zürich, unter seinen Freudenlichtern vereinigt.

Obwohl der Weihnachtsbaum nicht in den Buchhandel kommt und deshalb der öffentlichen Kritik sich entziehen könnte, so macht doch der Erfolg wie die Verbreitung desselben es den Herausgebern zur Pflicht, das Büchlein auch hinsichtlich seines Inhalts zu einer werthvolleren Gabe zu erheben, als dies bisher immer möglich war.

Der Weihnachtsbaum wäre aber werth, ein neuer deutscher Musenalmanach zu werden, für welchen jeder deutsche Lyriker von seinen besten Erzeugnissen des Jahres wenigstens die kleinste Gabe spendete, ja, es sollte sich’s jeder Dichter zum Gesetz machen, wenn irgend möglich nicht mehr als je zwei Seiten des Weihnachtsbaumes für sich in Anspruch zu nehmen. Dadurch würden die 11–12 Druckbogen des Werkchens einer bedeutenden Anzahl von Dichtern Raum geben und zugleich den reichsten Wechsel bieten, und es würde selbst alljährlich ein Lieblingsgeschenk unter dem Christbaume von Tausenden von Familien sein, wenn es zugleich ausschließlich einen hellen, frischen, freien, erhebenden Geist zeigte, ungetrübt von allem Klageseligen, Weinerlichen und privatem Mißgeschick und Unglück Entsprungenen.

Der erwünschteste Inhalt des Weihnachtsbaumes würden aber allzeit gute Kindergedichte sein, zu denen auch kurze Erzählungen in Prosa gefügt werden dürften; sie würden das grüne Büchlein zum ersehnten Christgeschenk in allen Häusern machen, wo man die Wohlthätigkeit schon in den Herzen der Kleinen pflegt; um diese wird daher am allerdringendsten gebeten.

Haben deutsche Dichter und Dichterinnen aus dieser kurzen Darstellung ein Herz für die Sache und das Mittel, durch das sie in’s Leben gerufen ist, gewonnen, so mögen sie dem „Weihnachtsbaum für arme Kinder“ nun auch nicht länger fern bleiben, sondern von ihren liebsten Schöpfungen ein Weniges als ihre Poetische Gabe für denselben bis spätestens Ende August an Dr. Friedrich Hofmann in Rendnitz bei Leipzig einsenden.




Kleiner Briefkasten.


Für W. Bauer’s deutsches Taucherwerk sind ferner (bis zum 24. Mai) eingegangen: durch E. Teschner, Apotheker in Peterswaldau (Schlesien) 3 Thlr. von einigen Mitgl. des ökonom. Vereins; durch H. C. Huch in Quedlinburg 4 Thlr. 21/2 Ngr., gesammelt in einem kleinen Kreise von National- und Bürgervereinsmitgliedern; 10 Thlr. vom Kunst- und Loschwitzer Fabrik bei Görlitz; 10.fl. östr. von F. Lindner in Semil (Böhmen); 1 Thlr. (Glückauf!) aus Kassel, durch die Expedition des Görlitzer Tageblatts 3 Thlr. 171/2 Ngr., ges. von den Arbeitern der Loschwitzer Fabrik bei Görlitz; durch Ad. Stumpf 2 Thlr., gesammelt vom Berggeschw. v. Ducker in Bochum; durch Dr. med. Th. Boehm zweite Sammlung in Offenbach 121 fl. 16 Kr. rhn. (brav!); von L. P. in G. (Baden) 1 fl. rhn. „zur würdigen Begehung der Fichtefeier“; 1 Thlr. von Michael W....n in Frankfurt a. M; 2 Thlr. von P^. in Dresden; 1 Thlr. von C. Hoffmann in Soran; 2 Thlr. von einem der Sieben aus Kategorie I. der berüchtigten Proscriptionsliste des dänischen Bürgermeisters Ang. Jörgensen in Schleswig; durch C. K. 4 Thlr. ges. von einer fidelen Biergesellschaft in Limbach; 14 Thlr. von einigen Bewohnern der Georgs-Marienhütte bei Osnabrück (Wintzer, Kümmerfeld, Schuchart, Lohmann, Schumann, Böger, Steckhan, Holste, Dütemeyer, Wesselmann, Engelking, Schütze, Dege, Hild, Steinhoff, Osterwald, Ouenfell, Lürmann); 1 Thlr. von Fritz Buresch in Strehlen (Schlesien); durch K. Schütze 5 Thlr. vom Gewerbeverein in Freiberg; 1 Thlr. von R. Böttger in Tragnitz bei Leisnig; 5 fl. rhn. aus Zweibrücken, von einigen Freunden des Fortschritts; durch C. Bauer 3 fl. 45 Xr. rhn. von A. W P. in Landstuhl; durch B. Würdig ü Thlr., ges. bei einer Versammlung der Wahlmänner in Greifenhagen; 7 Thlr. vom Gewerbe- und Handwerkerverein in Landsberg a/W.; 2 Thlr. 14 Rgr. von Kirchner ans Werschetz; 1 Thlr.:

Ein Leipziger Städter
Schickt dies sächsische Kind
Dem deutschen Bauer
Für sein europäisches Werk.

Ferner: 250 Thlr. von L. als zinsfreies Darlehn.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 368. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_368.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)