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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

ein Gehalt, das neben dem eines Generals geradezu lächerlich erscheint. Und läßt sich die Nothwendigkeit einer belohnenden Anerkennung gar nicht mehr umgehen, so wird der verdiente Gelehrte mit einem – Titel – abgefunden, während seine Einnahmen oft nicht soviel betragen, als die Rationen für die Pferde eines Generals.

Fanny Janauschek als Medea.

Doch wenn die Fürsten wenig für Künstler und Gelehrte thun, so wird das Volk desto dankbarer sein? Man sollte es denken – und doch ist es nicht so. Zwar steht der Gelehrte hoch in äußerer Achtung, man gesteht ihm einen hohen Rang in der bürgerlichen Gesellschaft zu – aber mit dem äußeren Ertrag seiner Arbeiten sieht es darum nicht besser aus. Selbst der kleinste Bierwirth kann sich ein Vermögen erwerben und die Zukunft der Seinigen sichern, der Gelehrte vermag das selten. Noch trauriger sieht es in dieser Beziehung mit dem Künstler aus. Die Zeit liegt noch gar nicht weit hinter uns, wo die bürgerliche Ehrbarkeit die Kunst für etwas Ueberflüssiges, wenn nicht gar Schädliches hielt, wo der Künstler für ein unnützes Mitglied der menschlichen Gesellschaft gehalten wurde. Essen und trinken kann man die Kunst allerdings nicht, auch sich keinen Rock aus ihr machen lassen – und weiter gingen die Begriffe vom Nützlichen nicht. Je weniger entfernt diese Zeit von uns ist, desto mehr wirken diese alten Vorurtheile noch nach, und es giebt noch heute Menschen genug, die dieselben hegen. Kommen doch viele Leute nicht über die Begriffe von Dingen hinaus, die sich mit Händen greifen lassen. Den Nutzen eines Advocaten, eines Arztes begreifen sie, weil jener Processe führen, dieser das kalte Fieber heilen kann, allein den Nutzen der Naturwissenschaften vermögen sie nimmer einzusehen. Daß unsere

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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 341. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_341.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)