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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

Nachtquartier eines Gemsjägers.
Nach einer Originalzeichnung von H. Jenny.

verfolgtes Schaf, renne ich an der Hütte vorbei und den Berg hinunter. So schnell bin ich, glaub’ ich, in meinem Leben nur noch ein einziges Mal bergab gekommen. Werde Dir später erzählen, bei welcher Gelegenheit. – Als ich daheim mit kleinmüthiger Miene die Geschichte erzählte – es waren, wie das in den Bergdörfern häufig der Fall ist, mehrere Nachbarn bei uns zu Abendsitz – da beschloß man sogleich am andern Morgen nach der Alp zu gehen und nachzusehen, welchem Ungeheuer ich das Lebenslicht ausgeblasen habe. Meine Schilderung mochte wohl etwas ungenügend lauten, und das weckte nur noch mehr die Neugierde der Gebirgsleute. Rüstig machte man sich auch mit Tagesanbruch auf den Weg, und was fand man? – Dicht bei der Sennhütte lag meine Jagdbeute, mit durchschossener Brust, steif und starr zum Eiszapfen zusammengefroren, und ein mächtiger, ausgewachsener männlicher Luchs war’s, der sich ohne Zweifel von der Metzelsuppe der Sennen seinen nachträglichen Antheil hatte holen wollen.

„Das andere Mal,“ so fuhr mein origineller Erzähler fort, „das andere Mal, wo ich noch beförderlicher aus der Höhe in die Tiefe gelangte, war, daß ich mit meinem einige Jahre ältern Bruder mich eines Morgens früh zur Jagd nach dem schrecklich steilen Vorderglärnisch aufmachte. ’s ist ein Steigen dort, sag’ ich Dir, daß Dir darob nicht nur Hören und Sehen, sondern selbst das Mark in den Knochen vergehen würde. So auf einem Felsband hinzuschleichen, das fast so schmal ist, wie Dein Strumpfband,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_269.jpg&oldid=- (Version vom 9.5.2017)