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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

Männchen aus weiter Ferne herbei. Schmetterlingssammler von Fach wissen dies und machen es sich natürlich zu Nutze. So waren denn auch die genannten Herren ausgegangen, um den Roßkastanienbohrer zu fangen. Mehrere Weibchen dieser Schmetterlingsart saßen ruhig oben in der Krone der Kastanien und wurden von Männchen umschwirrt. Auf diese machten die Fledermäuse Jagd, und eine von ihnen nahm nach einander neun Schmetterlingsmännchen weg. Es unterlag gar keinem Zweifel, daß die Fledermaus auch das Weibchen aufgespürt hatte; aber sie war schlau genug, dieses zu schonen, um die Männchen anzulocken und so eine reichere und fettere Mahlzeit zu erlangen. – Nicht minder anziehend ist das Geschlechtsleben unserer Thiere, sehr merkwürdig die Art und Weise, wie sie ihre Jungen zur Welt bringen und aufziehen. Nach meines Vaters und Kaup’s Beobachtungen beziehen die trächtigen Weibchen mancher Arten besondere Frauengemächer und gestatten den Männchen zu ihnen keinen Zutritt. Beim Gebären bilden sie aus der Flughaut, welche sich zwischen dem Schwanz und den Hinterbeinen ausbreitet, eine Wiege, in welcher die Jungen zunächst aufgenommen und so lange getragen werden, bis sie an der Alten emporklettern und sich festhalten können. Mutter und Kind fliegen dann gemeinschaftlich mit einander aus, und wenn das Junge groß geworden, verläßt es, wie ich selbst beobachtet habe, die Alte, macht auf eigene Faust einen kleinen Jagdflug und kehrt, sobald es ermüdet ist, wieder zu der Mutter zurück. – Von den Wanderungen der Fledermäuse, von ihrem Winterschlafe etc. will ich hier nicht reden, das würde mich zu weit führen. Nur Eins noch: Auch bei uns giebt es Vampyre, welche, wenn auch nicht menschliches Herzblut, so doch Blut von Tauben und Hühnern aussaugen, welche sogar ihre unschuldigen Mitfledermäuse angehen, von diesen aber dann zur Strafe gefressen werden! Die bekannte Sage wurzelt also auch auf deutschem Boden.

Diese Andeutungen sollen nur Eins bezwecken: sie sollen zum Studium auch dieser Thiere anregen, Erfüllen sie diesen Zweck, dann brauche ich nicht erst zum Schutze der Fledermäuse aufzufordern. Denn Jeder, welcher diese kennt, wird sie als das zu schätzen wissen, was sie sind: als überaus merkwürdige Geschöpfe und unermüdliche Häscher der Feinde unserer Land- und Forstwirthschaft, als uns nur nützliche, unbezahlbare Gehülfen im Vernichtungskriege gegen die schädlichen und lästigen Kerbthiere!

Herrn „G.“ aber meinen Dank für seine Mittheilung und freundlichen Gruß. Brehm.


Noch Einiges über Kinkel’s Befreiung. Erlauben Sie mir, dem Artikel „Ein Nichtamnestirter“ in Nr. 2 und 3 noch einige wichtige Ergänzungen anzufügen. Mag Schurz in der Flucht eine hervorragende Rolle gespielt, mag er auch den Plan zu jener mit entworfen haben, so war er doch nur die Hand, die das ausführte, was Andere aus Rücksicht auf ihren Stand und ihr Amt persönlich nicht ausführen konnten. So viel ist klar, daß hochgestellte Männer den Plan kannten und billigten und die nöthigen Geldmittel zur Ausführung desselben gerne hergaben, und daß auch mehrere Gutsbesitzer, deren Gesinnung man genau kannte, und die vollständig unabhängig waren, mitwirkten. Das Nachfolgende kann ich Ihnen als authentisch verbürgen:

In der Nacht vom 6. zum 7. November (1850) fuhren kurz nach einander zwei leichte Wagen durch das Potsdamer Thor nach der Stadt Spandau hinein. Auf dem einen, den Kinkel auf seiner Flucht benutzen sollte, saß der Gutsbesitzer X. – wir nennen natürlich den richtigen Anfangsbuchstaben der Namen nicht – aus der Nähe von Spandau und lenkte selber seine Pferde, während den andern ein Gutsbesitzer aus der Nähe von Nauen fuhr.

Nachdem Kinkel glücklich dem Zuchthause entkommen war und den für ihn bestimmten Wagen bestiegen hatte, fuhr der andere wieder im stärksten Trabe durch das Potsdamer Thor und die Chaussee nach Nauen entlang. Pfeilschnell ging es an allen Chausseehäusern und Dörfern vorüber, so daß man glauben mußte, die Pferde gingen durch, oder das Fuhrwerk werde verfolgt und suche zu flüchten. X., der Besitzer des andern Fuhrwerks, ein kühner, entschlossener Mann, suchte nicht so eilig aus Spandau zu kommen; er hielt erst noch am Gasthof zum rothen Adler, um hier einige Erfrischungen für die Reise einzukaufen. Im Gasthofe fand er mehrere Bekannte, die sich hier bei einer Bowle versammelt hatten, auch der Zuchthausdirector war unter ihnen. Mit vollem Glase kam man dem Freunde X. entgegen und nöthigte ihn zum Trinken, der das nur unter der Bedingung thun wollte, wenn er einem Bekannten, den er noch auf dem Wagen habe, und der mit ihm nach Strelitz zu Markte reisen wolle, auch ein Glas hinaustragen dürfe. Gerne wurde dies bewilligt, und nachdem also Kinkel zum Abschiede mit dem Zuchthausdirector noch von einer Bowle getrunken und X. den nöthigen Reisebedarf eingekauft, auch noch manchen herzlichen Glückwunsch zu seiner Reise erhalten hatte, fuhr er vergnügt zum Oranienburger Thore hinaus.

Ueber Nieder-Neuendorf, Hennigsdorf und Oranienburg ging es bis Nassenhaide, einem Dorfe an der Berlin-Strelitzer Straße, etwa vier Meilen von Spandau entfernt. Hier sollten die ersten Relaispferde sein; aber die Flucht war so über alles Erwarten gut gelungen, daß X. hier vor der bestimmten Zeit eintraf und die Relaispferde noch nicht angekommen waren.

Jeder Aufenthalt konnte gefahrbringend werden, und X. fuhr deshalb von dieser ersten Station zur zweiten, die Grausee sein sollte; aber derselbe Unfall hier, wie in Nassenhaide! – Da war guter Rath theuer; die Pferde hatten ohne Unterbrechung bereits, acht Meilen zurückgelegt und konnten leicht ihren Dienst versagen, und doch mußte der Flüchtling weiter geschafft werden, wenn er nicht wieder in seine engen Kerkermauern zurückgeführt werden wollte.

Nach ganz kurzer Rast fuhr X. getrost weiter und kam glücklich in Strelitz an. Kaum vermochten die Pferde sich noch auf den Beinen zu erhalten, denn sie halten über vierzehn Meilen zurückgelegt, ohne einmal ausruhen zu können. Von Strelitz wurde Kinkel, nachdem er seinem Retter mit warmem Händedruck gedankt hatte, nach Rostock und von da nach England geschafft.

X. mußte seinen Pferden in Strelitz drei Tage Rast gönnen und fuhr dann im Schritt zurück. Niemand vermuthete in ihm den Retter Kinkel’s, vielmehr glaubte man, daß dieser auf dem Wege nach Nauen zu entflohen sei, um von dort mit der Eisenbahn nach Hamburg zu entkommen. Der flüchtige Wagen auf der Straße nach Nauen, welcher erkannt worden war, bestätigte diese Vermuthung, und schon am Vormittage des 7. Novembers waren Polizeibeamte auf dem Wege nach Nauen, durchsuchten die Gegend und das Haus des erwähnten Gutsbesitzers nach dem Flüchtling, fanden aber hier nur dessen Bildniß.

X. verkaufte späterhin sein Gut und lebt jetzt in einer entfernten Provinz. Eins der Pferde, die den Dichter nach Mecklenburg geschafft hatten, starb bald nachher in Folge der Anstrengung, das andere schenkte X. nach dein Verkauf seines Gutes einem Freunde der ihm das Gnadenbrod geben mußte. In diesen Tagen ist das brave Thier gestorben.

„Ich habe das alte, treue Thier sehr lieb gehabt,“ sprach sein Herr zu mir, und eine Thräne schimmerte in dem Auge des wackern Patrioten. W. L.


Kleiner Briefkasten.

Wilhelm Bauer und seine Schiffhebung betreffend. Es sind ferner eingegangen an Gaben: 3 Thlr. von v. P. in M.; 1 Thlr. von K. in L.; 5 Thlr. von Otto Gehrckens in Hamburg; 2 fl. O. W. von Fräulein Anna Schreiner in Davidow; 1 Thlr. 3 Sgr. durch F. Heinfort in Kriesoff'; – an Zuschriften von Hrn. Baron F. F. v. Dücker, königl. Berggeschworenem zu Bochum in Westphalen, welcher zur Annahme der Beiträge aus seiner allseitigen Nachbarschaft bereit ist, um sie in größeren Posten hieher zu senden; – von H. Eckner in Königsbrück, welcher dort die Sammlungen leitet und diese Anzeige macht, „damit in größeren Orten Männer zur Gründung der nöthigen Comités ermuthigt werden;“ ferner von sieben anderen Orten. – Alle diese Gaben und Zuschriften bezeugen die steigende Theilnahme in Deutschland für W. Bauer und seine Erfindung. Auf solche Zeugnisse für dieselbe mußten wir warten, um die Ueberzeugung zu gewinnen, daß eine directe öffentliche Aufforderung zu Beiträgen für das ebenso nationalehrenvolle als allgemeinnützige Unternehmen auch zu einem würdigen Ziele führen werde. Diese Ueberzeugung ist nun gewonnen, und es hat sich bereits ein Centralcomité für W. Bauer’s „Deutsches Taucherwerk“, wie künftig kurzweg Bauer’s Schiffhebung mittels Taucher, Taucherkammer und unterseeischer Kameele genannt werden soll, in Leipzig gebildet und seine Thätigkeit begonnen. An Orten, wohin dieselbe noch nicht direct reichen sollte, finden die Leser der Gartenlaube vielleicht in den Herren Sortimentsbuchhändlern, durch welche sie unser Blatt beziehen, bereitwillige Vermittler ihrer Beiträge an die Redaction der Gartenlaube; diese wird auch ferner über die Eingänge für das nationale Unternehmen an dieser Stelle kurze Anzeige machen.



Supplement-Band
zu allen Ausgaben
von
Bocks Buch vom gesunden und kranken Menschen.

Da eine große Anzahl von Aufsätzen in der Gartenlaube aus Bock’s Feder in’s „Buch vom gesunden und kranken Menschen“ entweder gar nicht, oder nur in sehr kurzem Auszüge ausgenommen sind, dieselben aber theils das Verständniß der Einrichtung unseres Körpers, sowie der Krankheiten und der verschiedenen Heilarten erleichtern, theils wegen ihres Ra’sonnements ein allgemeines Interesse haben, so sollen diese Gartenlauben-Aufsätze, die seit dem Jahre 1853 bis jetzt erschienen, in einem Supplementbande, vom Verfasser nach ihrem Inhalte geordnet und zum Theil erweitert, herausgegeben werden. Bei der Beliebtheit, welcher sich das Bock’sche Buch beim Publicum zu erfreuen hat, dürften auch diese Supplcmente nicht ungünstig anfgenommen werden.,

Dieselben erscheinen in drei bis vier in monatlichen Zwischenräumen aus einander folgenden Lieferungen. Der Subscriptionspreis jeder Lieferung von etwa ü Bogen ist nur 7½ Ngr. Die 1. Lieferung ist bereits erschienen und durch jede Buchhandlung zu beziehen.

Leipzig, im Februar 1862. Die Verlagshandlung.
Ernst Keil.


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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_144.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2023)