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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

No. 49.   1861.
Die Gartenlaube.


Illustrirtes Familienblatt.Verantwortl. Redacteure F. Stolle u. A. Diezmann.


Wöchentlich 1½ bis 2 Bogen. 0Durch alle Buchhandlungen und Postämter vierteljährlich für 15 Ngr. zu beziehen.



Zur Beachtung!

Um den vielfach ausgesprochenen Wünschen einer großen Anzahl neuer Abonnenten wenigstens in Etwas nachzukommen, hat sich die unterzeichnete Verlagshandlung entschlossen, den Preis der

drei Jahrgänge 1857 bis 1859 der Gartenlaube zusammengenommen bis Ende dieses Jahres von 6 Thlr. auf 2 Thlr. 25 Ngr.

zu ermäßigen. Es wird indeß ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß diese Ermäßigung nur bis Ende dieses Jahres und bei Zusammenankauf der drei Jahrgänge gilt, einzelne Jahrgänge dagegen den alten Preis von 2 Thlr. behalten. Mit dem 31. December tritt unwiderruflich für die Jahrgänge 1857 bis 1859 der frühere Preis von 2 Thlr. wieder ein.

Die beiden ersten Jahrgänge, 1853 und 1854, sind vergriffen, 1855 ist nur in wenigen Exemplaren noch vorräthig. Der früher zu ermäßigtem Preis mit angezeigte Jahrgang 1856 ist vorläufig ganz vergriffen. Eine Ermäßigung für die neu zu druckenden Jahrgänge 1855 und 1856 tritt niemals ein.

Die Jahrgänge 1857 bis 1859, welche zusammen 308 Quartbogen mit den prachtvollsten Illustrationen umfassen, enthalten eine Reihe der interessantesten Original-Erzählungen von Lev. Schücking, Temme, Max Ring, v. Sternberg, Gerstäcker, E. Willkomm, Ernst Fritze, L. Mühlbach, L. Rosen, L. Storch etc., viele der besten wissenschaftlichen Beiträge von Bock, Alfred Brehm, Roßmäßler, Berth. Sigismund, Doebereiner, Hirzel etc., Reise- und Jagdbilder von Gerstäcker und Guido Hammer, Biographien und Portraits der hervorragendsten Erscheinungen der Neuzeit, beschreibende und geschichtliche Aufsätze etc. etc., mithin eine reiche Bibliothek für edle Unterhaltung und instructive Belehrung, die sich als Weihnachtsgeschenk besondern empfiehlt.

Alle Buchhandlungen nehmen Bestellungen an.

Die Verlagshandlung von Ernst Keil.


Ein Beamtenleben.

Von Dr. J. D. H. Temme.


1.

Der Kreisgerichtsdirector Heilsberg feierte seinen Geburtstag. Seine Familie war in dem Besuchzimmer des Hauses versammelt, um ihm ihre Glückwünsche darzubringen, seine Gattin und seine fünf Kinder. Der schönste Schmuck der schönsten Frau bleiben immer ihre Kinder. In einem Kranze von schönen Blumen stirbt eine manchmal früh ab; die anderen bleiben darum nicht minder schön, und wer den Kranz besitzt, liebt ihn dennoch, und mit und in ihm auch die früh dahin welkende Blume. Wie möchte er sie entfernen, fortwerfen können, sie, um die sich zu der Liebe die Sorge, die Trauer in ihm gesellt?

Die Directorin war noch eine schöne Frau, in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre. Man sah ihr zugleich das weiche Herz an und manche Sorge und manchen Gram, unter denen dieses Herz oft genug gebangt und geweint haben mochte. Ein stiller Kummer umflorte noch die großen, schönen, sinnenden Augen, umzog die feinen Lippen. Selbst die Feier des Tages und ihre fröhliche Umgebung hatten ihn nicht aus dem Herzen und nicht aus dem Gesichte verbannen können. Und sie war in einer so sehr fröhlichen und lieben Umgebung. Ihre fünf Kinder umstanden sie; vier davon waren Engel der Schönheit, der Freude, des Glückes.

Das älteste war ein Mädchen von sechzehn bis siebenzehn Jahren; sie stand auf der ersten Stufe in dem Leben der Jungfrau; ein eigenthümlicher Reiz, der über ihre feine Schönheit ausgebreitet war, schien zugleich ein stilles, heimliches Glück des jungen Herzens der Jungfrau zu verrathen.

Ein Knabe von vierzehn Jahren folgte ihr; man sah den Geist und den Muth in dem frischen Gesichte.

Ein Knabe von sieben Jahren kam, ein Mädchen von fünf; die liebsten und blühendsten Gesichter, die man sehen konnte; der Knabe die Bravheit, das Mädchen die Schelmerei selbst.

Wie waren sie Alle so schön, so glücklich! Wie sah man ihnen Allen die Liebe unter einander an, und die Liebe zu der Mutter. Und das Mutterherz liebte sie Alle doch noch mehr. Aber mit noch größerer, mit noch heißerer Liebe umfing dieses Mutterherz das Fünfte ihrer Kinder, und die Liebe zu diesem Kinde war zugleich eine schmerzliche, das Herz durchbohrende.

Ein Mädchen von zwölf Jahren stand in dem Kranze der schönen, so frisch und lebevoll blühenden Blumen, ohne Lebenskraft dahin welkend, schon halb verwelkt. Ein bleicher, unförmlicher Kopf hing ihr schwer auf eine Seite, große, wasserhelle Augen traten starr und todt hervor und zeigten, daß gleich dem Leben des Körpers auch das des Geistes stets unentwickelt geblieben war und, gleichfalls mit dem Körper, aus seiner unentwickelten Stufe einer baldigen ewigen Nacht entgegensiechte.

Ein Alter von vierzehn Jahren kann das arme Wesen erreichen,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 769. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_769.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2019)