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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

der Ort seinen eigenthümlichen Schrecken für sie verloren, die unsaubern Geister waren gebannt, und nur in einer Wehmuth, welche ihr eigenes Glück sie um so tiefer empfinden ließ, gedachte sie des Opfers treuer Liebe. Kaum des sie überkommenden Schlafs bewußt, entschlummerte sie endlich, den Gedanken an den hellen, strahlenden Morgen, der sie erwartete, mit in ihre Träume nehmend.


Blätter und Blüthen.


Von Schulze-Delitzsch ist, im Auftrage des Congresses deutscher Volkswirthe, der „Jahresbericht für 1860 über die aus Selbsthülfe der Betheiligten gegründeten Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften den kleinen Gewerbstandes“ (Leipzig, Verlag von G. Mayer) erschienen. Nach demselben ist vom Jahre 1859 bis 1860 die Zahl der Vorschuß und Creditvereine von 200 auf mindestens 300, die der Rohstoffassociationen von 100 auf 150, der Gesammtverkehr aller dieser Vereine von 61/2 Mill. auf mehr als 12 Mill. Thaler angewachsen. Beim Centralbureau waren 133 Rechnungsabschlüsse eingegangen, aus welchen sich bei einem Umsatze von 81/2 Mill. Thaler noch nicht 1490 Thaler Verlust ergaben! – Zu beklagen ist nur, daß ein großer Theil der vorhandenen (wohl über 500) Genossenschaften vom Beitritt zum Centralbureau und damit zur Unterhaltung desselben (2 Procent des jährlichen Nettogewinns, mit einem Mindestbetrag von 2 und einem Meistbetrag von 20–30 Thlrn.) dadurch sich abhalten läßt, daß die Thätigkeit diesen Bureaus zumeist, ihrer Oeffentlichkeit halber, auch den nicht betheiligten Vereinen zu Statten kommt. Anstatt Gott zu danken, daß ein Mann wie Schulze-Delitzsch den größten Theil seiner Thätigkeit und ungewöhnlichen geistigen Kraft, für sie aufwendet, für ihr materielles Bestes, nicht für seine Existenz, die allezeit gesichert ist, bedenken sie nicht einmal, daß es eben nur auf den Willen dieses einen Mannes ankommt, die als so heilsam längst anerkannte Thätigkeit des Centralbureaus mit den betheiligten zugleich für alle Vereine aufhören zu lassen. Uebrigens entschuldigt der edle Schulze-Delitzsch diese traurige Erscheinung selbst noch mit den Worten: „Daß ein solcher Mangel an Gemeingeist, eine solche Verkennung des eigenen wahren Interesse in den bisherigen Zuständen bei uns nur zu sehr begründet ist, und nur allmählich mit Hebung des öffentlichen Gebens, der politischen und gewerblichen Selbstständigkeit und Freiheit verschwinden wird, kann wohl Niemand befremden.“ Allerdings, aber hingedeutet muß auf solchen Philistergeist fort und fort werden, weil ohne dessen Verschwinden überhaupt keine Besserung möglich ist.

Indem wir dies schreiben, geht uns eine Aufforderung „an die deutschen Genossenschaften“ von dem „engern Ausschuß“ derselben zu, der, offenbar in gerechter Entrüstung über den gemeinen Sinn, der so oft da herrscht, wo der Gemeinsinn gerade an seiner Stelle wäre, sich weder an diejenigen Vereine wendet, die eines Besseren nicht überzeugt sein wollen, noch an solche Personen, welche es für eine Handlung der Klugheit halten, da zu ernten, wo sie nicht gesäet haben.

Mit Recht sagt die Anforderung, daß die Wichtigkeit der Vertretung des Genossenschaftswesens in der Presse und auf Congressen vielseitig unterschätzt werde. „Das reicht und die Wärme, welche dort Herr Schulze über unsere Angelegenheit verbreitet hat, ist einfach der Grund ihrer Existenz und kann für ihre gedeihliche Weiterentwickelung noch auf lange Zeit nicht entbehrt werden.“ Und wer diese Seite der Thätigkeit des Centralbureaus nicht zu würdigen vermag, der soll wenigstens Folgendes bedenken: „Das Centralbureau wird mit einer ununterbrochenen Fluth von Anfragen vor und nach Gründung neuer Vereine überschüttet und empfängt damit stündlich ein sprechendes Zeugniß seiner Unentbehrlichkeit. Die Anfragen werden mit einer Sachkenntniß, Gewandtheit und Bereitwilligkeit beantwortet, die vereint nur an Schulze gefunden und bewundert werden. Glauben nun die Betheiligten, sie haben mit ihrer Bewunderung genug gethan, dann ist freilich die Sache zu Ende. Sind sie jedoch der Meinung, daß sich täglich eine erhebliche Zahl Briefe nicht nebenher und nicht ohne Aufwand von Zeit und Arbeit beantworten lasse, dann empfiehlt ihnen der engere Ausschuß zu thun, was der Vortheil nicht minder als die Ehre gebietet.“ – Auf diesen Ehrenpunkt sind insbesondere die älteren und größeren Genossenschaften zu verweisen, von denen eine starke Zahl in der unrühmlichen Ausnahme vorangeht.

Und dieses Ehrenpunkts werden wir uns in der großen Oeffentlichkeit anzunehmen haben, weil hier eine allgemeine deutsche Angelegenheit vorliegt. Es gilt, Register zu führen über diejenigen, welchen neben dem Geldbeutel die Ehre zu wenig Gewicht hat. Deutschland steht jetzt so, daß die Nation nicht blos in den oberen Schichten, daß sie überall ihre Leute kennen lernen muß.

F. H.


Praktische Anmeldung bei Goethe. Daß es einer Menge Reisender versagt blieb, den berühmten Mann zu sehen und zu sprechen, ist eben so bekannt als erklärlich; er würde oft den ganzen Tag gebraucht haben, um dem Andrange zu genügen. Und wie klein war die Zahl würdiger Besucher, verglichen mit der Masse derer, die nur Neugierde oder Eitelkeit in Bewegung setzte, und die zu keiner Unterhaltung mit solch’ einem Geiste befähigt waren.

Der Wirth des ersten Gasthofes (zum Erbprinzen) rieth Fremden immer, die ganz gewiß vergebens unternommene Anmeldung zu unterlassen, würde sie nicht durch einen Empfehlungsbrief unterstützt.

Acht Jahre vor Goethe’s Tode kamen zwei junge Doctoren[1] auf ihrer Heimreise von Göttingen durch Weimar und traten im Erbprinzen ab. G… der Eine von Beiden, brannte vor Begierde, den Schöpfer des „Faust“ zu sprechen; herkömmlich verweigerte der Wirth sein Vermittelung. G… verlangte Papier und Schreibzeug, schrieb folgende Strophen, setzte seinen Namen darunter und ließ das Couvert durch einen Lohndiener Goethe überreichen:


     „Wenn der Feuersinn der Brust,
     lodernd seiner Kraft bewußt,
     Kühn die Schranken wagt zu sprengen,
     Und die unermess’nen Räume
     Frei durcheilt im Reich der Träume,
     Wer kann ihm den Weg verengen?
     Unaufhaltsam
     Weckt er der Saiten schlummernden Ton,
     Und entfloh’n
     Seiner Beschränkung gewaltsam,
     Regt er die Lust, regt er den Schmerz,
     Weitet das Herz,
     Wiegt sich im rhythmischen Klange.

So empfand ich, als in fernen Landen
Meiner Jugend Freund Dein Tasso war;
Tiefer fühlt’ ich und mit grausen Banden
Fesselte Dein Faust mich wunderbar;
Meiner Jugend frohe Zauber schwanden,
Und der Sinn der Dichtung ward mir klar.
Geistig sah ich längst Dich mit Entzücken,
Laß mich jetzt verkörpert Dich erblicken.“

Umgehend erfolgte freundliche Einladung.


Kleiner Briefkasten.

Herrn Pastor Ed. Sch. in Pf. Die Skizze: „Nur ein Schafhirt“ in Nr. 15 der Gartenlaube beruht auf Thatsachen. Die Ansicht, daß die Gegenüberstellung des Schafhirten und des Predigers eine „hämische“ sei, wie Sie sich in Ihrem Briefe ausdrücken, dürften nur Sie allein haben. Wir geben zu, daß Ihre Notizen über den betreffenden Prediger mehrfache Ergänzungen enthalten, Berichtigungen geben sie in den Hauptsachen durchaus nicht. Daß Napoleon in der Nacht vor der Schlacht durch das Rauhthal einen großen Theil seines Geschützes hinausschaffen ließ, ist durch Augenzeugen verbürgt. Sie behaupten, die Franken hätten das Rauhthal schon vorher gekannt; dann war es, gelinde gesagt, eine überflüssige Thorheit, daß sie den Prediger zwangen, ihnen den Weg durch dasselbe zu zeigen. Wir bezweifeln nicht, daß Sie die Notizen aus dem Munde des Predigers selbst haben; ist Ihnen nie der Gedanke gekommen, daß derselbe seine Schuld in einem so günstigen Lichte wie möglich darzustellen gesucht haben wird? und daß er schuldig war, hat er Ihrer Ansicht widersprechend, selbst durch die späteren Worte: „Ich wollte, ich hätte mich todtschießen lassen,“ bestätigt.

R. R. in Neustrelitz. „Die Gelehrtesten der Gelehrten sehen jetzt mit Entzücken ein, daß die Gesetze der Natur mit den Aussagen der Bibel im Einklange stehen, daß die Männer Gottes sie bedeutend an Gelehrtheit überragten u. s. w.“ Verehrteste, wenn wir unsern Lesern Derlei zu glauben zumuthen, so glauben sie uns gar nichts mehr. Das Manuscript steht zur Verfügung.

K. in Greiffenberg. Wie sollen wir Ihnen Antwort zukommen lassen? Es giebt nicht weniger als zehn Greiffenberg, vier in Oesterreich, vier in Preußen, zwei in Baiern. In welchem wohnen Sie?



Zur Nachricht!

Auf unsere Anzeige in Nr. 44 der Gartenlaube sind auf die im Preise herabgesetzten 4 Jahrgänge dieser Zeitschrift die Bestellungen von allen Seiten so massenhaft eingelaufen, daß der Vorrath des einen Jahrgangs bereits bis auf wenige Exemplare erschöpft ist. Die unterzeichnete Verlagshandlung sieht sich deshalb zu der Erklärung genöthigt, daß sie schon jetzt den festgesetzten Termin der Herabsetzung widerrufen muß und die angezeigten 4 Jahrgänge 1856–1859 nur noch bis zum 20. November d. J., von da ab aber, mit Hinweglassung des Jahrgangs 1856, nur die Jahrgänge 1857–1859 zu dem herabgesetzten Preise von 2 Thlr. 25 Ngr. zu liefern vermag.

Die Verlagshandlung von Ernst Keil.

Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
  1. Eckhorst, Dr. med. aus Hamburg, und Gülich, Dr. jur. aus Flensburg, welcher letztere nach der Erhebung, gleich anderen tüchtigen Patrioten, aus seinem engeren Vaterlande verwiesen wurde und jetzt Kreisrichter in Bergen auf der Insel Rügen ist.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 752. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_752.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2022)