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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

herauszukehren. Sonst trat sie gerne den Leuten menschlich näher und ließ sich in gemüthlichem Wienerisch gegen sie aus. Bekannt ist unter den Scenen dieser Art aus ihrem Leben besonders die, wo sie den trefflichen Aufklärer Sonnenfels, als er sich bei ihr über stupide Chicanen seitens der Censur beschwerte, mit den Worten tröstete: „Was ist’s halt’r wieder ? Seciren sie Ihn schon wieder? Was wollen sie Ihm denn? Hat Er etwas gegen Uns geschrieben? Das ist Ihm von Herzen verziehen. Ein rechter Patriot muß wohl manchmal ungeduldig werden. Ich weiß aber schon, wie Er’s meint. Oder gegen die Religion? Er ist ja kein Narr. Oder gegen die guten Sitten? Er ist ja kein Saumagen. Aber wenn Er etwas gegen die Minister geschrieben hat, ja, mein lieber Sonnenfels, da muß Er sich selbst heraushauen, da kann ich Ihm nicht helfen. Ich hab’ Ihn oft genug gewarnt.“ Man erkennt, denk’ ich, an dieser Probe, daß Maria Theresia den berüchtigten Er-Styl liebenswürdig zu handhaben verstand.

Das Hofleben zur Sommerzeit in Schönbrunn und Laxenburg war, große Galatage ausgenommen, weniger etikettenhaft gezwungen und geschnörkelt als das winterliche in der Hofburg zu Wien. Doch verliehen schon Tracht und Mode von damals der höfischen Gesellschaft, selbst wenn sie sich auf dem Lande bewegte, d. h. in den Alleen und Boskets der kaiserlichen Lustschlösser, etwas Abgezirkeltes, Ceremoniöses. Man vergegenwärtige sich nur diese feinen Cavaliere im französischen Hofkleid, weiten, mit Gold und Silber gestickten Röcken, fliegenden Halsbinden von feinster holländischer Leinwand, seidenen Inexpressibles, ditto Strümpfen mit blitzenden Diamantschnallen auf den zierlichen Schuhen, in gemessenem Menuetgang einherschwebend; und diese schönen Damen, von deren Wespentaillen die schwerbauschigen, mit Guirlanden behangenen Seidenroben niederstießen und deren Füßchen in Atlasschuhen mit zollhohen Hacken stecken, ein Roth, das nicht die Natur, sondern der Schminktopf spendete, auf den Wangen, auf dem Kopfe einen babylonischen Thurmbau von Haarwülsten, Fischbein, Draht, Taffet, künstlichen Blumen und Puder. Du lieber Gott, es war kein Wunder, daß beim Anblick solcher Unnatur unsere „Stürmer und Dränger“ so heftig nach Natur geschrieen haben. Aber sind wir berechtigt, jene Zeit der Unnatur zu beschuldigen, wir, die wir es in der „Umkehr“ unter Anderem auch glücklich wieder zum Reifrock gebracht haben? ... Die Wiener Hofherren und Hofdamen zur Zeit Maria Theresia’s durften jedoch nicht ihrem eigenen Geschmack und Schneidergenie folgen. Es war ihnen, abgesehen von der gewöhnlichen Hoftracht, für Schönbrunn und Laxenburg noch eine besondere vorgeschrieben: für Herren rothe Fräcke, goldbordirte Oberröcke und grüne Westen mit goldener Einfassung – jeder Zoll ein Papagei! – für die Damen rothe Roben oder „Säcke“ (sacs) mit Gold oder Silber durchwirkt und mit Blenden verbrämt.

Die ländlichen Vergnügungen des Hofes waren meist harmloser Natur. Obenan stand eine aus der Zeit Karl VI. herübergenommene Uebung, das Scheibenschießen der Damen, an welchem nur diese theilnehmen durften, die jungen Erzherzoginnen an der Spitze. Die Kaiserin vertheilte die Preise. Im Frühjahr und Herbst war eine sehr beliebte Morgenunterhaltung – die Falkenbeize, deren Bräuche genau nach der mittelalterlichen Ueberlieferung eingehalten wurden. Die Damen betheiligten sich, Maria Theresia voran, an diesem Vergnügen und ebenso an dem der Hirschpirsch. Abends war in der Regel Theater; doch wurden von einer zu diesem Zwecke verschriebenen Truppe nur französische Komödien und Possen aufgeführt. Sehr oft ward der Tag mit einem improvisirten Ball beschlossen, wobei hauptsächlich Contretänze und Allemanden getanzt wurden, oder auch mit einer Maskerade, einer Lotterie, einem Feuerwerk. Zur Herbstzeit spielte der Hof Weinlesen. Der gute Khevenhüller hat in seiner gravitätisch hölzernen Manier so eine Laxenburger Weinlese vom 22. October 1758 beschrieben und nicht vergessen, gewissenhaft aufzuzeichnen, daß dabei „über einen halben Eimer rothen und mehr als zwei Eimer weißen Weines ausgepreßt wurden.“ ... Im Ganzen wird man zugeben müssen, daß Maria Theresia’s Hof in sittlicher oder wenigstens in anständiger Haltung weit über den meisten Höfen von damals stand. Dagegen fällt der Mangel an geistiger Regsamkeit auf. Diese Wiener Hofkreise waren von der Strömung des Jahrhunderts so wenig berührt, als hätten sie im Monde gelebt.


Der elektromagnetische Telegraph.

Nr. 2.


Wir haben unsern Lesern im vorigen Artikel (Nr. 4) das Bild einer Batterie mit ihren Elementen vorgelegt und damit den Lauf des elektrischen Stromes zur Anschauung gebracht.

Je mehr man nun solche Elemente zu einer Batterie vereinigt, desto stärker wird der Strom und desto deutlichere und bestimmtere Zeichen wird er an den entfernteren Orten hervorbringen. Doch hat die Erfahrung gelehrt, daß eine solche Batterie aus einfachen Plattenpaaren zusammengesetzt wenig zweckentsprechend ist, indem nämlich der Strom rasch an seiner Stärke abnimmt und immer schwächer wird, und man hatte auch bald den Grund dieser raschen Abnahme entdeckt. Derselbe liegt nämlich in der chemischen Veränderung, welche die Metalle und Flüssigkeiten durch den Strom selbst erleiden, indem nämlich derselbe die Fähigkeit besitzt, Wasser zu zerlegen und in seine Bestandtheile Sauerstoff und Wasserstoff zu scheiden. Ersterer tritt alsdann an die Zinkplatte und bildet mit derselben Zinkoxyd, während letzterer sich in Form kleiner Bläschen an der Oberfläche der Kupferplatte ansammelt und diese fast ganz bedeckt, also eine innige Berührung der Feuchtigkeit mit der Kupferplatte verhindert, wodurch alsdann die Wirkungen der Batterie nachlassen und endlich ganz aufhören. Daß dieses von großer Störung für den Betrieb des elektromagnetischen Telegraphen sein würde, bedarf wohl keiner Erläuterung; es ist vielmehr unbedingt nothwendig, daß die verwendeten Batterien einen lange andauernden, gleichmäßigen Strom liefern, indem nur dann ein sicheres Telegraphiren möglich ist. Dieses einsehend, machten es sich berühmte Physiker zur Aufgabe, solche Batterien herzustellen, welche diesen Anforderungen entsprächen, und es ist ihnen auch, theils mehr, theils weniger, gelungen. Diese Batterien werden auch constante Batterien genannt und sie liefern mehrere Monate lang einen fast gleichmäßigen Strom, worauf man nur die alten unbrauchbar gewordenen Elemente herauszunehmen und durch neue zu ersetzen nöthig hat. Von diesen constanten Batterien ist es besonders:

1) Die Daniell’sche, welche in Preußen, Hannover und Sachsen,
2) die Bunsen’sche, welche in Baiern, und
3) die Smee’sche, welche in Oesterreich vielfache Anwendung findet.
Außer denselben ist noch
4) die sogenannte Sandbatterie in England vielfach in Anwendung, während
5) der Wollaston'sche Trogapparat,
6) die Bequerel’sche Batterie,
7) die Grav’sche Batterie und
8) die von Stöhrer in Leipzig aus Zink, Kohle und einer gesättigten Alaunauflösung construirte Batterie theils weniger, theils gar nicht im Gebrauche sind.

Wir halten es für überflüssig, alle diese Batterien einer genauen Beschreibung zu unterwerfen, und wollen dieses nur mit den zwei gebräuchlichsten, nämlich der Daniell'schen und Bunsen'schen, thun.

Von ersterer sind in nachstehender Fig. 8, I und II zwei Elemente abgebildet und zwar ist Fig. I der Durchschnitt und Fig. II die Ansicht eines solchen Elementes.


Fig. 8.


Dieselben bestehen aus einem Kupfergefäße abcd, welches durch eine mit Löchern versehene Scheibe op in zwei Theile geschieden ist. Auf letzterer ist ein zweiter Kupfercylinder efgh, der ebenfalls mit lauter Löchern versehen ist, festgelöthet,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 475. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_475.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2022)