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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

Eberhard im Bart.

Ein deutscher Fürst wie er sein soll.
Von Dr. W. Zimmermann.


Herzog Eberhard zerschlägt das Siegel seines tyrannischen Vetters Heinrich.
Originalzeichnung von Camphausen in Düsseldorf.


Gerade einen Monat, nachdem zu Stuttgart der hundertjährige Geburtstag eines Fürsten unter den Dichtern gefeiert worden war, wurde in derselben Stadt der vierhundertjährige Geburtstag eines andern Württembergers gefeiert, der nicht blos ein geborner Fürst war, sondern ein Fürst durch innern Werth mit Thaten unter den geborenen Fürsten. Wenn der Dichterfürst am 10. November geboren war, so war dieser Fürst unter den Regenten am 10. December geboren. Am 10. December 1859 waren es vierhundertvierzehn Jahre, daß Eberhard im Bart, der erste Herzog von Württemberg, geboren wurde.

Es giebt wohl keinen andern Fürsten in der deutschen Geschichte, von welchem so urkundlich und thatsächlich, wie von diesem, nachgewiesen werden kann, daß sein Leben rein, lauter und uneigennützig nächst Gott nur dem Volke angehört hat und der Nation, seinem engern und, noch vor diesem, dem großen deutschen Vaterlande. Wenige Länder in der Welt, geschweige in Deutschland, mag es geben, welche Ursache und Gelegenheit haben, in so kurzer Zeit hintereinander die Geburtstage zweier Landsleute zu feiern, wie Württemberg den Geburtstag seines Eberhard und seines Schiller, welche beide nicht blos große Männer, sondern große Menschen waren.

Eberhard ist der erste deutsche Fürst, welcher die Rechte des Volkes seinen Fürsten gegenüber in schriftliche Urkunden brachte, sie besiegeln und beschwören ließ. Und zwar war dies ganz allein sein eigener Gedanke; er that es nur aus eigenem freien Antrieb, aus vorausschauender und vorsorgender Liebe für Volk und Land. Er ist der Vater der geschriebenen Verfassung Württembergs in ihren Grundlagen und Hauptgewähren; derjenige, der zuerst klar erkannt und es ausgesprochen hat, daß das ungetheilte Wohl von Fürst und Volk dauernde Sicherheit nur habe, wenn es ruhe auf

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verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 469. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_469.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2022)