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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

Das Pferd des Gemordeten. Ein Herr S., der an der Grenze der Staaten Mississippi und Louisiana bei einem Pflanzer zum Besuch war, ritt eines Morgens in einem der letzten Winter mit seinem Freunde nach Franklinton. In der Nähe eines Dickichts an der Seite der Straße wurden die Pferde sehr unruhig, fingen an zu schnauben und wollten nicht weiter. Der Herr stieg also ab, gab den Zügel seinem Freunde, dem Pflanzer, und ging in das Dickicht hinein, um die Ursache dieser großen Aufregung der Pferde zu entdecken.

Er sah in dem Staube des Weges eine Spur von irgend einem schweren Gegenstande, den man geschleift hatte, und derselben folgend fand er bald, was er suchte. Vor ihm lag der Leichnam eines wohlgekleideten, schönen Mannes, den man schändlich ermordet hatte; eine Kugel war durch seinen Kopf gegangen und außerdem hatte man ihm den Hals von einem Ohr bis zum andern durchgeschnitten; die gestickte Weste und das feine Hemd waren voll Blut, welches aus breiten Messerwunden in Brust und Seite strömte. Der Körper war kaum kalt. Neben demselben lagen zwei lederne Satteltaschen, die man geplündert hatte und deren Inhalt umher gestreut war. Der Ausruf des Schreckens, der dem Herrn entfuhr, lockte seinen Freund herbei, und dieser erkannte in dem Ermordeten sogleich einen Herrn Hendrichs, einen geachteten Advocaten aus einer benachbarten Grafschaft.

Während die beiden Männer damit beschäftigt waren, die Leiche zu untersuchen, hörte man in der Nähe ein Schnauben und Stampfen, und der Pflanzer, der dem Lärm nachging, kam bald mit einem wunderschönen, braunen Vollblutpferde zurück, welches Jedermann in jener Gegend als das Eigenthum des Herrn Hendrichs kannte. Das schöne Thier war in der höchsten Aufregung; es zitterte an allen Gliedern und fiel beinahe vor Entsetzen zur Erde, als es auf die Leiche seines Herrn sah. Die Vorderfüße vorgespreizt, Hals und Kopf lang ausgestreckt, die Mähne beinahe aufgerichtet, starrte es, ein Bild des Entsetzens, mit glühenden Blicken auf den Todten, dem es sich nach einigen Augenblicken zögernd näherte. Dann bog das treue Thier seinen Kopf herunter und als es sich durch Beschnuppern überzeugt hatte, daß es wirklich sein Herr sei, leckte es seine kalten Hände, wie es ein Hund gethan haben würde.

Dieser Mord erregte in der ganzen Gegend eine große Aufregung. Es fand sich, daß der Advocat eine bedeutende Geldsumme bei sich gehabt, die er von einem seiner Clienten erhalten hatte, und im Begriff war, diese nach Franklinton in die Bank zu bringen. Diese Summe und eine goldene Uhr fehlten, so daß Niemand daran zweifelte, Herr Hendrichs sei von irgend welchen Straßenräubern angefallen und ermordet worden. Verschiedene verdächtige Personen wurden arretirt; allein der Mörder wurde nicht entdeckt. Einige Wochen waren seitdem vergangen, als der Herr, welcher die Leiche gefunden hatte, auf dem noch immer im Gewahrsam des Pflanzers befindlichen Vollblutpferde des Ermordeten nach Franklinton ritt, wo gerade Gerichtssitzung und eine große Menge versammelt war. Das wohlbekannte Pferd des Herrn Hendrichs erregte natürlich Aufmerksamkeit, und eine Menge Menschen drängten sich heran, es zu sehen. Plötzlich sprang das Pferd so heftig zur Seite, daß es den Reiter beinahe abgeworfen hätte, und schnaubte laut, wie entsetzte Pferde zu thun pflegen.

Das außerordentliche Benehmen des Thieres erregte Verdacht, und man fand bald, daß die Ursache desselben die Annäherung eines Mannes war, welcher sich in den Kreis drängte, um zu sehen, was da vorgehe. Es war dies ein Speisehauswirth, Namens Bill Nevins. Dem Reiter des Pferdes entging der eigenthümliche Ausdruck auf dem Gesichte dieses Mannes nicht, als er das Pferd erblickte, und ebensowenig die tödtliche Blässe, die seine Wangen färbte, als Jemand aus der Menge den durch das Benehmen des Pferdes erweckten Verdacht gegen Bill Nevins geradezu aussprach. „Wer sagt, daß ich den Advocaten Hendrichs todtschlug? Es ist Alles Lüge!“

Sein Benehmen zeigte indessen so sehr von Schuld, daß man ihn daraufhin einzog. Es war jedoch nicht leicht, ihm dieselbe zu beweisen, und außerdem war es nicht ausgemacht, in welchem der beiden an einander grenzenden Staaten der Mord begangen worden sei, da aus der Spur im Sande der Straße hervorging, daß der Gemordete eine Strecke geschleppt worden war. Man fand die Leiche freilich in Mississippi; allein er konnte ebenso gut in Louisiana ermordet worden sein, dessen Grenze nur wenige Schritte entfernt war.

Der Tag für das Gericht über Nevins war festgesetzt und noch immer weiter nichts gegen ihn vorzubringen, als das allerdings verdächtige Entsetzen des Pferdes bei seinem Anblick. Einige Tage vor der Gerichtssitzung jedoch ritt der Entdecker des Mordes abermals nach Franklinton in Gesellschaft von mehreren anderen Herren. Als man in die Nähe der Stelle kam, wo man den Gemordeten gefunden hatte, zeigte das Pferd wieder dieselben Zeichen der Angst wie früher, während die anderen Thiere seine Aufregung nicht theilten. Die Reiter hatten den fatalen Fleck bereits hinter sich, als der Braune plötzlich, ohne sich an den Zügel des Reiters zu kehren, mit diesem in ein Dickicht hineinsetzte, und sich durch Ranken und Gestrüpp zu einem großen Wurzelstock seinen Weg bahnte, wo er stehen blieb und in heftiger Aufregung mit dem Vorderfuße den Grund schlug.

Da alle Herren Zutrauen in die Klugheit den Pferdes hatten, so untersuchten sie sogleich die Stelle, vollkommen davon überzeugt, daß Hendrichs hier ermordet worden sei. So war es auch. Man fand ein eigenthümlich geformtes Bowiemesser, welches sogleich als eins erkannt wurde, welches Nevins gehabt hatte, und an den Wurzeln des Baumes fand man blutiges Haar, welches unstreitig von Hendrichs kam. Diese Beweise genügten. Der Mann bekannte seine Schuld. Er hatte in Erfahrung gebracht, daß Hendrichs viel Geld bei sich habe, paßte ihm auf, lockte ihn unter einem plausiblen Vorwand in das Dickicht und ermordete ihn.

Von Hunden hat man häufig ähnliche Beweise von Klugheit gehört; allein durch die Klugheit eines Pferdes ist wohl noch nicht oft der Mord eines Menschen entdeckt worden.




Bob, der Hund der Londoner Feuer-Brigade, war eine Berühmtheit der Weltstadt. Sobald die Feuerglocke an der Station, wo er sich aufhielt, geläutet wurde und die Spritzen sich bereit machten, placirte sich Bob an die Spitze und rannte mit lautem Bellen voraus, den Weg frei zu machen. Auf dem Platz angekommen, war er stets der erste, welcher die Feuerleiter hinauf lief, durch die Fenster in brennende Zimmer drang und den Feuermännern den Weg zeigte, wo ihre Hülfe am nöthigsten war. Als vor einiger Zeit ein Haus in Folge einer Explosion in Brand gerieth, stürzte Bob hinein und kam zurück – eine gerettete Katze im Maul. Bei einem andern Feuer in Lambeth, einem Theil Londons auf dem südlichen Ufer der Themse, hatten die Feuermänner bereits das Haus verlassen, überzeugt, daß kein Mensch mehr darin sei; allein Bob blieb vor einer Seitenthür laut bellend stehen und wollte nicht wanken noch weichen. Man schlug die Thür ein und fand im Gange ein halbersticktes Kind. Bei einer Versammlung des Anti-Thierquäler-Vereins im vorigen Jahre zeigte Bob manche seiner Kunststücke und arbeitete z. B. an der Pumpe einer Spritze. Vor einigen Wochen wurde dieses kluge Thier überfahren und getödtet. Bob trug ein messingnes Halsband mit folgender Inschrift:

Stop me not, but let me jog,
For I am Bob, the London firemen’s dog.

„Haltet mich nicht auf, sondern laßt mich laufen, denn ich bin Bob, der Hund der Londoner Feuermänner.“


Kleiner Briefkasten.

M. Kd. in Stettin. In den nächsten 5–6 Nummern hoffen wir die Ruppius’sche Novelle: „Ein Deutscher“, die so großen Anklang gefunden, beenden zu können. Eine Separatausgabe – eine englische Uebersetzung existirt noch nicht – wird sofort nach Abdruck des Schlusses erscheinen und alle diejenigen Stellen enthalten, welche unter dem Redactionsstifte unserer Zeitschrift nothwendig fallen mußten.

B. M. in Hamburg. Legen Sie die falsche Scham ab und frankiren Sie zukünftig Ihre Wünsche.

Dchs. in K. Die Gesangbuchsverse des Herrn Th. mögen Ihnen gefallen – wir können keinen Geschmack daran finden. Aehnliche Waare finden Sie in allen Gebetbüchern.

Br. in Sch. Ihre Wünsche können wir vielleicht schon in nächster Zeit erfüllen.

F. T. in K. Nicht brauchbar.

L. S. in G. Die „Schießordnung des Gothaer Schützenfestes“ ist erschienen und kann sowohl in der Redaction der Gartenlaube eingesehen, wie von dem Ausschuß in Gotha bezogen werden.

L. D. in St. – Se. aus T. – V. in Hamm. – Hausfrau in Ldbg. – B. B. Nr. 76A. M. in Annaberg. O. F. Nr. 20. – C. C. Nr. 23. – Wir müssen die Herren und Damen, welche unter obiger Chiffre Beiträge einsandten, leider ersuchen, über ihre Manuscripte zu verfügen. Gedicht-Manuscripte, erklären wir nochmals, werden nicht zurückgesandt.

K. in Olb. Für das italienische Sprachstudium können wir Ihnen die Grammatik von Fornasari und den Lehrgang von Philippi, zur Erlernung der spanischen Sprache „Hobelmann’s Unterricht“ empfehlen.

D. in G. Die gewünschte Auskunft werden Sie besonders in dem Werke des früheren hiesigen Missionsdirector Graul: „die Unterscheidungslehren etc.“, ferner in Winer’s comparativer Symbolik (augenblicklich nur antiquarisch zu haben), in dem gleichnamigen Werke von Matthes (Leipzig, bei Wöller), so wie in Kirchengeschichten und Conversationslexicis finden können.

A. in D. Vortrefflich! Angenommen.


Für die Abgebrannten in Glarus

gingen mir bereits zu von: Carl Geibel in Leipzig 15 Francs – J. E. in Spremberg 1 Thlr. – A. S. in Altenburg 1 Thlr. – C. F. Henke in Ebersbach 2 Ducaten – J. G. S. und G. 5 Thlr. – Dr. Schildbach in Leipzig i Thlr. – Redaction und Verlagshandlung der Gartenlaube 20 Thlr. – R. Htm. in L. 2 Thlr. – A. W. in L. 1 Thlr.

Jede Liebesgabe, auch die kleinste, ist willkommen. Denkt Eurer unglücklichen Brüder. Ernst Keil.


Mit nächster Nummer schließt das zweite Quartal, und ersuchen wir die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das dritte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.      Ernst Keil.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 400. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_400.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)