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verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

Sparbanken, und endlich erhalten die Arbeiter meistens am Sonnabend ihren Lohn. Hat Jemand ein knappes Einkommen, so gehört schon eine gewisse Energie dazu, überhaupt zu sparen; allein noch bei Weitem mehr, wenn man das Geld lange in seiner Tasche behalten und sich endlich viel Mühe machen muß, um dasselbe in einer Sparcasse zu deponiren; die Versuchung, das Geld am Sonnabend Abend und Sonntag in den weit näher liegenden und zahlreicheren Bierhäusern zu vertrinken, ist, für einen englischen Arbeiter besonders, gar zu verführerisch.

Wer nicht viel hat und das Wenige, was er verdient, sehr sauer verdienen muß, der ist natürlich besorgt, daß die Ersparnisse, die er sich abdarbt, auch sicher angelegt sind. Nun ist es aber in England nicht selten der Fall gewesen, daß Sparcassenbeamte mit dem ihnen anvertrauten Gelde davongegangen und große Verluste erlitten worden sind. Dieser Umstand macht mißtrauisch und das Resultat ist, daß Mancher es vorzieht, sein Geld in irgend einem alten Strumpf für knappe Zeiten aufzuheben, wo ihm aber jedenfalls die Zinsen verloren gehen.

Um nun all diesen Uebelständen abzuhelfen, hat man jetzt in England den Vorschlag gemacht, die Sparcassen mit der Post in Verbindung zu bringen.

Die englischen Posteinrichtungen sind ausgezeichnet, besonders seit Sir Rowland Hill an der Spitze steht. Ich werde später eine Gelegenheit finden, diese Einrichtungen zu beschreiben, und begnüge mich jetzt nur mit einigen Bemerkungen. Die Zahl der allein in London angestellten Postbeamten beläuft sich aus zweiundzwanzigtausend, ungerechnet die Postmeister der durch die ganze Stadt vertheilten Nebenpostämter, die in Specerei-, Apotheker- und andern Läden ihren Sitz haben und deren Geschäfte von dem Principal des Geschäfts oder irgend einem Commis nebenbei besorgt werden.

Die meisten dieser Postämter auf dem Lande und eine durch die Stadt vertheilte große Anzahl in London sind zugleich Money-order-offices, d. h. Geldorder-Bureaux. In jeden derselben kann man eine Summe bis einschließlich fünf Pfund oder 33 Thlr. 10 Gr. einzahlen, wofür man einen Schein empfängt, der, wenn von dem Adressaten bei seiner nächsten Money-Order-Office abgegeben, ausgezahlt wird. Diese Maßregel erleichert den Geldverkehr, da es hier keine Pfundnoten giebt und das Einlegen von baarem Geld die Briefträger in Versuchung führt. Man zahlt natürlich eine Kleinigkeit für solche Postwechsel. Wie populär diese Einrichtung ist, geht daraus hervor, daß im Jahr 1860 nicht weniger als 26,500,000 Pfd. Sterl. (nicht ganz 177 Millionen Thaler!) in dieser Weise ausgezahlt wurden. Um aber das Versenden ganz kleiner Summen noch zu erleichtern, hat man ferner die Verfügung getroffen, daß jedes Postamt für Portomarken baar Geld auszahlen muß, so daß diese nun durchweg als eine Art von Tresorscheine gebraucht werden. Nebenbei will ich bemerken, wie sehr die Post darauf bedacht ist, Alles zu thun, was zur Bequemlichkeit des Publicums beiträgt. In Deutschland muß man die Postmarken stets mit der Scheere zerschneiden, eine Unbequemlichkeit, die dort kaum als eine solche gefühlt wird, hier aber eine große war, da eine solche Unmasse von Briefen abgesandt werden. Um nun dieselbe abzustellen, erfand Jemand ein sehr einfaches Mittel. Die Postmarken werden in Bogen gedruckt und jede Reihe der Marken ist nun der Länge und Breite nach von der andern durch eine Reihe dicht aneinander befindlicher, eingestampfter Löcher getrennt, welche ein Abreißen ohne alle Schwierigkeit erlauben. Diese einfache Erfindung belohnte das Generalpostamt mit fünftausend Pfund (oder 33,333 Thlr. 10 Gr.). – Empfangscheine für größere Summen werden nicht gegeben, obwohl man sie mit aller Sicherheit in Briefe legen kann, wenn man den Brief registriren läßt, was außer dem Porto noch sechs Pence (5 Groschen) kostet. Ich bin vollkommen überzeugt, daß die Post den Schaden ersetzen würde, wenn ein solcher Brief verloren ginge, obwohl auf dem Schein, den man erhält, nichts weiter als der Empfang des Briefes angegeben ist.

Um einige Beispiele zu geben, wie sorgfältig man hier bei der Post verfährt, will ich zwei Fälle aus persönlicher Erfahrung anführen. – Ich sandte meiner in Deutschland reisenden Frau eine kleine Summe Geld in Cassenanweisungen nach Bonn, wo sie mir eine Adresse angegeben hatte. Ich bemerkte weder auf dem Couvert, daß Geld im Briefe war, noch hielt ich es für nöthig, den Brief zu registriren. Zu meinem Erstaunen erhielt meine Frau weder Brief noch Geld; allein nach einigen Wochen verlangte mein Londoner Briefträger mich persönlich zu sprechen. Er brachte mir meinen Brief zurück, der mit einem Siegel von der Dead letter office (wörtlich: Büreau todter Briefe) versiegelt und auf dessen Adresse von Bonn aus bemerkt war, daß meine Frau sich dort nicht aufhalte. Es wurde mir nun von dem Briefträger eine Quittung vorgelegt, in welcher ich den Empfang des Briefes sowohl, als des nicht declarirten Geldes, bescheinigen mußte. Die Sache war deshalb um so bemerkenswerther, als der Brief deutsch geschrieben war und ich weder meine Adresse in London angegeben, da diese meiner Frau bekannt war, noch meinen Namen unterzeichnet, sondern mich mit dem Anfangsbuchstaben meines Vornamens begnügt hatte.

Ein andermal schrieb ich an eine Dame, die von dem Lande in ihre Stadtwohnung zurückkehrte. Auf der Adresse versah ich mich in der Hausnummer, und da der Briefträger neu war und das Haus den Winter über leer gestanden hatte, so kannte derselbe noch nicht die Namen in seinem Bezirk; genug, der Brief kam nicht an. Ich schrieb also eine kurze Notiz an das Generalpostamt, ohne meinen Namen zu unterzeichnen, und legte eine Postmarke ein, da doch der Fehler der meinige war. Sogleich bekam die Dame ein Schreiben, unterzeichnet von Sir Robert Hill, in welcher ihr angezeigt wurde, daß man Nachforschungen wegen des Briefs anstelle. Dann am nächsten Tage kam der Brief, und endlich wieder ein Schreiben von Sir Robert Hill, welcher die von mir gesendete Pennymarke enthielt!

Man sieht daraus, daß die Post hier ein Institut ist, welches vollkommen begreift, wie es einzig und allein für den Dienst und die Bequemlichkeit des Volkes da ist, und daß es die beste Weise ist, dieses Institut für den Staat zugleich einträglich zu machen, diesem Dienst die allergrößte Aufmerksamkeit und Sorgfalt zu widmen. Es ist daher begreiflich, daß die Post in England populär ist und großes Zutrauen genießt.

Man hat also jetzt, wie oben erwähnt, vorgeschlagen, die Sparcassen mit der Post zu verbinden. Dies soll auf die allereinfachste Weise geschehen. Wer irgend eine kleine Summe erspart hat, geht auf irgend ein Postamt, welches zugleich Money-Order-Office ist, zahlt das Ersparte ein und läßt die Summe in sein Büchelchen einzeichnen. Nun haftet der Staat für diese Summe.

Es ist klar, daß diese einfache Maßregel nicht allein alle obenangeführten Uebelstände hebt, sondern noch andere Vortheile für Individuen und den Staat selbst mit sich bringt. Man kann jetzt recht viel Geld in der Sparcasse in London haben und doch in Edinburgh, oder wo man sich sonst in Großbritannien befinden mag, in große Verlegenheit gerathen; durch die neue Einrichtung würde denn auch abgeholfen; hat man nur sein Büchelchen bei sich, so zahlt jedes Postamt, wenn man es verlangt, den ganzen bei irgend einem Postamt deponirten Betrag nebst den fälligen Zinsen. Dem Staat erwächst aber der Vortheil, daß er über die beträchtlichen Summen, die bis jetzt in die ihm unzugänglichen Sparkassen gezahlt wurden, im Interesse den Staates verfügen kann. In manchen Staaten des Continents möchte diese Einrichtung freilich die entgegengesetzte Wirkung haben, als diejenige ist, welche man sich davon in England verspricht. Die Ungeheuerlichkeit der englischen Staatsschuld – die der Staat nicht Fremden, sondern dem englischen Volke, also eigentlich sich selbst schuldet – ist die beste Garantie gegen Staatsbankerott, – da das englische Volk sich selbst regiert.

Es war noch von einer andern Maßregel die Rede, welche mir gleichfalls sehr zweckmäßig scheint, die aber nicht mit der Post, sondern mit den Telegraphenbüreaux in Verbindung gebracht werden sollte. Zahlt man z. B. in Wien tausend Gulden an das Bürean, so soll man das Geld auf die telegraphische Anzeige an jeder größern Telegraphenstation empfangen können. Es sind das telegraphische Wechsel. –

C. 




Deutsche Geschichte. Wenn wir in unsern Tagen, wo die nationale Idee so gewaltig an der Neugestaltung des alten Europa arbeitet und auch unser Vaterland mit ihrem belebenden Hauche durchdringt, auf ein Werk aufmerksam machen, welches auf einem noch nicht betretenen Wege die deutsche Geschichte in ihren gesammten politischen, wirthschaftlichen und Cultur-Beziehungen vorführt, so wird dies keiner Rechtfertigung bedürfen. Es ist dies die „Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart“ von Max Wirth, welche in 15 Lieferungen à 8 Bogen und – 12 Ngr. – und 3 Bänden, jeder Band in zwei Abtheilungen, im Verlag der Expedition des Arbeitgebers zu Frankfurt erscheint, wovon soeben die erste Lieferung ausgegeben ist. Ganz abweichend von der gewöhnlichen Methode beginnt der als Volkswirth und Publicist rühmlich bekannte Verfasser damit, den Lesern die geschichtlichen Entwicklungsgesetze vorzuführen, und sogleich von Haus aus die äußern Begebenheiten dem bloßen Spiele der Willkür zu entrücken und unter dem höhern Gesichtspunkt innern nothwendigen Zusammenhangs eines großen stetig fortschreitenden Culturprocesses zusammenzufassen. Sehr glücklich sind die von der Nationalökonomie zunächst auf ihrem Felde festgestellten Gesetze den gesellschaftlichen Verkehrs der Menschen in ihrer universellen, weil aus der menschlichen Natur selbst abgeleiteten Geltung für das Geistesleben und die staatliche Gestaltung der Nationen nachgewiesen, und auf diese Weise dem Leserkreise gleichsam eine Vorschule geschichtlichen Studiumn geboten, wie sie uns bei keinem ähnlichen Werke bekannt ist. Die Darstellung ist gedrängt und höchst populär, aber populär in dem Sinne, daß sie auch den Gebildetsten anspricht, dabei in hohem Grade anregend; Eigenschaften, die wir dem Werke nicht wenig zum Verdienst anrechnen.

Was das eigentlich Geschichtliche anlangt, so sind in der vorliegenden ersten Lieferung, welche das erste Auftreten der Deutschen in der Geschichte bis zu den Römerkämpfen umfaßt, die Quellen so gut wie die neuesten Arbeiten der Forscher gewissenhaft benutzt, ohne daß der Verfasser sich des eignen selbstständigen Standpunktes begäbe, von welchem aus er uns vielmehr manchen neuen eigenthümlichen Blick eröffnet. Am besten wird sich die Reichhaltigkeit des Materials, welchen das Werk bietet, aus dem Inhaltsverzeichnisse des zweiten, nicht die äußeren politischen Begebenheiten, sondern die inneren Zustände behandelnden Abschnitts der ersten Abtheilung des ersten Bandes (bis zum Ende der Karolinger) ergeben. Derselbe behandelt:

1. Land, Wohnsitze, Leute. 2. Eigenthum, freies und gebundenes, Gesammteigenthum. Markgenossenschaft. 3. Die Gütererzeugung, a. Landwirthschaft, Ackerbau, Viehzucht, Jagd, Fischerei, b. Gewerbe und Handel. 4. Münze, Maß, Gewicht. 5. Transportwesen. 6. Capital, Credit, Preise. 7. Die Staatsverfassung, die Ständeunterschiede, Fürst und Volksversammlung. 8. Gesetzgebung und Gericht. 9. Militärverfassung. 10. Zölle, Steuern. 11. Wohnung, Kleidung, Nahrung. 12. Erziehung, Sprache, Schrift, Literatur, Wissenschaft, Kunst, Musik. 13. Sitten und Gewohnheiten. 14. Religion und Aberglaube. 15. Allgemeiner Stand der Bildüng am Ende des Zeitabschnittes.

Und so können wir die Anschaffung des Werks, das sich, wie wenige andere, als ein wahres Volksbuch ankündigt, nicht dringend genug empfehlen.

Schulze-Delitzsch. 




Heiraths-Ceremonien. Die einfachsten und kürzesten Heiraths-Ceremonien unter civilisirten Völkern finden unstreitig in den Vereinigten Staaten von Nordamerika statt. Das Folgende ist authentisch. Magistratsbeamter: „Mein Herr, wie heißen Sie?“ Antwort: „Matthäus.“ Magistrat: „Wie heißen Sie, mein Fräulein?“ Antwort: „Polly.“ Magistrat: „Polly, wollen Sie Matthäus?“ Antwort: „Unbedingt, ich will.“ Magistrat: „Matthäus, wollen Sie Polly?“ Antwort: „Das versteht sich.“ Magistrat: „Gut, ich erkläre Euch also als Gatte und Gattin für die Zeit Eures Lebens.“

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 368. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_368.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)