Seite:Die Gartenlaube (1861) 365.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1861)

es werden. Hatte ich doch mein Jagdmesser, eine starke, zweischneidige Waffe, mit langer, vortrefflicher Klinge noch an meiner Seite. – Ich zog es aus der Scheide und faßte es fest in die rechte Hand. Sodann versuchte ich, mich zu erinnern, wo sich wohl der Fleck befinden möge, unter welchem der verwundbarste Theil der Rückenwirbel liegt. Einen Augenblick überlegte ich; meine, wenn auch nur unvollkommene, Kenntniß der Anatomie thierischer Körper kam mir zu Hülfe. Ich setzte die scharfe, glänzende Spitze auf den Nacken des Elephanten, gerade zwischen Kopf und Schultern. – Einen Moment noch zögerte ich, ungewiß ob ich auch die rechte Stelle gefunden. – Sodann raffte ich alle mir noch übriggebliebene Kraft zu dem tödtlichen Stoße zusammen, stützte beide Hände auf den Griff des Messers und drückte dann mit aller Gewalt der Arme und der ganzen Wucht des Oberkörpers nach unten. Die Spitze durchdrang die dicke, dunkle Haut des Thieres, die Klinge sank tiefer und tiefer in die Fleischmasse ein. Mit einer ungeheuern Anstrengung warf ich jetzt, da das Messer mir einen festen Anhaltepunkt gewährte, mein ganzes Gewicht auf dasselbe, so daß die Klinge bis an’s Heft eindrang.

Der Elephant hielt in seinem Laufe inne und stieß einen durchdringenden Schmerzensschrei aus, zitterte wie ein vom Erdbeben erschütterter Berg und stürzte dann, wie ein vom Beile des Schlächters getroffener Stier, schwerfällig auf den Sand, um sich nicht wieder zu erheben. Ich hatte mich auf den Sturz vorbereitet und sprang wohlbehalten zur Seite auf den weichen Boden. Ich war gerettet!

Wir athmeten hoch auf, denn die Haare hatten uns bei der Erzählung des Capitains zu Berge gestanden – und brachten ihm ein donnerndes Hoch aus, indem wir die Gläser kräftig zusammenklingen ließen. Es war uns ja, als wäre er eben erst dem Leben wieder geschenkt worden, denn er hatte seine Todesgefahren so lebendig geschildert, daß wir gleichsam gegenwärtige Zeugen davon gewesen waren.

„Danke schön, Jungens, für Eure Theilnahme,“ sagte Dunlap, indem er sich eine frische Cigarre anzündete, „und da es schon spät ist, so will ich mich beeilen, an den Schluß meiner Geschichte zu kommen.

Der Koloß also fiel zu Boden, wie einst der Riese Goliath von der Schleuder des kleinen David. Die Erde zitterte von der Wucht seines Sturzes. Eine Minute lang lag er regungslos wie ein Fels. Dann erzitterte der gigantische Körper, konvulsivisch reckten und dehnten sich die säulenartigen Beine, noch einmal erhob sich der ungeheuere Kopf und der furchtbare Rüssel peitschte den Sand. Dann schlossen sich die kleinen Augen, und der Riese war todt.

Eilig trat ich nun den Rückweg an, schwamm durch den Strom und begegnete dann meinen Gefährten, welche schon geraume Zeit mich suchend umhergestreift waren. Sie hatten mich von ihren Verstecken aus auf der Bestie vorbeireiten sehen und mich natürlich verloren gegeben. Um so größer war ihre Freude, mich zwar matt und angegriffen von dem furchtbaren Mazeppa-Ritt, aber doch sonst wohlbehalten und unverletzt wiedergefunden zu haben. Als ich erzählt hatte, wie es mir gelungen sei, das wüthende Thier zu erlegen, machten sie den Vorschlag, umzukehren und dem Elephanten die Zähne auszubrechen. Aexte hatten sie bei sich, und so machten wir uns auf den Weg. Uebrigens war es keine leichte Arbeit, die massiven Elfenbeinmassen dem Todten zu entreißen, und erst nach mehrstündiger Anstrengung war das Werk gelungen. Mit Hülfe eines Taues schafften wir die ungeheueren Hauer über den Fluß und verbargen sie dann im Buschwerk, um sie am folgenden Tage mit unseren Pferden abzuholen und weiter zu transportiren. Sodann begaben wir uns an unsern Lagerplatz zurück, wo ich am Feuer sofort in einen todähnlichen Schlaf versank.“




Deutscher Volksfrühling.[1]

Gedicht für Männergesang mit Orchester.

     Chor.

Was für ein Klingen und Regen
Hebt rings den lustigen Reihn,
Als wehe ein großer Segen? –
Das muß der Frühling sein!

Die Bächlein, die Ströme fließen
Befreit von des Eises Last,
Es blühet auf allen Wiesen,
Es schallet von jedem Ast.

Hinaus auf die grünenden Matten,
Wo Lust und Lieb’ uns winkt,
Daß fröhlich im Waldesschatten
So Becher wie Lied erklingt.
(Ländliche Musik; fernes Gewitter.)

     Baß-Solo.

Hört Ihr vom Himmel hoch des Donners Rollen?
Das schauert durch die Luft wie ernstes Mahnen,
Von andrer Feier geht ein leises Ahnen,
Und also tönt’s wie ferner Stimme Grollen:

„Ist’s Zeit, daß ihr an Spiel und Tanz euch weidet?
Schaut ihr das Leuchten nicht am Saum der Wolke?
Der Geistesfrühling nahet meinem Volke.
Und habt ihr auch die Stätte ihm bereitet?“

     Quartett.

Brüder, nicht mit Jubelchören,
Nicht mit Kränzen hebt es an,
Leben keimet aus Zerstören,
Und der Sturm erst fegt die Bahn.
Nieder stürzt’s in Wetterbächen,
Heiß entbrennen Kampf und Streit,
Erst das alte Eis zu brechen,
Eh’ uns Rosen bringt die Zeit.

Drum, gelobt’s in edler Wette,
Für das Vaterland erglüht:
Männerherzen sind die Stätte,
Wo der Völkerfrühling blüht!
Frischer Muth und feste Treue,
Starke Hand und kluger Rath,
Daß der Bund sich stets erneue,
Und das Lied, es werde That.

     Chor.

Mag er sich nahn!
Sei es in Kampfesnoth.
Im Sturmgetose
Oder im Maiengekose,
Hört sein Gebot,
Brüder, heran!

Starr lag des Winters Hand
Ueber dem Land,
Bruder vom Bruder gebannt,
Die Herzen voll banger Trauer
Endlich nach langer Nacht
Glühet die Morgenwacht,
Heil’ge Lenzesschauer
Durchbrechen die alten Schranken,
Mit frischen Liebesranken
Alle, die stammverwandt,
Wieder zu einen
Zum einen,
Zum deutschen Vaterland.
Das wir von Herzen meinen!

     Terzett.

Ach, Du warst selbst, mein Volk, Dir untreu worden,
Den eignen Söhnen wurdest Du zum Spott,
Geknechtet tief von frecher Schergen Horden.

Nur Eines blieb in all der Schmach und Noth
Von Deinen alten Ehren Dir erhalten:
Dein Sangesruhm und edler Frauen Walten.

  1. Von verschiedenen Seiten sind Preise für gute Texte zu Männergesangcompositionen ausgeschrieben. Wir dürfen den „deutschen Volksfrühling“ wohl allen Compositeuren empfehlen und bitten die Herren, falls sie sich mit dem Dichter in Verbindung zu setzen wünschen, um gefällige Nachricht.
    Die Redaction.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1861). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1861, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1861)_365.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)