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verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

uns dem drohenden Verderben zu entziehen suchten. Dumpfes Brausen und Poltern schlug an unser Ohr, als wir zu den Pferden hinsprangen, um die Sattel aufzulegen, aber ebenso schnell nahmen wir wahr, daß es zu spät sei, um die Jagdbeute noch zu retten, und daß es der ganzen Kraft der unbeladenen Thiere bedürfe, um nur uns in Sicherheit zu bringen. Das Gras auf dem marschigen Boden war grün und saftig, und wenn es auch, von dem Brande und der weit vorauseilenden Hitze gedörrt und zusammengeschrumpft, bei der leisesten Berührung der Flammen hoch aufloderte, so wären wir doch nicht im Stande gewesen, in der kurzen Frist einen neuen Brand zu erzeugen. Es blieb nur noch der einzige Weg offen, durch die zwei englische Meilen breite Niederung zu fliehen und da, wo niedriges dürres Gras das Ansteigen des Bodens verrieth, durch schnelles Feuer eine kleine Fläche von allem Brennbaren zu reinigen und zu unserer Aufnahme herzurichten.

Der Prairiebrand.     Xylographie von W. Aarland.

Wir ergriffen daher unsere Jagdgeräthschaften, und in der nächsten Minute sprengten wir dahin mit aller Eile, deren die geängstigten Thiere nur fähig waren. Es war ein schrecklicher Ritt, denn hemmend legten sich die Halme, welche unsere Schultern peitschten, um die flüchtigen Hufe; und rückwärts schauend, erblickte ich die wilden Flammen, wie sie, schwarze Dampfsäulen emporsendend, sich knatternd über die nächsten Anhöhen wälzten und mit unglaublicher Schnelligkeit den Zwischenraum zwischen uns verringerten. Tiefer drückten wir die Sporen in die Weichen der keuchenden Pferde, und heftiger fielen die geschwungenen Lassos auf ihre triefende Haut; weit aus griffen die Renner, doch schneller noch als sie setzte der stattliche Hirsch und der geängstigte Hase vorbei, unbekümmert um vereinzelte Wölfe und Füchse, welche, ihrer Raubsucht vergessend, jetzt fast gleichen Schritt mit ihnen hielten.

Weiße Gabelweihen und braune Falken in großer Anzahl durchkreuzten wie spielend den dichten Rauch, sausend schossen sie hinauf und wieder hinab, um nahe vor dem Feuer mit sichern Fängen die kleinen Nagethiere zu ergreifen, die es vergeblich versuchten, dem doppelt drohenden Verderben zu entrinnen. Näher rückten wir der rettenden Anhöhe, aber näher rückten auch die Flammen, und flockenähnlich umwirbelte uns die weißgebrannte Asche. Da stürzte Hug-ha mit seinem Pferde zusammen, ich versuchte anzuhalten, doch „Vorwärts“ gellte Scha-gre-ga-ge, und wie im Fluge überwanden wir die letzten hundert Schritte. Kaum hatten wir den abgestorbenen Rasen erreicht, als wir uns von den Pferden warfen und unverzüglich an’s Werk schritten, einen neuen Brand zu erzeugen. Das Herz aber sank mir in der Brust, als ich unseres Gefährten gedachte, welchen wir, nach meiner Ansicht, feiger Weise zurückgelassen hatten. Mit vorwurfsvollem Ton sprach ich den Namen Hug-ha aus, als ich Scha-gre-ga-ge ein brennendes Stück Papier hinreichte, welches dieser geschickt unter einen Haufen zusammengebogener trockener Halme hielt. „Hug-ha wird kommen,“ antwortete Scha-gre-ga-ge gleichmüthig, „er wird kommen, wenn wir eine Stelle freigebrannt haben, er wird kommen um die Flammen harmlos vorüberziehen zu sehen; er weiß, daß wir auf ihn nicht warten durften, wenn wir gerettet werden wollten; er wird kommen, er wird kommen,“ und mit diesen Worten bog er immer neue Halme niederwärts, welche, im brennenden Zustande sich wieder aufrichtend, das Feuer schnell verbreiteten. Kaum eine Minute war nach unserer Ankunft verstrichen, als wir, die Pferde an der Leine führend, dem neuen abwärts treibenden Brande folgten und unsere Füße auf aschigen Boden und versengte Stoppeln setzten. Wir waren gerettet, doch wo war Hug-ha?

Wie eine Lawine wälzte sich der schwarze erstickende Rauch heran, die Hitze, die wir einathmeten, war unerträglich, doch alle Gedanken an die eigenen Qualen traten zurück vor der schmerzlichen Besorgniß um den nach meiner Ueberzeugung untergegangenen Gefährten. Plötzlich aber vernahm ich heftiges Keuchen, der

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verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 572. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_572.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)