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verschiedene: Die Gartenlaube (1860)

Grabstätte der Familie Teubner.

zweiten Abtheilung befindliche, unmittelbar hinter der Sellier’schen Grabstelle gelegene Ruhestätte der Familie Haugk, deren noch lebender Gründer hier eine der bedeutendsten Hutfabriken besitzt. Unter einem von vier römischen Säulen getragenen Architrav, verziert durch eine Vase, steht eine aus Sandstein gemeißelte Christusstatue, das Kreuz haltend. Die Figur ist ein Werk des hier lebenden Bildhauers Knaur, desselben, der die Leibnitz-Statue in der Aula der Universität Leipzig und die italienische Malergeschichte als Fries im Treppenhause des Dresdner Museums ausgeführt hat. Die Zeichnung der Haugk’schen Grabstelle ist vom Architekt Mothes in Leipzig, und die Steinmetzarbeit von dem Steinmetzmeister Einsiedel daselbst. Die vielfachen Arbeiten des Letzteren, eines würdigen Vertreters des Steinmetzgewerkes, verdienen besondere Aufmerksamkeit. Die vielen schönen, meist in Form gothischer Kapellenportale aufgeführten Familienbegräbnisse auf dem Neuen Friedhofe sind fast ohne Ausnahme aus der Einsiedel’schen Werkstatt hervorgegangen und legen ein sprechendes Zeugniß dafür ab, daß die künstlerische Ausbildung des Steinmetzgewerkes, eines alten Kunsthandwerkes, welches seit dem 16. Jahrhundert etwas in Verfall gerathen war, in der Neuzeit wieder den alten Aufschwung und die früher gerühmte Tüchtigkeit zu erlangen strebt, welche wir in den großen Werken der mittelalterlichen Baukunst zu bewundern pflegen. Die sauberen Sandsteinarbeiten an dem Museum auf dem Augustusplatze sind ebenfalls in der rührigen und bedeutenden Werkstatt des genannten Meisters ausgeführt worden.

Durch Schönheit der Zeichnung und Feinheit der Ausführung zeichnen sich noch die Grabstellen der Familie Teubner (auf der rechten Seite der zweiten Abtheilung, kenntlich durch die in Sandstein sehr zierlich ausgeführten Buchdrucker-Embleme), Dürr und Böhme (auf der linken Seite) vortheilhaft aus. Inmitten der Wandfläche derselben Abtheilung ist die Begräbnißstätte des verstorbenen Kramerconsulenten Dr. Mothes, eines bekannten Leipziger Sachwalters, dessen Brustbild en relief von dem erwähnten Bildhauer Knaur ausgeführt ist.

Ein einfaches weißes Marmorkreuz auf Sandsteinpostament am Ende der zweiten Abtheilung bezeichnet das Grab eines Mannes, der die hohe Achtung der Mitwelt in vollstem Maße verdiente und genoß, und den die Nachwelt zu den wackersten Rüstzeugen des evangelischen Glaubens zählen wird, des Superintendenten Dr. Großmann. Das Denkmal, welches der Gustav-Adolph-Verein seinem Gründer zu errichten beabsichtigte, hat die Großmann’sche Familie im Sinne des Verstorbenen, der jeden Prunk verschmähte, abgelehnt. Die Erinnerung an den wahrhaft großen Mann, dessen Gediegenheit des Charakters und des Wissens in seiner ehrwürdig schönen und kräftigen Gestalt uns wiederum lebendig vor die Seele trat, versöhnte wohlthuend mit den trauernden Anklängen, welche der Gedanke an manchen Freund, der früh hier zur Ruhe gebracht worden war, in uns erregt hatte.

Grabstätte der Familie Troost-Simons.     Grabstätte der Familie Haugk.




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verschiedene: Die Gartenlaube (1860). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1860, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1860)_245.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)