Seite:Die Gartenlaube (1859) 745.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Mein Teppichhändler in Smyrna.

Feuer tupfend auf den Tabak, bis dieser ganz in Brand war; dann überreichte mir der Alte die Pfeife mit der Bitte, die andere zurückzugeben, was ich auch, wenn ich ihn nicht beleidigen wollte, thun mußte. Denn eine frische Pfeife gehört zu den orientalischen Leckerbissen, weil sie rein und wohlschmeckend ist. Während der Italiener sagt: „rein wie die heilige Jungfrau,“ sagt der Türke: „rein wie eine Pfeife“, um den Inbegriff alles Süßen und Schönen in ein Wort zusammenzupressen, es sei nun von körperlicher oder seelischer Vollkommenheit die Rede.

Die zweite, ebenfalls angezündete Pfeife erhielt mein Begleiter, und dann bereitete sich unser Wirth selbst die dritte. Indessen war der Knabe abermals gegangen und wiedergekommen, und bot nun Jedem von uns den unentbehrlichen Kaffee. Das war für mich an dem Tage schon der dritte außergewöhnliche, und es war erst elf Uhr Morgens. Die sehr kleinen Obertassen in höchst einfacher, stets gleicher Form fassen einen guten Eßlöffel voll und stehen neben den metallenen Untertassen, die die Form unserer Eierbecher haben. Letztere sind aus Messing, in vornehmen Häusern aus Gold, in reichen mit Diamanten besetzt. Die Obertasse aber bleibt stets aus Porzellan und zwar nicht sehr feinem. Beim Zugreifen setzt der Gast die Obertasse in den daneben stehenden Untersatz und ergreift dann diesen, um ihn gleich auszutrinken, was natürlich keine große Schwierigkeit macht. Dann geht der Diener in derselben Reihe wieder herum und sammelt die Tassen auf dem Präsentirteller wieder ein, die eben so zurückgegeben werden, indem man die Untertasse hinstellt, und dann die Obertasse davon abhebt und daneben setzt. Vom Kaffeetisch und dergleichen ist also keine Rede, daher kann auch der Türke überall Kaffee trinken, weil er dazu nur einer Hand bedarf, und daher enthält ein türkisches Kaffeehaus in Bezug auf Möbel nur einige Matten oder, wenn es vornehm hergeht, Teppiche.

Mit dem Kaffee war aber nun zwischen dem Wirth und uns das richtige Verhältniß eingetreten, was sich sogleich durch die Anknüpfung eines langen Gesprächs kund that. Er frug nämlich zunächst nach meinem Vaterlande und wie lange ich schon in Smyrna sei? Nachdem er darüber die genügende Auskunft erhalten, ging er auf die persönlichen Verhältnisse ein:

„Wie geht es Deinem Vater?“

„Er ist lange todt,“ war die Antwort.

„Das thut mir leid. Er muß ein tüchtiger Mann gewesen sein, denn den Vater erkennt man an den Kindern.“

Ich dankte ihm für die Höflichkeit, und er fuhr fort:

„Lebte er mit Dir in derselben Stadt?“

„Nein, ich kam schon früh von der Heimath fort.“

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 745. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_745.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)