Seite:Die Gartenlaube (1859) 697.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Alt mit Hochachtung, wenn sie dich – etwa bei einem Gang „in den Most“ – im Felde laufen sehen; vielleicht wendest du dich dann eben einem Krautfelde mit drallen blauen Häupter zu und erinnerst dich zugleich an den gut geschmorten Salat dieser Art, der ja bei deinen gebratenen Gebeinen nie fehlen darf. Allen Respect vor dir in dieser Beziehung! Doch laß sehen, was sonst an dir ist!

Lampe.

Ein schöner Märztag, dessen sehnenerweckende Wirkung in’s Freie hinauslockt und das volle Herz dem Frühling entgegenschwellen läßt! Wie lind und lau umschmeichelt Luft und Sonne die sich dehnende Brust! Ja, alle Sinne nehmen Theil an dem Genuß eines so zaubervollen Tages! Das duftet nach frischem Boden und Pflanzenwuchs; das klingt aus der Höhe von jubelndem Lerchengesang, als käme er unmittelbar aus dem segenspendenden Himmel. Das Auge schweift entzückt über die lang entbehrte, unter Schnee verborgen gewesene Erde und die im herrlichsten Grün prangenden Saaten. Und sieh, da ist ja schon, was wir heute suchen, unser trefflicher Lampe! Zuvor aber wollen wir auch dem fünften Sinne, dem Geschmacke, gerecht werden und pflücken uns an jenem klar rieselnden Wiesenbächlein ein paar Blätter frischer, aromatischer Brunnenkresse, uns damit zu erquicken, und nun erst betrachten wir in wohliger Ruhe unser Wild.

Ein – zwei – vier – sechs Stück auf einem gar nicht zu großen Stück Wintersaat! Das ist ein Laufen und Hakenschlagen, ein Aneinanderrennen und Männchenmachen! Jetzt verfolgen wieder Alle einen Einzelnen, bis, während vier sich mit drolligen Sprüngen und Capriolen im tollen Scherz zu unterhalten scheinen, zwei davon hinter einem Rain verschwinden. Die andern mit tiefgehaltener Nase, wie suchende Hunde, hinterdrein, und so beginnt das Manöver immer und immer wieder von Neuem. „Ach, wie die guten Thierchen spielen!“ ruft der Unkundige, während die Rammler[1] sich um die einzige Häsin, von Eifersuchtswuth entbrannt, bekämpfen, d. h. einander so energische Maulschellen austheilen, daß die Wolle umherstiebt. „Ein Hase kämpfen?“ fragt ihr erstaunt, und allerdings klingt das wunderbar von dem furchtsamsten aller Geschöpfe, – ich glaube, ein Laubfrosch hat mehr Muth, – das wegen seiner Feigheit zum Kinderspott geworden. Und doch ist es so! Die Hasen kämpfen hartnäckig und erbittert, – freilich nur gegen Hasen.

So leben sie die Flitterwochen – lange Flitterwochen, – denn sie dehnen sie bis in den Herbst hinein aus, ohne daß selbst die Häsin, die dabei aller vier Wochen Mutter wird, sich durch die Sorge für ihre Kinder sehr in Anspruch nehmen ließe; denn ich will nur gleich hier dieses Geschlechtes schwärzeste Seite bezeichnen: die Häsin ist die schlechteste aller Mütter, welche die Schöpfung bietet, ganz ausnahmsweise schlecht, schlechter wie eine Rabenmutter,

  1. Die männlichen Hasen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 697. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_697.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)