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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

des Halses. Wird Einer in das Joch gespannt, so zieht man die genannten Vorrichtungen so stark an, daß er die Hände und den Hals nicht losmachen kann. Der Schmerz, den es erzeugt, hängt von der Schwere und Länge der Eisenstange, so wie von der Länge der Zeit ab, die er sie tragen muß.

Der Kloben.  Das Joch.

Von allen diesen Strafmitteln wird das Sturzbad am meisten gefürchtet, das, trotz der traurigen Folgen, welche die Anwendung desselben gar nicht selten gehabt hat, noch immer allgemein in den Gefängnissen der Vereinigten Staaten gebraucht, ja in raffinirter Weise variirt wird. Statt das Wasser in einem Gusse einem Unglücklichen über den Kopf strömen zu lassen, benutzt man bisweilen einen Schlauch, aus dem man mit großer Kraft das eiskalte Wasser dem zu Strafenden mitten in das Gesicht treibt. Eine gewöhnliche Folge davon ist, daß in kurzer Zeit dem Leidenden das Blut aus dem Munde, der Nase und den Ohren fließt.ü

Alles dies ist in Amerika allgemein bekannt, durch die veröffentlichten Untersuchungsacten sind zahlreiche Fälle an das Licht gekommen, in welchen die Gefolterten entweder das Leben oder den Verstand oder doch die Gesundheit verloren; trotzdem aber schämen die Amerikaner sich nicht, zu behaupten, ihre Zucht- und Armenhäuser, ihre Gefängnisse und all ihre andern ähnlichen Anstalten würden mit einer Humanität geleitet und verwaltet, wie in keinem andern Lande!




Blätter aus einem diätetischen Recept-Taschenbuche.
Diätetische Recepte zur Verhütung und bei Heilung von Krankheiten.


Aber ein Recept könnten Sie mir noch verschreiben, Herr Doctor.“ Dieser Wunsch, der mich verzweifelnd in die Arme meines Großvaterstuhles sinken machte, das war denn das Resultat eines halbstündigen Vortrags, den ich einem sogenannten gebildeten Patienten darüber gehalten hatte, daß sein Uebel nicht durch Arznei, wohl aber durch eine zweckmäßige Lebensweise gehoben werden könne. Und wie gläubig und vertrauensvoll zeigte sich mir dieser hinterlistige kranke Mensch während meines Vortrags! er nickte so zustimmend und beifällig dazu, daß ich ordentlich stolz darauf war, abermals eine kranke Seele dem Arzneiteufel entrissen zu haben. Aber das kommt davon, wenn man zu früh jubelt und die Menschen voreiliger Weise für vernünftig hält (in Bezug auf die Behandlung ihres Körpers und Geistes nämlich).

Wo soll denn aber auch bei unserer jetzigen Menschheit die Vernunft in dieser Beziehung herkommen? Im Hause werden die Kinder von Geburt an durch ihre abergläubischen Eltern und durch die an den Popanz glaubenden Kindermädchen tagtäglich mit Aberglauben aller Art vollgestopft; die Schule, welche durch naturwissenschaftlichen Unterricht wenigstens Etwas von jenem Aberglauben wieder ausrotten könnte und sollte, ist gezwungen, Gottes freimachende Naturgesetze zum größten Theile zu ignoriren; nach den Schuljahren heißt’s beim männlichen Geschlecht? „Geld verdienen“, während das weibliche nichts thut, als sich mit Kunst anhübscht, um einen Mann zu kapern. Von den Heilkünstlern ist aber in Bezug auf Ausrottung medicinischen Aberglaubens ebenfalls kein Heil zu erwarten, da die Kunst der Meisten ja auch nur auf Aberglauben beruht, und durch den Aberglauben der Kranken einträglich wird. Und was nun gar das Receptschreiben betrifft, so werden das unwissenschaftliche Heilkünstler am allerwenigsten abzubringen suchen, da die meisten derselben den größten Theil ihrer Weisheit nur „Recept-Taschenbüchern“ verdanken. Ja, wer dem homöopathischen Aberglauben huldigen und homöopathisch curiren lernen will, hat’s ganz leicht, auch ohne einen Blick in die medizinische Wissenschaft gethan zu haben: der braucht sich nur den homöopathischen Haus- und Familienarzt oder den homöopathischen Arzneischatz und ähnliche homöopathische Curir-Leitfäden anzuschaffen, um Alles, auch die Eifersucht seiner Frau, durch Bilsenkraut (aber wohl in sehr überallopathischer Gabe?) curiren zu können. Und was für eine hübsche Auswahl von Arzneimitteln hat man bei der homöopathischen Heilkünstelei! Hast Du z. B. Zahnschmerzen in Folge von Durchnässung, so kannst Du (nach Dr. Clotar Müller’s Haus-

und Familienarzt S. 71–74) Rhus tox., Nux. mosch., Rhod.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 641. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_641.jpg&oldid=- (Version vom 21.11.2023)