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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Bewunderung vom Cadettenthum berichten und dessen Einführung dringend empfehlen.

Nachdem die Parteien sich Angesichts der Alpen und des Sees anderthalb Stunden herumgeschlagen und eine Weile ausgeruht, marschiren sie, brüderlich vereint, jeder Mann einige Zoll höher, theils unter Trommelschlag, theils patriotische Lieder singend, von den Höhen abwärts zur Seestraße und ziehen in Tiefenbrunnen ein. Auf der grünen Matte dieses gastlichen Vergnügungsortes werden die Gewehre in Pyramide gestellt. Dann geht es nach des Tages Last und Hitze mit beflügeltem Schritt und scharfem Appetit in den reizend am See gelegenen Garten des Wirthshauses, um einem zweiten Feinde, der auf langen Tischen in Gestalt von Broden, Würsten und weingefüllten Gefäßen harrt, eine entscheidende Niederlage beizubringen. Der Staat trägt ja großmüthig die Kosten. Die Taschenmesser, welche nicht zu vergessen das Programm ermahnt hat, sind in der That nicht vergessen worden. Jubelnde Hoch’s würzen den Labebecher. Es ist Nacht geworden, und bei Fackelschein, nachdem die jungen Soldaten wieder unter’s Gewehr getreten, verliest und vertheilt Oberst Ziegler die Schießprämien. Der Name jedes Siegers wird mit Trommelwirbel und Hochrufen begleitet. Die Ergebnisse des Zielschießens sind nicht so befriedigend wie voriges Jahr: die Artillerie hat 65 Procent Treffer, die Infanterie mit ihren Musketen 28, gegen die vorjährigen 86 und 33 Procent im Durchschnitt aller Entfernungen. Die beiden ersten Preise der Infanterie fallen wieder Glarnern zu; dies Völklein, durch seine Scharfschützen berühmt, hat seit sieben Jahren auf den ersten Preis Beschlag gelegt.

Endlich wird der Rückmarsch angetreten. Unter heiteren Gesängen durchzieht das Cadettencorps die Seefeldstraße und wird auf dem Münsterhof entlassen, um zu Hause auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Die Officiere, Instructoren und Lehrer, obwohl sie bereits in Tiefenbrunnen der Jugend beim Abendimbiß Gesellschaft geleistet, zechen und toastiren dann noch gemüthlich zusammen bis Mitternacht oder etwas darüber.

Wir sind keine Freunde des Soldatenspielens, wie es in Deutschland beliebt wird, aber ähnliche Feste wünschen wir recht bald der geliebten Jugend unseres großen, schönen Vaterlandes!






Populäre Briefe über Musik.
Von A. v. Dommer.
II.
Ton. – Intervall. – Melodie.

Wenn man einen Gegenstand von cohärenter Masse, eine Glocke, Glastafel, Holzplatte, Stahlfeder, Darmsaite u. dgl. durch Stoß, Schlag oder Reibung in vibrirende Bewegung setzt, so entsteht, indem diese Bewegung auch zugleich die den Gegenstand umgebende Luft in Schwingungen bringt, der Schall. Die Luft bewegt sich bei der Schallerzeugung in zahlreichen, immer größer werdenden concentrischen Kreisen, welche in Wellenform, nicht nur der Länge und Breite nach, wie die Wasserkreise bei einem hineingeworfenen Stein, sondern auch in allen Richtungen der Höhe und Tiefe von dem Schallwerkzeug ausgehen. Das Medium, durch dessen Vermittlung der Schall zu uns getragen wird, kann die Luft selbst sein, aber auch, mit mehr oder weniger gutem Resultat, ein fester oder flüssiger Gegenstand, Holz, Eisen, Blei, Glas, das Wasser u. s. w.

Ist dieser Schall von bestimmt vernehmlicher und unterscheidbarer, sich gleichbleibender Höhe oder Tiefe, so nennen wir ihn Ton.

Der Raum, das Entfernungsverhältniß zwischen einem höheren und tieferen Ton heißt Intervall.

Den Klang, der einen Ton vom andern, nicht der Höhe oder Tiefe, sondern dem Charakter nach unterscheidet (auf der Geige, Flöte, dem Horn oder Klavier), nennen wir die Klangfarbe.

Die Höhe und Tiefe des Tones wird bedingt durch die Anzahl der in einer Zeiteinheit von dem Tonwerkzeug ausgehenden Schallwellen. Verkürzen Sie eine Saite, so wird die Anzahl ihrer Schwingungen in derselben Zeit vermehrt, der Ton wird höher; verlängert man die Saite, so vermindert sich die Schwingungszahl, der Ton sinkt zur Tiefe herab.

Die Stärke des Tones ist durch die Größe der in der Tonwelle erzitternden Luftmasse und durch den Grad der Heftigkeit, mit der sie erregt wird, bestimmt. Tonhöhe und Tonstärke gehen also von ganz gesonderten Bedingungen aus – ein Glück für die Musik, indem sonst jede Veränderung der Stärke des Tones auch eine Umstimmung seiner Höhe und Tiefe nach sich ziehen würde. Das ist aber, wie Sie wissen, nicht der Fall – man kann einen Ton anschlagen, so stark oder schwach man will, die Tonhöhe bleibt nichtsdestoweniger dieselbe.

Die Klangfarbe des Tones geht aus der Form der Luftwellen hervor; allerdings hängt sie ab von dem Bau des Tonwerkzeuges und der Masse, woraus es besteht, jedoch nur sofern Bau und Masse Einfluß haben auf die Form der Luftwelle.

Damit wir uns in der Folge besser verständigen können, wollen wir wenigstens einige der einfachsten Tonverhältnisse betrachten. Natürlich können hier nur Andeutungen der äußersten Umrisse gegeben werden – denken Sie deshalb nicht, Sie hätten die Sache selbst sich schon zu eigen gemacht, wenn Sie diese Andeutungen in sich aufgenommen haben. Wirkliche Kenntniß von einer Sache, und besonders von einer Kunst und den ihr eigenthümlichen Ausdrucksmitteln werden Sie nicht aus populären Aufsätzen darüber, sondern nur aus der Sache unmittelbar und ihrer positiven Lehre schöpfen können. Hier soll Ihnen nur Anregung zum eigenen Denken und Lernen gegeben werden. Wollten Sie sich etwas eingehendere Kenntniß von der Harmonielehre verschaffen, so müßten Sie sich wirklich hineinarbeiten; zur Anleitung empfehle ich E. F. Richter’s ebenso gründliche, wie klare und kurzgefaßte Harmonielehre.

Wenn Sie zwei Saiten von genau gleicher Länge, Dicke und Schwere mit derselben Kraft ausspannen, so lassen beide ganz genau denselben Ton hören. Dieses Tonverhältniß von z. B. c mit sich selbst heißt die reine Prime.

Verkürzen Sie eine der beiden Saiten, die wir c nennen wollen, genau um die Hälfte, so erhalten wir wiederum den Ton c, aber als Potenz der doppelten Tonhöhe der andern Saite. Dieser Ton (auf dem Klavier die achte Untertaste vom Grundton) ist die reine Octave (2:1).

Verkürzt man die Saite um ein Drittel, so entsteht der fünfte Ton der Tonleiter, die reine Quinte, c–g (3:2); nehmen Sie ein Viertel von der Saite hinweg, so daß nur drei Viertel tönen, so entsteht c–f, die reine Quarte (4:3.)

Diese 4 genannten Intervalle stehen zu ihrem Grundton (der unverkürzten Saite) in den reinsten consonirenden Verhältnissen, deren Einfachheit schon aus den Zahlen einleuchtet, deshalb werden sie reine Intervalle genannt.

Je weiter die Zahlenverhätnisse der Intervalle sich von dieser Einfachheit entfernen, desto mehr verlieren die Intervalle an reiner Consonanz mit dem Grundton; so sind die großen und kleinen Terzen, die dritte, und die Sexten, die sechste Stufe der Tonleiter, schon unvollkommene Consonanzen; die zweite und siebente Stufe, die Secunden und Septimen, sind endlich Dissonanzen.

Mit den Benennungen Consonanz und Dissonanz dürfen Sie nicht eine Unterscheidung in Wohlklang und Mißklang verbinden – auch die Dissonanz trägt den Wohlklang in sich, wenngleich noch nicht in der Erfüllung, sondern erst in der Erwartung.

Die Consonanz ist ein abgeschlossenes Klangverhältniß, welches einen weiteren Fortgang, eine weitere Folge nicht unabweislich fordert; ihr Charakter ist Ruhe, Selbstständigkeit, Befriedigung in sich selbst. Ueberzeugen Sie sich am Klavier, indem Sie eines jener reinen oder consonirenden Intervalle c–c, c–g oder c–e, c–a anschlagen; Gehör und Gefühl werden von diesem Zusammenklingen völlig befriedigt sein, kein Bedürfniß einer Aenderung, keine Unruhe unbedingt empfinden – deshalb auch keine Ausgleichung, keine Wiederherstellung der Ruhe durch eine weitere Tonfolge beanspruchen.

Die Dissonanz dagegen liegt mit sich selbst gewissermaßen in Streit, und sehnt sich aus dieser Unbefriedigung heraus nach

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 638. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_638.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2023)