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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)


sich die Thiere dadurch von den Pflanzen, daß sie organisirte Wesen sind, welche freiwillige Bewegung, eine Mundöffnung und ein besonderes Verdauungsorgan, einen Magen, haben.

Am Körper der Thiere und zwar der höher organisirten, bemerkt man zunächst Nerven, Knochen, Knorpel, Muskeln, Sehnen, Häute, Gefäße, sogenannte anatomische Elementarorgane, welche sich zu Organen (Herz, Magen, Adern) vereinigt haben. Mehrere solcher Organe nun, die in naher Beziehung zu einander stehen, die einem und demselben Zwecke dienen, bilden ein organisches System. – Die Gesammtheit der Knochen bewirkt die äußere und innere Bewegung, sie bilden daher das Bewegungssystem. Das Herz, die Blutgefäße (Adern), die Lungen, die Luftröhre dienen zur Athmung und Circulation des Blutes, sie machen das Gefäß- und Respirationssystem aus. Durch das Ineinanderwirken des Magens, Darmcanals, der Leber, der Galle und der Milz wird das Verdauungssystem gebildet und durch die Geschlechtsteile das Generations- oder Fortpflanzungssystem. Sämmtliche Organe werden durch das Nervensystem belebt und empfindsam gemacht, und dieses hat seinen Hauptsitz im Gehirn und Rückenmark, von wo aus zahlreiche Fäden nach allen Richtungen hin ausgeschickt werden. Ein Theil dieser Nervenfäden dient dazu, dem Willen nachzukommen und die Bewegungen der Muskeln hervorzubringen, während der andere Theil die Sinneswerkzeuge bildet und empfindlich macht. Das höhere Thier hat fünf Sinne: Gesicht, Gehör, Geruch, Geschmack und Gefühl.

Die genannten organischen Systeme, sowie das Nervensystem, zeigen in dieser Ausbildung nur die höchsten Thiere, nach und nach vereinfachen sie sich und dieses oder jenes fällt ganz weg. Nach allen möglichen Abstufungen finden wir dann Thiere ohne Knochengerüst; ohne irgend welche Ortsbewegungsorgane; mit darmartigen Säcken oder ästigen Luftcanälen anstatt der Lungen; Thiere, die nur aus einem einzigen häutigen Verdauungscanale bestehen, dessen Oeffnung mit Fangarmen besetzt ist; und solche, bei denen männliche und weibliche Geschlechtsorgane nicht auf zwei Individuen vertheilt sind, sondern auf einem sich befinden oder nur durch Eierstöcke repräsentirt sind; ferner Thiere, deren Nervensystem durch einige zerstreut liegende Nervenfäden gebildet wird, bis auch diese verschwinden.

Um die große Menge der Thiere übersehen zu können, werden sie nach ihren gegenseitigen Verwandtschaftsgraden in Classen, Familien, Ordnungen, Unterordnungen und Individuen eingetheilt, in Systeme geordnet. Solcher Systeme des Thierreichs gibt es mehrere, je nachdem dieser oder jener Eintheilungsgrund gewählt, diesem oder jenem Organe der Vorrang ertheilt worden ist. Das bekannteste System ist das von Linné, welches sämmtliche Thiere in folgende sechs Classen eintheilt: 1) Säugethiere, 2) Vögel, 3) Fische, 4) Amphibien, 5) Insecten und 6) Würmer.

Hierbei ist zunächst auf den Bau des Herzens und die Farbe und Temperatur des Blutes Rücksicht genommen.

Das Herz der Säugethiere und Vögel besteht aus zwei Herzkammern und zwei Vorkammern, und sie haben rothes warmes Blut, aber die Säugethiere bringen lebendige Junge zur Welt, während die Vögel Eier legen. Das Herz der Fische und Amphibien ist aus einer Herz- und einer Vorkammer gebildet, und sie besitzen rothes kaltes Blut, aber die Fische athmen durch Kiemen, die Amphibien durch Lungen. Endlich wird das Herz der Insecten und Würmer nur aus einer Kammer ohne Vorkammer gebildet, und sie haben weißliches kaltes Blut; während jedoch die Insecten Fühlhörner zeigen, bemerkt man bei den Würmern Fühlfäden. – Die Thiere jeder dieser sechs Hauptclassen theilte Linné wieder, meist nach äußern Merkmalen, in Ordnungen, so die Säugethiere nach dem Bau der Zähne, in sieben, die Vögel nach ihrem Aufenthaltsort, nach der Art ihrer Ernährung etc. in sechs, die Fische in zwei, Knorpel- und Grätenfische, die Amphibien ebenfalls in zwei, Reptilien (Frösche, Eidechsen, Schildkröten) und Schlangen, die Insecten nach Zahl und Bau der Flügel etc. in sieben und die Würmer in fünf Ordnungen: Eingeweide- und Weichwürmer, Muscheln (und Schnecken) Korallen und Pflanzenthiere, so daß er sämmtliche Thiere in 29 Ordnungen bringt.

Da Linné sein System zu einer Zeit schuf, wo die Kenntnisse über Anatomie noch sehr unvollkommen waren, so sah man später bald die Unzulänglichkeit desselben ein, und von den neueren, besonders auf anatomische Verhältnisse gegründeten Systemen ist hauptsächlich das von Cuvier zu bemerken. – Cuvier theilte zunächst sämmtliche Thiere in zwei Theile, in Wirbelthiere und wirbellose Thiere, wovon erstere mit einem Knochenskelett versehen sind, letztere nicht. Die Wirbelthiere bilden nach ihn, eine Hauptclasse für sich, während er die wirbellosen Thiere in drei andere Hauptclassen theilt, in Weichthiere, Gliederthiere und Räder- und Strahlenthiere. – Die Weichthiere zeigen eine äußerlich durchaus gleichförmige, weiche Körpermasse; die Gliederthiere hingegen haben einen Körper, der aus Gliedern oder gegliederten, beweglichen Stücken besteht, und bei den Räderthieren sind sämmtliche Organe rad- oder sternförmig oder strahlig um einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt gelagert.

In die erste Classe, die der Wirbelthiere, gehören: Säugethiere, Vögel, Amphibien und Fische; in die zweite Classe, die der Weichthiere: Kopffüßler (Tintenfisch, Meerpolyp), Flossenfüßler (Glasmuschel), Bauchfüßler (Schnecken), Kiemenfüßler (Austern, Teichmuschel, Riesenmuschel), Kopflose (Todtenkopfmuschel) und Rankenfüßler (Entenmuschel, Seetulpe); in die dritte Classe, die der Gliederthiere: Ringelthiere (Blutegel, Regenwurm), Krustenthiere (Krebse), Arachniden (Spinnen, Scorpione) und Insecten, endlich in die vierte Classe, die der Räderthiere: Sternthiere (Seeigel, Seestern) Eingeweidewürmer (Saug-, Band- und Blasenwürmer), Quallen (Medusen, Ohrenqualle), Polypen (Korallen, Armpolyp, Schwämme) und Infusorien. – Das System von Cuvier bringt also alle Thiere in 19 Classen, und es zählt nun hiervon wieder jede ihre Ordnungen, Unterordnungen und Individuen.

Die Zahl sämmtlicher jetzt lebender Thiere belauft sich auf ungefähr 106,900 Arten, wovon auf Wirbelthiere 18,570, auf Gliederthiere 70,500, auf Weichthiere 11400 und auf Räderthiere 6430 kommen.

Die Botanik. – Die Pflanzen werden gebildet aus Zellen und Gefäßen, und bestehen daher hauptsächlich aus Zellstoff, Holzfaser oder Cellulose. – Obgleich sie im Aeußern ziemlich verschieden von einander sind, so zeigen doch die meisten derselben, in Bezug auf Bau und Verrichtungen der einzelnen Theile, große Aehnlichkeit. – Sie sind im Allgemeinen zusammengesetzt aus den vier Hauptorganen: Wurzel, Stengel, Blätter und Blüthen, zu denen öfter noch verschiedene Nebenorgane, als Drüsen, Haare, Dornen etc. treten. Von den ersten, den Hauptorganen, dienen Wurzel, Stengel und Blätter zur Ernährung der Pflanze, es sind die Ernährungsorgane, während die Blüthen die zur Fortpflanzung nöthigen, die Fortpflanzungsorgane, enthalten. – Die Wurzel saugt die Nahrung aus dem Boden und ist zu diesem Zwecke an ihren äußersten Spitzen mit kleinen, schwammartigen Bläschen versehen. Der Stengel, meist aus langgestreckten Gefäßen gebildet, sendet seitliche Aeste aus und dient zur Fortleitung und theilweisen Ablagerung des Nahrungsstoffes, wodurch die Pflanze selbst vergrößert wird. Die Blätter sind zur Aufnahme der Kohlensäure der Luft bestimmt, wovon der Kohlenstoff in der Pflanze zur Bildung ihrer Substanz verbraucht, der Sauerstoff aber der Atmosphäre durch Aushauchen wieder zurückgegeben wird. Sonach sind es die Pflanzen, welche die Luft für Menschen und Thiere reinigen, zum Leben brauchbar machen, denn bliebe die Kohlensäure, die sich fort und fort wieder von Neuem erzeugt, stets in der Luft, so würde diese in kurzer Zeit unathembar werden, und alles thierische Leben müßte untergehen. Die Blüthen bestehen aus vier Theilen und zwar 1) aus dem äußersten, meist grün gefärbten Blätterkreise, dem Kelche, 2) aus dem meist bunten, der Blumenkrone, 3) aus den Staubgefäßen, die mehr oder weniger lange, dünne Fäden mit gelben Köpfchen, Antheren, bilden, und 4) aus den Pistillen, welche aus unten bauchig erweiterten, nach oben enger werdenden und an den Spitzen mit grünen Narben versehenen Röhren bestehen. Der bauchige Theil eines Pistills heißt der Eierstock, weil er die Eier enthält, der obere engere der Griffel. – Bei einer geringen Anzahl von Pflanzen kommen Staubgefäße und Pistille nicht in einer Blüthe vor, sondern sie sind in mehreren, auf einer oder verschiedenen Pflanzen, getrennt. Von den vier Theilen der Blüthe sind nur die zwei innersten, Staubgefäße und Pistille, die Fortpflanzungsorgane und zwar sind die Staubgefäße die männlichen, die Pistille die weiblichen.[WS 1]


(Schluß folgt.)

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Eine Fortsetzung wurde angekündigt, ist aber nicht erschienen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 528. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_528.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2023)