Seite:Die Gartenlaube (1859) 516.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Berliner Ateliers.
I.0 Eduard Hildebrandt.

Eduard Hildebrandt.

Einer freundlichen Einladung folgend, treten wir in das Atelier des bekannten Landschaftsmalers Eduard Hildebrandt. Wir finden den fleißigen, liebenswürdigen Künstler an der Staffelei mit der Vollendung eines größeren Bildes beschäftigt, umgeben von unzähligen Skizzen, welche seine Meisterhand verrathen. Persische Teppiche, welche den Boden des Zimmers bedecken, seltene Gefäße und Curiositäten aller Art, in Glasschränken zierlich aufgestellt, erinnern uns an seine weiten Reisen. Die Büste von Alexander Humboldt, der von jeher dem Maler ein väterlicher Freund gewesen, begrüßt uns von ihrem Piedestal wie ein freundlicher Schutzgeist. An den Wänden hängen einige ausgezeichnete Bilder älterer Meister. Mitten in dieser anmuthenden Häuslichkeit empfängt uns der Künstler, der trotz seiner Jugend einen europäischen Ruf genießt.

Eduard Hildebrandt wurde im Jahre 1819 in Danzig geboren und verrieth frühzeitig eine bedeutende Anlage für seine Kunst; dennoch kam er erst spät, als ein fast zwanzigjähriger Jüngling, nach Berlin in das Atelier des bekannten Marinemalers Professor Krause. Hier machte er so überraschende Fortschritte, daß die Kunstfreunde auf das Talent des Schülers aufmerksam wurden und er manchen einflußreichen Gönner fand. Ein ihm angeborener Drang zum Reisen führte ihn schon damals nach Dänemark, Norwegen, Schottland und England, von wo er nach Paris ging, um sich unter Anleitung des berühmten Isabey weiter auszubilden. Hier blieb er bis zum Jahre 1843, wo er dann im Auftrage des Königs von Preußen, dem er von Humboldt empfohlen war, nach Brasilien und Nordamerika ging. Diese größere Reise war entscheidend für die Richtung seines Talents; der Anblick großartiger Naturscenen, des südlichen Himmels mit seiner Farbenpracht und der herrlichen Vegetation weckte und entwickelte seinen angeborenen Farbensinn und seine Vorliebe für glänzende und überraschende Lichteffecte. Zugleich erweiterte sich sein Gesichtskreis; die Wunderwelt der Tropen mit ihrem magischen Zauber erschloß sich ihm und fand in ihm einen unübertroffenen Darsteller.

Mit reichen Schätzen beladen kehrte er nach Berlin zurück, wo er die Kunstkenner durch seine Studien und Skizzen aus dem Süden überraschte und erfreute.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 516. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_516.jpg&oldid=- (Version vom 8.9.2023)