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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

gab sie in die Hände des Präsidenten der Züricher Schützenvereins.

„Liebe Freunde, schweizerische Schützen,“ sprach der Oberst Kurz dabei unter anderem, „als vor zwei Jahren das eidgenössische Freischießen in Bern statt fand, da war Friede ringsum, und unser Vaterland hatte so eben glücklich eine Krisis überstanden, welche, wie noch nie, die Schweiz vor der ganzen Welt einig gezeigt hatte (die Neuenburger Angelegenheit). – Was wir in Bern Alle sehnlich wünschten, ist eingetroffen. Wir konnten die Schützenfahne, das Banner des bedeutendsten Vereins der Schweiz, an den schönen blauen See bringen, der die liebe Schwesterstadt bespült. Es war uns Bernern ein Leichtes, sie zu bewahren. Wer weiß, ob es Zürich so gut werden wird, und ob die neuen Führer des Vereins sie nicht in Kurzem hoch aufpflanzen müssen als Zeichen, um das sich alle Schützen den Landes sammeln, welche nicht anderwärts verwendet werden! Rings um uns her herrscht der Krieg. – Liebe Freunde in Zürich, Ihr habt auch diesmal wieder das Herz auf dem rechten Flecke gehabt. Als die Gewitterwolken den Horizont trübten, als die Blitze einschlugen in der Runde, da ließ sich billig fragen: Soll das Fest nicht verschoben werden? Ist es angemessen, sich zu freuen, zu genießen, wenn nebenan Tausende fallen, und das Land durch die Hufe der Pferde und die Räder der Kanonen verheert wird? Ihr habt nicht gewankt. „Wir halten das Fest ab!“ rieft Ihr. Der Ernst der Zeiten soll sein Recht behalten; die schweizerischen Schützen haben denselben zu allen Stunden zu würdigen gewußt.“

Der Dr. Dubs erwiderte in einer glänzenden Rede, in der er auch auf das Herzlichste die hochachtbaren und lieben Freunde aus der nordischen Schwesterrepublik Bremen willkommen hieß, unter anderem: „Der Ernst der Zeit wird uns auch die ernsten Zwecke unseres Festes wieder zum Bewußtsein bringen. Es wird sorgen- und gedankenvoller werden, aber dadurch an Bedeutung nicht verlieren. Ja, es ist fast, als ob ihm in diesem Augenblicke die Vorsehung eine höhere Sendung angewiesen hätte! Welche merkwürdige Erscheinung entrollt sich vor unseren Blicken! Hart neben uns ringen drei Länder und Völker in blutigen Schlachten mit einander, um das Princip der Sonderung der Nationalitäten zur Verwirklichung zu bringen; und hier auf diesem Festplatte finden sich die nämlichen drei Nationalitäten unter einem Panier zusammen in Frieden und Freundschaft zu festlichen Spielen. Klingt das nicht fast wie ein wunderbares Märchen? und es ist doch thatsächliche Erscheinung. Wie aber wurde denn hier diese Einigung der dort kriegführenden Nationalitäten möglich? Dadurch, aber auch nur dadurch, daß keine Nationalität die andere unterdrückt und eigensüchtig ausbeutet; daß jede die Eigenthümlichkeit der anderen schont; daß jede die Gleichberechtigung der anderen anerkennt und achtet. Auf diesem Grunde ist im Schweizerland der Bund verschiedener Nationalitäten groß geworden!“ Sind das nicht goldene Worte, mein lieber Freund?

Sie weiheten das Schützenfest ein. Ein Mittagsmahl empfing zunächst die Schützen in der Festhalle. Mit dem Glockenschlage Eins verkündete ein Kanonenschuß den Beginn des Schießens. Und was Schütze war, drängte sich zu den sechsundneunzig Schießständen. Dort schießen sie noch, und es wird die ganze Woche dauern, vom frühen Morgen, bis des Abends die letzten Strahlen der Sonne hinter dem Uetli verschwinden. Nur über Mittag macht das Geknatter der Büchsen eine Stunde lang eine Pause.




Ein Zweikampf.

(Mit Abbildung.)

Obwohl jetzt in officiellen und officiösen Wiener Blättern erklärt wird, daß der Frieden von Villafranca nicht Oesterreich, sondern „seinem ältesten Bundesgenossen“, Preußen, zur Last falle, so hat sich letzteres durch offene Bekanntmachung der von ihm ausgegangenen diplomatischen Actenstücke über die beabsichtigte „Mediation“ doch genügend gerechtfertigt, wenn auch damit sein Schwanken und Zaudern noch nicht entschuldigt ist. Das sonst so gewandte österreichische Cabinet wird endlich eingestehen müssen, daß es sich von dem „Retter der Gesellschaft“, dem neuen „Civilisator“ hat überlisten lassen, der den Frieden nöthiger brauchte als Oesterreich. Unter solchen Verhältnissen, wo Thatsachen mehr als alle Raisonnements sprechen, überlassen wir den politischen Zeitungen, über die Tragweite dieses Factums schlußfolgernde Erörterungen anzustellen, und bedauern von unserm Standpunkte aus nur die dem Gewerbfleiße, der Industrie, den Künsten und der Wissenschaft entzogene, vergeblich hingeopferte Milliarde Goldes, den tausendfachen, durch den Krieg zu Grunde gerichteten Wohlstand, vor allem aber die Ströme Blutes, die in diesem Kampfe so gut wie nutzlos hingeflossen sind. Nur wenig Einzelne, die eine hervorragende Stellung im Leben eingenommen und auf den italischen Schlachtfeldern gefallen sind, zeichnet die Geschichte in ihren Büchern mit Namen auf, die Massen, die Tausende und Abertausende, die ein unbekanntes Grab in fremder Erde umschließt, – sie werden nur mit stiller Wehmuth in ihren Familien genannt, und wie tief auch jetzt die Hinterlassenen ihren schmerzvollen Verlust bedauern, so verweht doch schon eine kurze Reihe von Jahren mit dem Staube ihrer Gebeine ihr Gedächtniß.

Sicher war den meisten der Gefallenen die Sache, für welche sie in den Tod gegangen, eine gleichgültige, wenn nicht gar eine fremde; sie folgten eben dem Machtgebote ihrer Herrscher und wurden vom unerbittlichem Schicksale ereilt. Wie ließe sich nicht ein solcher Krieg vereinfachen, der sich ja so nicht mit den einfachsten Geboten des Christenthums vereinbaren läßt, wenn man die Schlichtung des Streites nach der Anschauungsweise des Mittelalters einem „Gottesurtheile“ überließe, um die Sache in einem Zweikampfe zu beendigen! Mag man auch noch so streng über die Rohheit des Zweikampfes urtheilen, schließlich wird man doch unter solchen Verhältnissen ein ritterliches Abkommen darin finden und ihn jedenfalls dem grauenhaften Hinschlachten von Hunderttausenden vorziehen müssen. Eine solche Anschauung mochte wohl den jungen, achtzehnjährigen Grafen Lippe aus München, der vom Gymnasium weg, erst seit vier Wochen in österreichische Dienste getreten, bewogen haben, einen sardinischen Officier, den Anführer einer Reiterschwadron, während des Gefechts bei Montebello zum Zweikampf herauszufordern. Der Gegner stellte sich während des Handgemenges ungesäumt, fiel aber durchbohrt von dem Degen des Grafen, der freilich durch diese Waffenthat dem weiteren Blutvergießen nicht Einhalt thun konnte. Der tapfere Jüngling ward noch auf dem Schlachtfelde zum Oberlieutenant ernannt und mit einem Orden geschmückt.


Unser Illustrateur hat diese für die österreichischen Waffen ruhmvolle That in vorstehendem Bilde dem Leser veranschaulicht, und er würde noch viele ähnliche glänzende Waffenthaten durch seinen Griffel verewigen können, denn mit jeder Zeitungsnummer mehren sich die Berichte über Heldenthaten Einzelner, die den Beweis liefern, welche vortreffliche Elemente die österreichische Armee in sich hatte.




Die Prairien.

Erlebnisse eines deutschen Flüchtlings von C. B.
I.

Was für Abenteuer soll man auf dem Washington erleben können? Wir gebrauchten 16 Tage bis New-York und waren dort angelangt, ohne daß ich Gelegenheit genommen, meine Reisegesellschaft näher kennen zu lernen. Sie interessirte mich nicht. Ich hatte mein Vaterland verloren. Der Schmerz war zu neu, zu gewaltig. Da saß ich stundenlang in der Cajüte, nahm das Schachspiel vor und bot Schach dem Könige. Ich opferte die Königin und konnte doch nicht Matt setzen. Dann lachte ich laut auf. Während meiner Haft hatte sich meine Geliebte verheirathet und war vielleicht schon glückliche Mutter. Zuweilen hatte ich auch eine sentimentale

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_460.jpg&oldid=- (Version vom 13.8.2023)