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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

und Nerven, das Herz (den Mittelpunkt des Blutkreislaufs) und die Lungen (die Hauptorgane des Athmungsprocesses) birgt, kann mittels kräftiger Muskeln fast in ähnlicher Weise wie ein Blasebalg bewegt werden, d. h. seine Höhle kann weit und eng gemacht werden. Diese Bewegung findet nun während des Lebens, denn sie ist ganz unentbehrlich zum Leben, immerwährend und nur mit kurzen Pausen ganz unwillkürlich statt. Allein wir können doch auch mit unserm Willen Einfluß darauf ausüben, weil die den Brustkasten bewegenden Muskeln durch Nerven mit unserm Willensorgane (dem Gehirn) im innigen Zusammenhange stehen. Es wird natürlich dieser Einfluß (die Erweiterung und Verengerung der Brusthöhle) um so größer sein können, je mehr wir durch Hebung und Gewöhnung die willkürlichen Athmungs-Nerven und Muskeln zu beherrschen gelernt haben. Nicht Jeder kann ohne Weiteres so kräftig und tief ein- und ausathmen, wie er möchte und sollte, er muß es ebenso erst lernen, wie man andere Muskelthätigkeiten (Springen, Tanzen u. s. w,) lernen muß.

Was geschieht denn nun bei den Bewegungen unseres Brustkastens? Werden die Rippen in die Höhe gehoben und nach außen gezogen, wobei sich gleichzeitig das Zwerchfell (d. i. der nach oben gewölbte fleischige Boden der Brusthöhle und die Scheidewand zwischen Brust- und Bauchhöhle) abflacht und abwärts steigt, so erweitert sich die Brusthöhle (d. i. das Einathmen), und hierbei findet ganz dasselbe statt, was beim Aufziehen eines Blasebalges oder einer Spritze geschieht. Es wird nämlich Alles, was sich vor dem offenen Eingange dieser Apparate befindet, wie Luft, Flüssigkeit und feste Körperchen hineingesogen. So saugt die Brusthöhle bei ihrer Erweiterung nicht blos die Luft nebst ihren Beimischungen (durch Mund, Nase, Kehlkopf, Luftröhre in die Lungen) ein, sondern auch noch das Blut der großen Adern (Hohladern), welche aus der oberen und unteren Körperhälfte in die Brusthöhle und in das Herz eintreten. Ja, es wird wahrscheinlich auch der Blutlauf vom rechten Herzen aus in die Lungen dadurch befördert. Sodann findet ferner noch eine Anziehung des im Milchbrustgange befindlichen Speisesaftes und der Lymphe statt, wodurch diese das Blut ernährenden Flüssigkeiten flotter in das Blut einströmen können. Man vergesse also nie, welchen wichtigen Einfluß auf unser Leben das Einathmen hat, zumal wenn es kräftig, gehörig tief und langsam (wie im Schlafe) geschieht. Es schafft Lebensluft in das Blut (verjüngt dadurch dasselbe), befördert das Einströmen des Blutes in die Brust und die Lungen, erleichtert den Eintritt des Nahrungsstoffes (des Speisesaftes und der Lymphe) in den Blutstrom und hindert so Stockungen und Anhäufungen dieser Flüssigkeiten (des Blutes und der Lymphe), zumal im Unterleibe; fördert also, wie die Neubildung, so auch die Reinigung des Blutes (besonders in der Leber und Milz).

Lassen sodann die Einathmungsmuskeln in ihrer Zusammenziehung nach, setzt man vielleicht auch noch die die Rippen und das Brustbein herabziehenden Muskeln in Täthigkeit, so wird die Brusthöhle verengert (d. i. das Ausathmen). Dabei drückt die Brustkastenwand zunächst auf die Lungen und schafft so einen Theil der alten Luft aus diesen heraus, welche durch die aus dem Blute stammende schädliche Kohlensäure verunreinigt ist. Gleichzeitig findet aber auch ein Druck auf die Blutgefäße statt, und es wird dadurch, weil an diesen Gefäßen Vorrichtungen (Klappen) angebracht sind, welche das Zurückfließen des Blutes in ihnen nicht gestatten, das Blut vorwärts geschoben, also der Blutlauf befördert. Sonach übt das Ausathmen ebenfalls einen bedeutenden Einfluß ebenso auf die Blutreinigung, wie auf die Circulation aus.

Hierbei ist nun aber noch gar nicht in Betracht gekommen, welche wichtige Wirkung die Athembewegungen des Brustkastens auf den Unterleib haben. Hier befördern sie nämlich, und zwar hauptsächlich durch die mit den Bauchmuskeln abwechselnden Zwerchfellsbewegungen, nicht nur die Fortschaffung des Magen- und Darminhaltes (des Speisebreies, der Excremente und Gase), sondern auch das Strömen des Speisesaftes, des Blutes und der Lymphe. Deshalb ist aber auch bei Unterleibsleiden (besonders bei Hämorrhoiden) das regelmäßige und kräftige Ein- und Ausathmen in reiner Luft weit mehr werth, als alle Arzneien, ja sogar mehr, als der bei Homöopathen und Allopathen so beliebte Schwefel.

Durch diese Thatsachen wird es nun wohl dem Leser klar geworden sein, daß die Bewegungen des Brustkastens beim Ein- und Ausathmen, welche auch mit dem Arbeiten einer Druck- und Saugpumpe verglichen werden können, für das Leben und die Gesundheit des Menschen ganz unerläßliche sind und daß man allen Grund hat, diese Bewegungen auch noch durch seinen Willen gehörig zu unterstützen, zumal bei sitzender Lebensweise und wenn Unordnungen im Leben und Strömen des Blutes, sowie in der Brust- und Bauchhöhle eingerissen sind. Daß man den Athmungsapparat in seiner Thätigkeit durch beengende Kleidungsstücke und falsche Körperhaltung (Krumm- und Schiefsitzen) nicht hemmen darf, versteht sich wohl von selbst. Auch kräftige man die Athmungsmuskeln sowohl durch zweckmäßige Turnübungen, wie durch öfteres, allmählich immer tiefer werdendes Einathmen und kräftiges Ausathmen.

Also fort mit dem Schwefelpulver, den Strahl’schen und Morrison’schen Pillen, dem Bullrich’schen Salze und Aepfelweine und hinaus in die Mailuft mit Euch, Ihr Obstructioner, Staatshämorrhoidarier, Sesselquetscher und Grillenfänger, und athmet täglich eine Zeit lang alle fünf oder zehn Minuten mehrere Male langsam recht tief ein und kräftig aus. Auch Sie, meine nervenschwachen und hysterischen Damen mit Ihren Thränen und Vapeurs, könnten öfters ohne Schnürleib langsam im schönen grünen Walde herumspazieren und dabei gehörig nach Luft schnappen, meinetwegen auch tief und herzlich seufzen. Kurz, Alles was Odem hat, athme auch ordentlich ein, sonst ist’s vor der Zeit mit dem Athmen aus.

Bock.


Im Busch.
Von Friedrich Gerstäcker.
(Fortsetzung.)

Tolmer winkte dem Matrosen, den Ankommenden in die Hütte zu rufen, denn war sein Camerad in der Nähe, so wurde er durch einen Lärm vor der Hütte gewarnt.

„So kommt doch herein damit,“ sagte Bill, „oder habt Ihr Angst, daß Ihr den Fußboden schmutzig macht?“

„Damit man nachher die Decken im Blute herumschmiert, nicht wahr?“ sagte der Buschrähndscher, der schon lange die Geduld verloren hatte. „Hölle und Verdammniß, da holt’s Euch selber,“ und mit einem Ruck warf er das Schaf vom Rücken ab auf den Boden nieder. Jetzt war aber auch keine Zeit mehr zu verlieren, und ehe er nur seine Muskete ordentlich fassen konnte, stand Tolmer draußen neben ihm, packte ihn um den Leib und schleuderte ihn zu Boden.

„Hülfe, John! Teu–,“ er sagte nicht mehr, denn Borris hatte ihm mit großer Geschicklichkeit ein Tuch in den Mund geschoben, jeden weiteren Aufschrei zu ersticken – aber zu spät. Tolmer’s rasch umherschweifender Blick erkannte eine dunkle Gestalt in den Büschen, die, wie sie erschienen, eben so auch wieder verschwand, und ärgerlich mit dem Fuße den Boden stampfend, rief er aus:„Das haben wir schlau gemacht – da geht der Hauptfuchs zum Teufel, und jetzt können wir den ganzen Busch von einem Ende zum andern umdrehen, ehe wir ihn wiederfinden.“

„Habt Ihr ihn gesehen?“ rief Borris rasch.

„Wie eine Erscheinung, gerade hinter jener Kasuarine,“ sagte Tolmer. „Aber nehmt den Vogel wenigstens einmal in die Hütte herein, daß wir sehen, was wir aus ihm herausbringen können.“

Das geschah. Der „lahme Tom“ machte aber, wenn sie auf seine Hülfe gerechnet hatten, ihre Hoffnung zu schanden, denn er beantwortete keine ihrer Fragen.

„Hol’ Euch der Böse,“ knirschte er in die Zähne, als man ihm das Tuch wieder aus dem Munde nahm. „Ihr seid Alle über Einen hergefallen, wie ein Rudel feiger Dingo’s über ein einzelnes Schaf, das ich war – jetzt macht mit mir, was Ihr wollt, aber laßt mich ungeschoren, denn verdammt will ich sein, wenn ich Euch auf weitere Sprünge helfe.“

Aus dem Burschen war in der That nichts weiter herauszubringen und Tolmer schickte ihn, in Handschellen und von zweien seiner Leute bewacht, zu dem Schooner hinunter. Die ihn transportirten, sollten dann so rasch als möglich wieder zurück zu der Rindenhütte kommen, hier die weiteren Anordnungen zu hören.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_288.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)