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verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

die Restauration erzeugte. Nachdem aber die Weltverhältnisse sich wieder anders gestaltet hatten (– lange nach der Mutter Tod, nämlich erst 1845 –), wurde sie vom Könige von Preußen mit dem Herzogthume Sagan belehnt.

Diese verschiedenen Lebensschicksale der Töchter ließen die Mutter, ganz abgesehen von den Kriegsereignissen, welche Europa durchbrausten, während des ersten Jahrzehends unseres Jahrhunderts kaum zu einen festen Wohnsitze gelangen. Dresden und Paris, im Sommer Karlsbad, Pyrmont, Eger, waren die wechselnden Aufenthaltsorte, also unter den damaligen Verhältnissen gerade solche Punkte, wo der kurländischen Herzogin sicherlich nicht vergönnt war, dem deutschen Leben näher zu treten. Löbichau war nach des Herzogs Tode gekauft worden, weil über den Besitz der Herrschaft Sagan mit dem Wartenberg’schen Zweige der Familie Biron ein erst viel später zu Gunsten der Herzogin entschiedener Proceß schwebte; und das Leben gestaltete sich auch noch zu vielbewegt, um dort an einen ruhigen Wittwensitz zu denken. Zugleich verlebte Elisa von der Recke, welche fort und fort durch Tiedge, Göcking, Tieck, Heun (Clauren), Winkler (Hell), Schilling u. A. mit der literarischen Welt Deutschlands in engen Beziehungen geblieben war, einen großen Theil dieses ersten Jahrzehends auf ihrem kurländischen Gute Pfalzgrafen, in der Schweiz, in Italien. Sie konnte also den Sinn der von den Weltverwickelungen und dem Weltleben lebhaft in Anspruch genommenen, überall gefeierten Schwester nicht auf das beinahe verstohlene Ringen der geistigen Kräfte unseres Vaterlandes hinlenken. Nichts spricht aus jener Zeit dafür, daß die noch immer schöne Frau, deren Geist und Anmuth fast ein Dogma der Fürstenhöfe war, aus den vornehmsten Kreisen und diplomatischen Interessen näher an die der Nation herangetreten sei. Erst nachdem Elisa von der Recke wieder nach Deutschland und Dresden zurückgekehrt war, während Napoleon’s Stern zu erbleichen und namentlich auch seine Freundschaft mit Alexander von Rußland zu erkalten begann, machte Dorothea von Kurland wieder stetigere Aufenthalte in Dresden, abwechselnd mit Karlsbad und Löbichau.

Frauen, welche durch ihr Vaterland mit Deutschland doch gewissermaßen nur in zweiter Linie verwandt waren, während ihr Leben sie außerdem in Kreisen gebannt erhalten hatte, in denen der Schmerz der nationalen Erniedrigung, wie das mächtig arbeitende Bedürfniß nach äußerer und innerer Befreiung keineswegs unmittelbar empfunden ward, solchen Frauen ist es wenigstens nicht als schwerer Vorwurf anzurechnen, wenn bei ihnen die Bewegung der Geister hauptsächlich blos in ihrer elegischen und sentimentalen Ausdrucksweise einen lebhaften Wiederhall fand. Es war dieselbe Stimmung, welche sich auch literarisch von der Wirklichkeit abwendete und in Unzufriedenheit mit derselben sich in die mittelalterliche Vergangenheit versenkte, dabei aber weniger deren rüstige Thatkraft, als ihre Gefühlsinnigkeit und Gläubigkeit in religiösen Dingen zum Vorbilde nahm. Arndt, Jahn, Görres und in anderer Weise der redegewaltige Fichte standen damals zwar nicht vereinsamt in der Nation, aber noch als isolirte Erscheinungen in der literarischen Welt. Die Hebung und sittliche Stärkung des Volksgeistes, welche von ihnen ausging, spiegelte sich in der ästhetischen Welt Deutschlands vor 1812 nur in einer gewissen Opposition gegen Schiller’s abstracte Idealität, obgleich die moderne Schule selber von dem bevorzugten Mittelalter ein sehr phantastisches und nebelhaftes Bild entwarf.

Aber das idealisirte Ritterthum, die Verklärung des Frauendienstes, der mystisch-freigeistige Katholicismus, welchen die romantische Schule auf ihr Schild hob, mußte allerdings für Frauen, welche in ihren speciellen Kreisen und Verhältnissen von der rauhen Wirklichkeit des Lebens hart genug verletzt und müde gehetzt waren, etwas besonders Verführerisches haben. Ueberdies war Tiedge, welcher bekanntlich der sentimentalsten Romantik angehörte, sowie dessen ganz in eleganter Religionsverklärung und psychologischer Deuterei verschwommene Freundin Elisa von der Recke die hervorragendsten Elemente, welche den Zusammenhang der Herzogin Dorothea von Kurland mit dem deutschen Geistesleben vermittelten. Selbst die freundschaftlichen Beziehungen, in welchen man mit dem elterlichen Hause Körners stand, scheinen weniger den dort herrschenden ernstnationalen Geist zur Anerkennung der kurländischen Schwestern gebracht, als deren freundliche Teilnahme für die immerhin mehr dilettantischen Kunstbestrebungen des Körner’schen Familienkreises erweckt zu haben. Sogar Theodor Körner, damals freilich noch ein sehr phantastischer und den conventionellen Formen wenig befreundeter Student, scheint bei den kurländischen Damen wenig Beachtung gefunden zu haben. Erst später wurden ihm bei flüchtigem Besuche in Löbichau huldigende Aufmerksamkeiten zugewendet.

(Schluß folgt.)




Des Menschen Lebens- und Gesundheits-Pumpe.

Leben und Gesundheit kann nur dann bestehen, wenn innerhalb unseres Körpers die Ernährung in allen, auch in den kleinsten Theilen gehörig vor sich geht, d. h. wenn alle unsere Körperbestandtheile sich fortwährend erneuern, nachdem sie eine Zeit lang thätig waren und nun abgenutzt zu Grunde gingen. Dieses immerwährende Sichverjüngen und Absterben (Mausern) unserer Körperbestandtheile, was auch „Stoffwechsel“ genannt wird, kommt zunächst mit Hülfe des Blutes zu Stande, welches innerhalb der Adern alle Theile unseres Körpers durchströmt und denselben, während es in den sogenannten Haarröhrchen langsam durch die Gewebe hindurchfließt, ebensowohl immerfort neues Material zum Verjüngen derselben abgibt, wie auch die alten, abgestorbenen Gewebstheile (Mauserstoffe) in sich aufnimmt und hinwegführt. Hiernach ist eine Hauptbedingung zur Unterhaltung des Lebens und Gesundseins die, daß Blut alle Theile unseres Körpers recht ordentlich durchströmt (der Blutkreislauf). Natürlich muß das Blut nun aber alles Material, welches es zum Neubau unserer Organe zu liefern hat, auch wirklich besitzen. Dieses Material erhält es aber von der Außenwelt durch nahrhafte Speisen und Getränke, aus welchen mit Hülfe des Verdauungsprocesses das Nahrhafte (Speisesaft) gezogen und zur Aufnahme in das Blut geschickt gemacht wird. Gleichzeitig mit der Zufuhr neuen Baumaterials in das Blut werden aus diesem hier und da (durch die Haut, Leber, Nieren, Lungen) die Mauserstoffe ausgeworfen, so daß also auch das Blut selbst einer fortwährenden Verjüngung und Mauserung (Neubildung und Reinigung) unterliegt. Diese zum Leben und Gesundsein ganz unentbehrliche und fortwährende Umwandlung des Blutes kommt nun aber blos durch die Lebensluft (d. i. der Sauerstoff) der atmosphärischen Luft zu Stande, und diese wird mit Hülfe des Athmungsprocesses innerhalb der Lungen in das Blut geschafft, wo dieselbe außerdem auch noch zur Entwickelung der Lebenswärme dient.

Luft! Luft! Luft! und zwar reine gute Luft muß immerfort geathmet werden, möchte man nicht blos den Laien, sondern auch den Aerzten tagtäglich zurufen. Reine, freie und frische Luft ist das Hauptmittel nicht nur zur Erhaltung der Gesundheit, sondern auch zur Wiedergenesung von Krankheiten. Der Mangel an guter Luft in den Wohnungen, zumal in den Schlaf- und Krankenzimmern, in den Geschäfts- und Arbeitslocalen, der ist es, welcher so vieles Siechthum unter der jetzigen Menschheit erzeugt. Essen und Trinken ohne gute Luft nützt nichts, auch wenn es noch so nahrhaft wäre.

Was ist’s also, was Leben und Gesundheit (oder: die richtige Ernährung, den naturgemäßen Stoffwechsel) innerhalb unseres Körpers aufrecht hält? Es ist ein durch gute Nahrung und gute Luft, sowie durch gehörige Reinigung gut erhaltenes Blut, was ordentlich durch unsern Körper strömt. Und auf alles Dieses nun, ebenso auf die Blutbildung wie auf den Blutlauf, übt ein Apparat unseres Körpers durch seine Thätigkeit den allergrößten Einfluß aus; es ist dies noch dazu ein Apparat, der, obschon er Tag und Nacht ohne unsern Willen fortarbeitet, doch auch willkürlich von uns in seiner Arbeit unterstützt werden kann, der aber leider anstatt der Unterstützung meistens nur Hindernisse von unserer Seite findet. Es ist dieser Apparat: der Athmungsapparat (d. i. der Brustkasten mit seinen Muskeln, die Luftröhre und ihre Aeste, und die Lungen mit den Brustfellen; s. Gartenl. 1853. Nr. 16).

Der Brustkasten, welcher hinten von 12 Wirbeln, seitlich von den 24 Rippen und vorn vom Brustbein gebildet ist und in seiner Höhle (Brusthöhle), neben großen (Blut- und Lymph-)Gefäßen

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