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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Bei günstiger Witterung verwendet man aber auch hundert Arbeiter zugleich. Thau oder Regen machen das Eis für den Verkauf untauglich, indem es hierdurch undurchsichtig und porös wird, und wenn nach dem Regen Schnee fällt und wieder Frost eintritt, so entsteht „Schnee-Eis“ welches werthlos ist und mit einer „Plane“ fortgeschafft werden muß. Dieses Instrument – eine Art Hobel – läuft, von einem Pferde gezogen, in den vom „Marker“ gemachten Einschnitten und schabt das Eis bis zu einer Tiefe von 3 Zoll ab. Sollte sich das Eis noch nicht rein zeigen, so wird dieses Verfahren wiederholt. Ist das Eis zu dünn geworden, so muß es im „statu quo“ gelassen werden, und es genügen wenige Nächte mit starkem Froste, um das unten zu ersetzen, was oben weggenommen ist.

Um den Verbrauch des Eises in den Eishäusern am See und in den Städten zu ersetzen, füllt die Compagnie eine große Menge von besonderen Vorrathshäusern während des Winters mit Eis, welches mittelst Eisenbahn befördert wird. Es wird einem Jeden einleuchten, daß der Aufwand für Werkzeuge, Vorrathshäuser, Arbeiter und für die Erhaltung der Eisenbahn sehr groß ist, aber der Handel ist so umfangreich und die Verwaltung desselben so ausgezeichnet, daß das Eis, selbst in England, zu einem sehr niedrigen Preise bezogen werden kann.

Der Pflug.

Wir haben bis jetzt nur eine unvollkommene Idee von der verschiedenen Anwendung des Eises, sowie von der besten Methode, es aufzubewahren. Den Amerikanern gehört Eis zum unerläßlichen Hausbedarf. Sie würden ihre häuslichen Arrangements für durchaus unvollständig erachten, wenn ihnen ein „Refrigerator“ oder ein tragbares Eishaus fehlte, in welchem sie ihre etceteras zum gelegentlichen Gebrauche aufbewahren können. Der „Refrigerator“ ist mit durchlöcherten Bretern versehen, um Kühlung durchzulassen, indem unter denselben sich das Eis befindet. Auf diese Breter stellt man Weinflaschen, Früchte und Lebensmittel aller Art, welche sich, ohne mit dem Eise in Berührung zu kommen, in einer niederen Temperatur befinden und dadurch erhalten werden. Die Kiste ist wie ein großes Eishaus construirt, besteht aus einem Doppelboden, hat Doppelseiten und einen Doppeldeckel, ausgefüllt mit Nichtleitern, wie Sägespähnen oder Holzkohlenasche. In dieser Kiste verwahren die Hausherrn Amerika’s während der warmen Jahreszeit ihre Früchte, Fleisch und Lebensmittel aller Art, so daß sich diese sogar mehrere Wochen erhalten. Ein Stück Eis von einigen Pfunden, in den Boden des „Refrigerator“ gelegt, genügt, um dessen Inhalt für einige Tage in einer Temperatur zu erhalten, welche nur wenig über dem Gefrierpunkte ist.[1]

Das amerikanische Eis eignet sich wegen seiner vorzüglichen Reinheit ganz besonders für den Tafelgebrauch, und wird daher auch allgemein angewendet, um Wasser und Milch zum Trinken damit zu vermischen, um Weine und Spirituosen zu verdünnen und um Butter und Eingemachtes frisch zu erhalten. In unsern Hotels, Weinhäusern und Conditoreien bereitet man im Sommer die beliebten und berühmten amerikanischen Getränke eben sowohl für die durstigen Reisenden als für die erhitzten Fußgänger in der Stadt den „Sherry Cobbler“ und „Mint Julep“, deren Recepte ich den geehrten Lesern mitzutheilen mir erlaube.

Die Säge.

Ein Sherry Cobbler. Hierzu nimmt man 1 Glas Wein und ½ Glas Sherry, 2 Theelöffel voll gestoßenen weißen Zucker, ein paar Stückchen Citronenschale, füllt den Becher mit zerstoßenem Eise, gießt den Inhalt aus einem Becher in den andern, bis der Zucker aufgelöst ist.

Ein Mint Julep. Hierzu nimmt man zu gleichen Theilen Rum und Branntwein (Zucker wie vorher), anstatt Citronenschale Krauseminzeblätter; gemischt und getrunken wie der Cobbler.




Westphälische Erinnerungen.
Mitgetheilt von Heinr. König.[2]
2. Geheime Polizei.

Wir berühren in unserer Erinnerung an eine schmachvolle Zeit deutscher Erniedrigung heute einen Gegenstand, der uns leider abermals belehrt, daß es Deutsche waren, die in schmählicher Selbstvergessenheit die Absichten der Eindringlinge auf jede Weise förderten – mit andern Worten, daß französische Polizei am besten von deutschen Subjecten bedient wurde.

Wir sind hier unter uns, in einer vertrauten Gartenlaube: – gestehen wir uns, was ja schon mehr ausgesprochen worden, – es ist mitunter etwas Hündisches in der deutschen Natur, wie ja selbst auch die gerühmte deutsche Treue nicht selten eine etwas hündische war. Keine Nation kann sich an Umfang und Tiefe der Naturbegabung mit der deutschen messen, und keine besitzt so wenig nationalen Stolz, keine andere gibt sich mehr dazu her, die Fremden zu umwedeln.[3] In welchem Bade oder Gasthof begegneten wir nicht alle Tage verzwickten deutschen Reisenden, die lieber schlecht französisch oder englisch belfern, als gut deutsch reden! Und haben wir es nicht neulich erlebt, daß deutsche Veteranen, die einst zu der Münze gehörten, in welcher der Rheinbund an den großen Bewältiger zur Bestreitung seiner Eroberungen die drückende Hundesteuer bezahlte, sich jetzt um das Anhängsel, um das Zeichen der wirklich bezahlten Steuer bemühten?

Die geheime Polizei in Westphalen, in Verbindung mit ihrem Vorbilde, der französischen Polizei, war sehr verzweigt und – man darf auch sagen – verwurzelt, da ja doch die Wurzeln der Bäume eigentlich unterirdische Zweige sind. Die 900 Gensd’armen des Königreichs hatten die gemessenste Instruction im Interesse der geheimen Polizei. Bei dem geringsten Verdacht, auf die frivolste Denunciation hin, fanden die rücksichtslosesten Haussuchungen statt. Lüderliche Ehefrauen, verworfene Weibsbilder, Drehorgelspieler und Bänkelsänger standen im Dienste der Polizei. Es gab in der Schloßstraße in Kassel ein Gesindevermiethungscomptoir unter Leitung der Polizei, um mittelst der dienenden Personen in das Innerste der Familien zu dringen. Am Polizeilocal am „Steinweg“ war neben dem Eingangsthor eine Oeffnung angebracht, durch die man, ohne selbst bemerkt zu werden, heimliche Anzeigen einwerfen konnte. Es diente zur Erleichterung der Angeberei, die sonst vielleicht noch ein wenig blöde oder verschämt gewesen wäre, und auf diesem Wege nicht unverschämt zu werden brauchte. Im Hinterbau der Polizei bestand ein verschwiegenes Cabinet, wo geheime Briefe beantwortet

und die Postcorrespondenz geöffnet wurde. Der Generaldirector der

  1. In Leipzig existiren derartige „Eisschränke“ bereits auch und werden in dem Möbelmagazin von Jage in verschiedenen Größen verfertigt. Herr Felsche, der bekannte Besitzer des Café français, liefert täglich das nöthige Eis dazu.
  2. Siehe Jahrgang 1858. Nr. 46.
  3. Nationaler Stolz? Man macht der deutschen Nation stets diesen Vorwurf, ohne zu bedenken, daß bei den vielen „Maßregelungen“, mit denen von oben herab jeder Nationalregung in’s Gesicht geschlagen hat, das Erstarken eines Stolzes doch geradezu eine Unmöglichkeit war. Sollen wir – um nur von der Neuzeit zu sprechen – an die Versteigerung der deutschen Flotte, an die schleswig-holstein’sche Schmach, an das bleiche Erschrecken deutscher Cabinete vor den Noten und Arroganzen irgend eines – – – Abenteurers erinnern? Wo soll unter solchen niederdrückenden beschämenden Eindrücken noch der Stolz herkommen? Es gehört die Zähigkeit, die unendliche Hingebung und Vaterlandsliebe des deutschen Volkes dazu, um das Alles zu vergessen und Gut und Blut anzubieten, wie es in den jüngsten Tagen geschah, wo es galt, die Frechheit und Anmaßung des Auslandes in die Schranken zurückzuweisen.      D. Redact.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_273.jpg&oldid=- (Version vom 10.5.2023)