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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859)

Verwendung des Prinzen Eugen „wegen seiner treu geleisteten Dienste“ das Prädicat als „Geheimer Legationsrath“ mit erhöhtem Gehalte, und zwei Jahre später war er ein so wichtiger Mann in Wien, daß ihm der zwölfjährige Czar Peter II. den Alexander-Newsky-Orden, begleitet von einem schmeichelhaften Handschreiben des allmächtigen Fürsten Menschikoff, durch Staffette überschickte. Diese große Auszeichnung läßt uns ahnen, von welcher Wichtigkeit die Dienste sein mußten, welche der glückliche Parvenu aus Gotha sich um Personen vom höchsten Rang erworben.

Die Memoiren der Berliner Akademie sagen über diese Periode seines Lebens: „Gotters Lage in den Jahren, über die wir soeben berichtet, gewährte einen ungemein heitern Anblick. Wenn es sich um einen verächtlichen Emporkömmling handelte, wir würden nicht weiter von ihm reden; aber kann man einen Mann ohne Wohlgefallen sehen, der seiner Pflicht mit Auszeichnung genügt und sich der allgemeinen Zuneigung bemächtigt, einen Mann, der, weit entfernt, die seiner Erhöhung entgegenstehenden Hindernisse stürmisch zu durchbrechen, vielmehr durch die einstimmige Zustimmung derer, welche sie verleihen, zu den großen Stellen emporgehoben wird, und, was nicht weniger selten ist, ohne das neidische Murmeln irgend eines Mitbewerbers zu erregen? Gotter hatte eine Eigenschaft, die vor jeder andern die Herzen gewann, er war verbindlich und dienstfertig über allen Ausdruck. Sich an ihn wenden, ihn um etwas bitten, und den Erfolg davon sehen, war in allen möglichen und zulässigen Fällen gewöhnlich eine und dieselbe Sache. Wie hätte man sich nicht allgemein für einen Mann interessiren sollen, der sich so großmüthig zu Gunsten Aller interessirte, welchen seine Gefälligkeiten nützlich sein konnten?“

Zwei Mittel und Wege, wie der gefeierte und gehätschelte Libertin der höhern Gesellschaft die großen Summen erwarb, durch deren generöse Verausgabung er nicht nur seiner Neigung zu fürstlichem Großleben genügte, sondern auch seine Stellung sicherte und sich die Laufbahn zu noch höhern Zielen eröffnete, zwei Mittel und Wege des Gelderwerbs, welche die Lobrede der königl. preußischen Akademie verschweigt, hat mir die Familientradition überliefert. Von dem einen habe ich schon gesprochen, von der schier fabelhaften Gunst hochgestellter Frauen, deren Herzen nicht nur, deren Cassetten ihm auch stets offen standen, und die sich bewetteifert haben sollen, seinen kleinen Verlegenheiten abzuhelfen. Das zweite ist seltsamer und ungewöhnlicherer Natur, zeigt aber, welch ein gewandter Kopf Gotter war, der Welt und Menschen kannte, und der sich so zu geben wußte, daß die Benützung auch dieses Mittels seine glänzende Stellung nicht beeinträchtigte, und selbst die Spötter in zustimmende Lacher verwandelte. – Gotter soll nämlich einen sehr einträglichen Weinhandel getrieben haben. Er entnahm die Weine aus italienischen Waarenhandlungen, und verkaufte sie seinen Gönnern und Freunden mit beträchtlichem Gewinn. Es gehörte eine Zeit lang in Wien zum guten Ton, Gotter’schen Wein auf die Tafel zu setzen.

Genug, alle Berichte stimmen darin überein, daß der Baron Gotter in Wien der schönste, liebenswürdigste, gewandteste, zärtlichste Held in Amors süßen Kämpfen, der gefeiertste Liebling der vornehmsten Frauenwelt per Kaiserstadt, der schlaueste Kopf, der gefälligste, dienstfertigste Menschenfreund, der beliebteste und großmüthigste Lebemann und Günstling der Großen und aus all diesen Gründen der gefeiertste Glücksritter seiner Zeit war.

(Schluß folgt.)




Die Perlen.
Von E. A. Roßmäßler.
Erste Hälfte: Innerer Bau und Entstehung der Perlen.

Es gibt dem bewußten Leben einen neuen Reiz, wenn man den Quellen nachforscht, aus denen die Mittel zu seiner Befriedigung fließen. Dieser Reiz muß sich zum Kitzel steigern, wenn es sich um jene Quellen handelt, welche dem Leben die eingebildeten Werthe der Prunksucht liefern. Wahrscheinlich aber mögen die, ich nenne sie nicht die Bevorzugten, welche den köstlichen Schaum des Lebens für sich abschöpfen, selten daran denken, sich auch diesen Kitzel zu verschaffen; wenn sie ihr Geschmeide anlegen, fällt es ihnen wohl nicht ein, sich an die Ursprungsstätten und an die mühselige Herbeischaffung zu erinnern. Und in welch grellem Contrast stehen jene oft mit diesen! Gibt es ein sprechenderes Bild der keuschen Reinheit und der einfachen Schönheit, als die Perle? Und in welchem Contraste steht damit alles Das, was sich an ihre Gewinnung knüpft!

Nicht leicht aber auch möchte irgend etwas gleich sehr, wie die Perle, den Menschen aller Himmelsstriche für sich gewonnen haben. Für das Höchste, Edelste, Reinste wissen wir keinen ausdrucksvolleren Vergleich, als die Perle. Es ist gewiß bezeichnend und für die Anschauung der Menschen ein schönes Lob, daß wir die Diamanten wohl im Geldwerth höher halten, aber näher unserer Verehrung für das Reine steht die Perle. Ich nannte dies ein schönes Lob, und ich glaube einfach an das Gefühl jedes Lesers appelliren zu können. Das geläuterte Urtheil des Sittlichsten hätte kein besseres Gleichniß finden können, als die in sanftem Licht und warmem Farbenton – während doch sonst das Weiß fast immer kalt ist – strahlende Perlenkugel. Wir finden aber diese Hochhaltung der Perle nicht blos bei den gebildeten Völkern, sondern nicht minder bei den schlichten Kindern der Natur.

Darum knüpfen sich auch an die Perle, wozu ihre räthselhafte Entstehungsweise nicht wenig beitrug, eine Menge Sagen und abergläubische Verirrungen. Für uns mag sie jetzt ein Stündchen der Gegenstand einer allseitigen Betrachtung sein. Außer einigen eigenen Untersuchungen benutze ich dabei die ausgezeichnete Arbeit von Dr. K. Möbius in Hamburg: „Die echten Perlen. Ein Beitrag zur Luxus-, Handels- und Naturgeschichte derselben. Mit einer Kupfertafel. (Hamburg bei Nolte und Köhler. 1858.“ Auf diese allgemein faßlich und schön geschriebene Arbeit verweise ich diejenigen meiner Leser und Leserinnen, welche mehr von den Perlen wissen wollen.

Oft hört man die Frage nach der Entstehungsweise der Perlen aufwerfen. Ich glaube sie also zunächst beantworten zu müssen, wenn es auch zur Zeit noch nicht mit wissenschaftlicher Erschöpfung geschehen kann.

Vorher aber muß daran erinnert werden, daß uns Binnenlandsbewohnern die Naturgeschichte der Perlen nicht so fern liegt, wie die tropischen Meere, denn auch unsere Flüsse und Bäche, ja unsere Lachen und Teiche bergen mehrere Muscheln, welche schöne Perlen liefern. Auch die Meerperlen stammen nicht alle von einer, sondern von verschiedenen Muschelarten.

Ein Blick auf eine geöffnete Auster lehrt uns die Einfachheit des Baues der Muschelthiere kennen, und in den wesentlichen Punkten stimmen alle die zahlreichen Arten dieser Thiere mit der Auster überein. Die beiden Schalen, welche das Gehäuse der Muschelthiere bilden und das Thier wie die zwei Pappendeckel das Buch umschließen, sind innen zunächst von zwei nur locker aufgehefteten Häuten ausgekleidet, die zusammen den Mantel bilden, weshalb man die Muschelthiere auch Mantelthiere, Palliaren, nennt. Beiderseits vom Mantel bedeckt, folgt dann der einfache fleischige Körper des Thieres, an dem man einen zungenförmigen oder auch meist keilförmigen – daher auch Beilfüßler, Pclekypoden – sehr dehnbaren Theil, den Fuß, unterscheidet. Einen Körpertheil, den man Kopf nennen könnte, sucht man vergeblich, daher denn diese Thiere zuweilen auch den Namen Akephalen, Kopflose, führen. So eigenthümlich sind die Thiere beschaffen, welche uns die köstlichen Perlen liefern. Wir sehen Fig. 1. eine columbische Perlenmuschel, Avicula squamulosa, von welcher die rechte Schale hinweggenommen ist, so daß das Thier in der linken wie in einem Teller liegt. Das Thier bedeckt die Schale nicht mehr ganz, denn es hat sich im Tode bedeutend zusammengezogen, wie es auch die aufgebrochenen Austern thun. Oben, SS, sehen wir den geraden Ober- oder Schloßrand der Muschel, der dem Rücken eines Buches entspricht und an welchem die beiden Schalen durch das elastische Schloßband verbunden sind. Das ganze Thier finden wir von der rechten Hälfte des Mantels bedeckt, dessen Rand, R, sich etwas verdickt zeigt. Bei M liegt der Schließmuskel, welcher die Schalen durch seine Zusammenziehung schließt, während das Schloßband sie zu öffnen strebt, so daß das Oeffnen und Schließen der Muschel durch das Gegeneinanderwirken des Schloßbandes und des Schließmuskels bewerkstelligt wird. Daher öffnet sich nach dem Tode des Thieres die Muschel stets von selbst, indem der nicht mehr wirksame Schließmuskel das

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1859). Leipzig: Ernst Keil, 1859, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1859)_095.jpg&oldid=- (Version vom 20.3.2023)