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verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

doch während der letzten 50 Jahre belief sich noch immer der jährliche Bedarf der Hacienda’s im Chancaythale auf 25 bis 30,000 Scheffel, die vorzüglich auf den Chinchainseln gegraben wurden.

Die Art, wie der Guano in Peru zum Dünger, besonders der Maisfelder, gebraucht wird, ist noch ziemlich unbekannt und dürfte wohl manchen Leser interessiren. Wenige Wochen nach dem Emporkeimen wird neben jedem Wurzelstocke ein kleines Loch gegraben, eine Prise Guano hineingethan und dann mit Erde zugedeckt. Höchstens zwölf bis achtzehn Stunden später wird das ganze Feld unter Wasser gesetzt und einige Stunden so gelassen. Von weißem Guano nimmt man weniger und bewässert darauf länger und schneller. Die Wirkung ist unglaublich rasch; schon nach wenigen Tagen erreicht die Pflanze das Doppelte ihrer früheren Höhe. Wird das Düngen später mit einer geringen Quantität wiederholt, so übertrifft die Ernte um das Dreifache diejenige, die auf einem nicht gedüngten Acker gewonnen wird. Das gleichförmige Klima an einer Küste, wo es niemals regnet, trägt viel dazu bei, daß der peruanische Guano einen schärfern Dünger gibt, als der afrikanische, weil bei jenem weniger Salztheile aufgelöst und verflüchtigt werden.

Der Eissturmvogel.

Reißend schnell nimmt der Gebrauch des Guano’s im westlichen Europa zu. Auf der Iquique-Insel bedeckte eine dreißig Fuß dicke Schicht eine Fläche von 220,000 Quadratfuß: in 27 Jahren war sie abgetragen. Viele kleinere Inseln sind schon rein ausgeplündert. 1854 wurden 250,000 Tonnen, in den drei ersten Monaten des folgenden Jahres 80,000 Tonnen auf den Chincha-Inseln ausgegraben und die jetzige Ausfuhr beträgt gewiß nicht weniger, als eine halbe Million. Der Antwerpener Agent des Londoner Hauses Gibbs und Co, welches schon seit vielen Jahren das Monopol der Guano-Ausbeute auf den Chincha-Inseln besitzt, erhält allein jährlich ein paar hundert Ladungen und lebt wie ein Fürst von den Procenten, welche der Vogeldünger ihm abwirft. Das Einkommen seiner Principale wird auf wenigstens 100,000 Pfd. Sterling geschätzt. Die Verdauungsproducte der Sula tragen der peruanischen Regierung größere Summen ein, als alle Silberschätze von Cerro di Pasco, und der Transport derselben beschäftigt unstreitig eine größere Handelsflotte, als diejenige war, die im vorigen Jahrhundert sämmtliche Verbindungen zwischen Spanien und allen seinen Colonien unterhielt.

„Die Chincha-Inseln,“ sagt Castelnau, „sind ganz wüste und pflanzenleer; ihr Granitboden zeichnet sich deutlich durch seine Farbe von der dicken Guano-Schicht ab, welche ihn bedeckt und deren Oberfläche von weitem wie Schnee aussieht. Die steilen, senkrecht abgeschnittenen Ufer erschweren das Landen, erleichtern aber zugleich die Gewinnung des Produktes, denn die Fahrzeuge ankern unmittelbar neben den Brüchen, und man hat weiter nichts zu thun, als den Guano durch einen langen Schlauch in den Schiffsraum hinablaufen zu lassen. Man gräbt an drei nahe bei einander liegenden Stellen, und der Reisende braucht nur die ungeheueren Lager mit der Kleinheit der in einiger Entfernung kaum wahrnehmbaren Aushöhlungen zu vergleichen, um sich von der Unerschöpflichkeit der Vorrathes zu überzeugen.

„Ein paar Hütten sind auf dem Eilande errichtet worden, wo unter ammoniakalischen Düften einige peruanische Beamte und Soldaten die Ausbeute der Guano-Schätze überwachen.“




Die Privat-Irrenanstalten.
Von Dr. juris Thesmar in Köln.
(Fortsetzung.)


Schreiben des Mechanikus Franßen in Xanten. – Grauenerregende Behandlung der in der Lindenburg Eingesperrten. – Der Wärter Hermann Schütz. – Mißhandlung eines achtzigjährigen Greises. – Schuhmacher in Königsberg.

Jenes Schreiben rührt von dem Mechanikus Wilhelm Franßen aus Xanten her, den seine Bekannten übereinstimmend als einen sehr gebildeten und wahrhaftigen Mann schildern; sein Brief scheint dieses Zeugniß zu bekräftigen. Jenes Schreiben vom 15. September c. lautet unter Weglassung der bittersten Stellen, für welche demselben die erlittenen Qualen zur Entschuldigung gereichen mögen, wörtlich wie folgt:

„Sehr geehrter Herr Doctor! Da ich aus der heutigen Nummer 256 der Kölnischen Zeitung ersehe, daß Sie sich der Sache des Herrn H. (Heesmann) von Köln angenommen haben und, wie es scheint, sich für das Schicksal des armen Irren interessiren, so dürfte es Ihnen vielleicht nicht unangenehm sein, durch einen Augenzeugen bezüglich dieses Gegenstandes einen kleinen Beitrag zu erhalten. Ich hatte selbst das Unglück, im August 1855 nach der Lindenburg gelockt zu wenden, und schmachtete fünf Vierteljahre darin unter den schrecklichsten Foltern. Die Kölnische Zeitung brachte kürzlich mehrere Artikel aus China und Indien, und wußte wahrscheinlich nicht, daß sie dicht in der Nähe von Köln hinreichenden Stoff zu ihren Declamationen hätte finden können. Was meinen Namen und meine Person betrifft, so kann Ihnen Herr H. darüber Auskunft geben, und will ich es Ihnen anheimstellen, sich mündlich näher zu informiren, wenn Sie es für gut halten sollten.

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verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1858, Seite 725. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_725.jpg&oldid=- (Version vom 13.12.2020)