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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

ist. Man übersieht dabei, daß schon die Beine des Thieres durch ihre Form verrathen, wie wenig es solchem Kampfe gewachsen ist. Nach den Berichten des Löwentödters Gerard in Algier ist dort die Hyäne nicht gefürchtet, sondern verachtet, gleichwie die Jagd auf sie, und alle Schilderungen von wahrheitsliebenden Reisenden scheinen damit überein zu stimmen. Ein neuerer Reisender in Südafrika, Livingstone, hat sie des Schießens gar nicht werth erachtet, sondern einen ganzen Trupp in die Flucht gejagt, indem er der vordersten den Feldstuhl an den Kopf warf. Diese Verachtung des Thieres ist auch nichts Auffälliges. – Nur todte oder sterbende Thiere fallen der Hyäne zur Beute, denn sie hat schwerlich den Muth, einen wirklichen Kampf zu bestehen. Die auf Schlachtfeldern, auf den Wegen der Karawanen, in den orientalischen Städten liegenden Leichen sind ihr, gleichwie des Geiers Futter. Dazu hat sie ihr starkes Gebiß, aber nicht zum Kampfe. Auch sind die Beobachtungen in Menagerien stets geeignet, den Glauben an ihre Furchtbarkeit umzustoßen. Das „Dressiren“ hat, so weit ihre Intelligenz dazu reicht, jedenfalls in Bezug auf ihre Gefährlichkeit nicht viel Schwierigkeit, natürlich ist es aber im Interesse der Menageriebesitzer, dies dem Publicum zu verhehlen und im Gegentheil das Thier so furchtbar als möglich zu schildern. Außerordentlich häufig muß übrigens die gestreifte Hyäne in ihrer Heimath sein, denn in jeder, fast selbst der kleinsten Menagerie hat man Gelegenheit, das widerliche Thier, das das Gepräge seiner Lebensweise schon im Aeußeren trägt, zu sehen.

Tiger- und Löwenportraits aus dem zoologischen Garten in Berlin.

Durch die meisten deutschen Zeitungen ging im letzten Frühjahr die Nachricht, daß drei Wölfe aus dem zoologischen Garten zu Berlin ausgebrochen waren. Einer davon wurde in Charlottenburg erschossen, die andern hatte man, den einen sogar noch im Garten, wieder eingefangen. Man mußte geneigt sein, zu glauben, daß den Thieren die Flucht nur durch die nachlässig verschlossene Käfigthüre möglich gewesen sein konnte. Dem war aber nicht so, sondern sie hatten sich unter den Steinen, welche das Fundament ihres Eisengitters bilden, durchgewühlt und die etwa lockern Steine herausgebrochen. Der Aufruhr, welcher in dem gerade sehr zahlreich besuchten Garten entstanden war, und die lärmende Verfolgung hatte die Thiere so scheu gemacht, daß, wie schon gesagt, nur einer nach starker Gegenwehr von dem Wärter im Garten selbst konnte ergriffen werden; die andern übersprangen die an vielen Stellen defecte Umfassungsplanke und flohen, der eine dem Tode entgegen nach Charlottenburg, der andre, immer verfolgt, bis in den botanischen Garten. Dort, durch einen Teich schwimmend, empfing er am Ufer von einem auf ihn wartenden Gartenarbeiter einen Schlag auf den Kopf, der ihn leblos niederstreckte. Gebunden und zurücktransportirt, hat er sich aber vollkommen wieder erholt, und befindet sich nebst dem andern Zurückgebrachten wieder im alten Käfig. Ganz freundlich die Zähne fletschend geht der eine immer an seinem Cameraden vorüber, welcher vielleicht über neuen Fluchtplänen brütet.

Nach den Versicherungen der Wärter übrigens würden die Flüchtlinge wahrscheinlich ohne große Schwierigkeit von selbst wieder in ihren Behälter zurückgekehrt sein, wenn sie nicht der entstandene Lärm scheu gemacht hätte, wie denn z. B. einer der bereits erwähnten flüchtig gewordenen Bären gleichfalls sich wieder freiwillig in seinen Zwinger zurückbegab.

Der Anblick des Wolfes ruft gewiß bei Manchem das alte und doch immer noch anziehende Thema von der Abstammung des Hundes, überhaupt unserer Hausthiere wieder wach. Obgleich die Zähmung des Hundes ein Stück Culturgeschichte ist, so existirt doch, wie es scheint, dafür lediglich die nackte Thatsache. Ueber das Wie, Wann, Wo und ob das Urthier wirklich ein Wolf ist, wie Manche wollen, scheint wenigstens bis jetzt Gewisses noch gar nicht zu bestehen. Ebenso geht es mit den meisten, insbesondere den wichtigsten unserer andern Hausthiere. Bewundernswürdig ist jedenfalls, daß das Menschengeschlecht schon in den ersten Anfängen seiner Entwicklung dieselben Thiere mit sicherm Blick gefunden und zu seinen Zwecken gezähmt hat, welche auch noch jetzt bei den enorm entwickelten Culturverhältnissen die unentbehrlichen sind und voraussichtlich bleiben werden. Alle neuern Versuche, der seit Jahrhunderten festgestellten Zahl unserer Hausthierarten neue hinzuzufügen, scheinen zu scheitern und nur die Ausbreitung der alten zu glücken, und es muß daher der Eitelkeit des Menschen schwer werden, sich von der Ansicht zu trennen, daß gerade diese Thierarten ganz extra für ihn geschaffen seien.

Wir sehen noch die Beutelratte, den berühmten Ichneumon, dessen intimes Verhältniß zu den Krokodileiern auch bereits durch den Afrikareisenden Brehm auf Null reducirt ist, den Luchs mit seinen feinen Ohrpinselchen, und außer einer Himalayakatze noch[WS 1] zwei junge wilde Katzen aus dem Harz.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 689. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_689.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)