verschiedene: Die Gartenlaube (1858) | |
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emporragend, geht gleichwohl nicht tiefer, als 30 Zoll, so daß es leicht, wie eine Wasserspinne, auf die seichtesten Stellen kriechen und dort sitzengebliebene oder gewrackte Schiffe erlösen kann. Zwei Dampfmaschinen bewegen die Füße dieser Spinne, eine große Menge lange, kleine Ruder, die nur einige Zoll tief eintauchen und durch ihre Menge und ihren gleichmäßigen Schritt eine Triebkraft ausüben, daß sich das Ganze nöthigenfalls schneller bewegen kann, als das erste ordinäre Dampfschiff. Die beiden Ruderdampfmaschinen haben 320 Pferdekraft, die Hebemaschinen 60. Das ganze Bauwerk, gleich einem Schiffe von 5000 Tonnen, kostet 45,000 Pfund. Es soll, wie man hofft, mindestens zwei Drittheile der 15 bis 20 Millionen Thaler, die jährlich allein an den englischen Küsten durch Schiffbrüche in´s Wasser fallen, wieder herausholen. Im Kleinen hat man schon die glücklichsten Versuche damit gemacht; die Anwendung im Großen ist in der alten Welt noch neu, aber in der neuen Welt alt. In Amerika holt man nicht nur seit langer Zeit gesunkene Schiffe mit solchen Derricks aus der Tiefe, sondern braucht sie auch bei großen Wasserbauten zur Hebung, Versenkung und Placirung ungeheuerer Steinblöcke, eben so in Häfen und auf dem Lande statt gewöhnlicher Krahne. 16 See-Derricks von Holz, mit einer Hebekraft von 2300 Tonnen, arbeiten in den Gewässern um und in Amerika schon seit Jahren mit dem größten Erfolge. Zwei solche Derricks haben bereits 400 gesunkene oder gestrandete Schiffe gehoben und gerettet, außerdem über 300 große Dampfmaschinen in neue Schiffe gehoben und placirt.
Vor einiger Zeit ging das weiland berühmte Schiff Ericsson von 2300 Tonnen, das den Dampf vertreiben und alle Maschinen mit heißer, verdünnter Luft bewegen wollte, in aller seiner Herrlichkeit und Schwere an der Küste von Neu-Jersey unter und wurde von einem dieser Derricks aus dem Grabe geholt, flott gemacht und dem Leben und Streben, sich von heißer Luft zu nähren, wiedergegeben.
Bisher hat man manches untergegangene Schiff durch Taucher noch auszubeuten gesucht, aber das ist langweilig, kostspielig und blos bis zu 15–20 Klaftern Tiefe möglich.
Mit diesen Derricks kann man in einem Zuge ganze Schiffe überhaupt aus fast jeder Tiefe herausholen, wenn nur die Hebelkette lang genug ist. Etwa sechs Mann sind im Stande, mit wenigen Kosten, binnen einigen Stunden jedes gesunkene Fahrzeug, das überhaupt noch zusammenhält, auf die Oberfläche des Wassers zu derricken, an’s Land oder überhaupt in Sicherheit zu bringen und dessen Schätze oder das Schiff selbst für die Lebenden nutzbar zu machen. Wir sehen daraus schon, daß diese neue Combination von Hebelkräften nicht nur technisch interessant, sondern auch industriell praktisch und mittelbar uns Allen, die wir uns noch über Wasser und Kirchhofsrasen halten, zu Gute kommen wird.
Mannschaft der Austria.
Heydtmann, H., Capitain, aus Hamburg. |
Grüning, J., Assistent, aus Krebswerder. |
Hamann, J., Trimmer, aus Bordesholm. |
verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1858, Seite 650. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_650.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)