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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

es so. Dieser ganze Garten ist jetzt verschwunden und hat der Königsstraße weichen müssen, in welcher sich namentlich sehr viele der Leipziger Buchhandlungen befinden und von der aus auch „die Gartenlaube“ in die Welt ausgeht. An diesen Garten, auf dem Bilde, grenzt rechts die Johannisvorstadt mit dem berühmten Kirchhofe. Gerade vor derselben sieht man das gethürmte Grimmaische Thor mit seinen Bastionen. An der Stelle desselben befindet sich das allbekannte Café français, auf dem zweiten Bilde kenntlich an dem Blumengebüsch vorn, neben der Kirche. Diese Kirche, die Paulinerkirche, in welcher unter Anderen der berüchtigte Tetzel begraben lag, begrenzt auf dieser Seite die Gebäude der Universität, welche auf der ersten Abbildung bis zur nächsten Bastion links reichten, und nun völlig umgebaut sind, wie das zweite Bild zeigt. Auf der eben erwähnten Bastion aber steht die schöne Bürgerschule. Der tiefe Graben, der sich vor den Festungswerken hinzog, ist bereits vor beinahe hundert Jahren zum größten Theile ausgefüllt und in gartenähnliche Anlagen umgeschaffen worden, namentlich in den sogenannten Park mit dem Schwanenteiche u. s. w. und zwar hauptsächlich auf Betrieb des Bürgermeisters Müller, den dafür in dem von ihm geschaffenen Parke ein Denkmal ehrt. Offen war bisher nur noch der Graben von der Bastion, auf welcher die Bürgerschule steht, bis links zu dem Petersthore in der Nähe der Pleißenburg. Im Jahre 1857 ist auch dieser Theil ausgeschüttet und mit einem Aufwande von ungefähr 70,000 Thalern in geschmackvolle Anlagen umgewandelt worden, zunächst weil man hier das städtische Museum (S. das stattliche Gebäude in der Mitte vorn auf der zweiten Abbildung) erbauete, in welchem die Schletter’sche Gemäldesammlung aufgestellt werden wird. Mit diesen neuen Anlagen zur Verschönerung Leipzigs steht ein weitergehender Plan in Verbindung. Nach demselben wird die ganze Gebäudereihe zwischen der Bürgerschule und dem Petersthore mit dem hochgedachten alten Magazin (S. die zweite Abbildung) niedergerissen und durch stattliche Häuser ersetzt werden, zwischen denen eine neue Straße aus der innern Stadt heraus durch die neuen Anlagen hindurchführen wird. Gleichzeitig wird auch der Garten schwinden, der mit der Ecke seiner Umfassungs-Mauer auf unserem zweiten Bilde rechts im Vordergrunde liegt.

Das neue Leipzig.

Der hohe, spitzzulaufende Thurm zur äußersten Linken auf unserem ersten Bilde gehört zu der Pleißenburg, ist seitdem, wie das zweite Bild zeigt, oben zum Theil abgetragen worden und enthielt bisher die Sternwarte, die aber nächstens einen andern Platz erhalten wird. Die genannte Pleißenburg ist die Stätte, wo die berühmte Disputation zwischen Dr. Luther und Dr. Eck abgehalten wurde, wenn auch das Gebäude nicht mehr steht, in welchem jene geschichtlich merkwürdige Dispution stattfand. Hier starb ferner Pappenheim nach der Schlacht bei Lützen; hier wohnte Kleist, als er mit preußischen Truppen in Leipzig stand; hier schmachteten in schrecklichen Kerkern zahlreiche Opfer während der traurigen krypto-calvinistischen Streitigkeiten und hier verlebte Goethe als Student heitere Tage bei dem alten Oeser, dem Director der hier befindlichen Zeichenakademie.

Links von dem Thurme der Pleißenburg sieht man auf dem ersten Bilde ein paar Thürmchen, die seitdem verschwunden sind, während ihm zur Rechten auf dem zweiten Bilde ein zierlicher gothischer Thurm erscheint. Er gehört zu der schönen katholischen Kirche, die vor einigen Jahren erbaut worden ist.

Gänzlich verändert ist das Nordende der Stadt, wie man dasselbe auf dem ersten Bilde sieht. Ursprünglich stand hier ein Cisterzienserkloster, das aber nach Einführung der Reformation theils niedergerissen, theils als Kornhaus benutzt wurde. Der freigewordene Platz diente lange als Zimmerhof und Reitplan. Das Kornhaus wurde später in ein Opernhaus umgewandelt, „darinnen alle Messen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 381. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_381.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)