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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

und Modell. Er nannte derartige Vorbereitungen kleinlich und geisttödtend.

Doch zurück zu Burgschmiet. Der Magistrat in Nürnberg wollte dem berühmten Maler Albrecht Dürer, der ja auch in Nürnberg lebte und schuf und daselbst begraben liegt, ein Standbild aus Erz widmen. Das Modell dazu fertigte Rauch in Berlin an. Dieser bestimmte zugleich, daß Burgschmiet den Guß vollziehen solle. Der Letztere nahm das an, reiste auch, um in der Kunst der Gießerei noch Gutes zu sehen, nach Paris, kam dann zurück und – aus seiner Gießhütte ging dann die berühmte Dürerstatue hervor.

Und diese nicht allein. Von seinen größeren plastischen Gebilden, alle geschaffen in der Gießhütte zu Nürnberg, sind weltberühmt: die Statue Beethoven’s in Bonn, Kaiser Karl’s in Prag, Martin Luther’s in Möra.

Ebenso weltberühmt wird sein Radetzky-Denkmal werden, dessen Kosten sich auf 80,000 Gulden C.-M. belaufen. Diese Arbeit war Burgschmiet’s letzte. Mit Recht beklagt dies nicht nur jeder Bildhauer, Erzgießer und Kunstfreund, sondern Jeder, der es weiß, wie viel ein edler Mensch, ein ehrenwerther Charakter wiegt. Deutschlands Kunstgrößen schätzten ihn, Rauch war mit inniger Hochachtung ihm zugethan, – aber das erst macht uns ihn liebenswürdig, daß viel Tausende in Nürnberg aufrichtige Liebesthränen für ihn hatten, als er starb, und ein warmes Herz für ihn, da er lebte. Wer hätte diesen Mann auch nicht lieben sollen! Leistung und Verdienst Anderer, wo und wie er es auch fand, erkannte er freudig an, während er selbst bescheiden auf sich und seine eignen Leistungen blickte, und nie sich erhob über die Grenze seines Verstehens und Könnens, auch das, was er schuf, heraufholte aus dem eignen, innern Lebensborn.

An seinem Schwiegersohn, Ch. Lenz, besaß er einen tüchtigen Mitarbeiter, und es war ihm hohe Freude, wenn es hieß: „Burgschmiet-Lenz zum Guß übertragen.“ Uebrigens lebte er sehr einfach, genügsam, still. Die liebste Gesellschaft war ihm seine Familie und der Kreis seiner Freunde.

Jeder Reisende sagt, daß die Täuschung, als sei man in frühere Jahrhunderte versetzt, fast in keiner Stadt so lebhaft hervorgebracht werde, als in Nürnberg. – Kommt das nur von den Mauern und Giebeln der Wohnhäuser? Von den Dächern und Zinnen der Kirchen? – O, es ist wohl hauptsächlich der Geist, der durch die Bilder und Bildwerke geht, mit welchen Kirche und Haus geschmückt sind. Und das ist der Geist der Männer, welche Nürnberg die Seinen nannte.

Gebrüder Schonhofer, Adam Kraft, Michael Wohlgemuth, Albrecht Dürer, Peter Bischer und Andere noch, die als Sterne leuchteten in Nürnberg, hat es die Seinen genannt. Nun auch den Bildhauer und Erzgießer Daniel Burgschmiet. Und wie Jene, obgleich sie erloschen, doch immer noch nachleuchten, so wird es auch Dieser.





Die Ausbeutung des Rübensyrups.
Von Dr. Franz Döbereiner.


Allgemein ist der Unterschied bekannt, der zwischen dem bei der Verarbeitung des Zuckerrohrsaftes und der des Rübensaftes auf Zucker abfallenden Syrup, zwischen dem indischen (holländischen oder Hamburger) und dem Rübensyrup stattfindet. Beide Syruparten enthalten zwar annähernd dieselben Quantitäten Rohr-, Trauben- und Schleimzucker, unterscheiden sich aber auffallend in dem Geschmack, denn während dieser bei dem indischen Syrup höchst intensiv süß und schwach brenzlig ist, zeigt er sich bei dem Rübensyrup nur sehr wenig süß, sondern mehr brenzlig und zugleich auffallend salzig und höchst widerlich rübenartig, was dadurch bedingt wird, daß der letztere neben den genannten Zuckerarten ziemlich viel Salze und die eigenthümlich schmeckenden (und riechenden) Rübenbestandtheile enthält. Diese Beimischungen und der durch sie veranlaßte Geschmack und Geruch des Rübensyrups machen ihn als Versüßungsmittel wenig brauchbar und vermindern seinen Werth so sehr, daß er bei den jetzigen Handelsverhältnissen kaum 1/8 des Preises des indischen Syrups hat; seine Verwendung beschränkt sich auf die zur Bereitung von Stiefelwichse und auf Spiritusbrennerei, und die Rübenzuckerfabrikanten sind nicht selten in Verlegenheit, sich seiner zu den billigsten Preisen zu entledigen und ziehen es dann vor, ihn als Viehfutter oder Düngematerial zu benutzen oder durch Verbrennen und Einäschern auf Pottasche, Soda und schwefelsaure Salze zu verarbeiten.

Die Menge des in dem Rübensyrup enthaltenen wirklichen Zuckers, d. h. des kiystallisirbaren Rohrzuckers, ist nicht unbedeutend, denn sie beträgt gegen 40 Procent. Bedenkt man, daß für den Augenblick der Centner Rübensyrup aus den Fabriken für 20 Silbergroschen verkauft wird, der Fabrikpreis des Zuckers – wie er jetzt gewöhnlich in den Fabriken dargestellt und zur weiteren Reinigung an die Raffinerieen abgegeben wird – aber 11 Thaler ist und der Centner Syrup 44 Pfund eines solchen Zuckers enthält, so findet man, daß den Rübenzuckerfabrikanten ein großer Verlust beim Verkauf des Syrups treffen muß, denn er läßt die 44 Pfund Zucker, die er abgeschieden für 4 Thlr. 12 Sgr. verwerthen würde, zu 20 Sgr. ab. Wenn während einer Campagne, d. h. während der zwischen dem September und März liegenden Betriebszeit einer Rübenzuckerfabrik 2000 Centner Rübensyrup abfallen, so hat der Fabrikant daraus nur eine Einnahme von 1333 1/3 Thalern; würde er daraus den ganzen krystallisirbaren Zucker abscheiden, also nach obiger Annahme davon 800 Centner erhalten, so müßte er daraus 8800 Thaler entnehmen, wenn er keine Abscheidungskosten zu berechnen hätte, worüber weiter unten zu vergleichen ist.

Die verschiedenen in dem Rübensyrup vorkommenden ursprünglichen (und auch während der Bearbeitung des Rübensaftes entstandenen) Stoffe verhindern die Krystallisation des darin enthaltenen Rohrzuckers, denn wenn jener auch sehr lange bei einer niedrigen Temperatur sich überlassen bleibt, so scheidet sich eine verhältnißmäßig um sehr geringe Menge von diesem in Krystallen aus und die größte Menge desselben bleibt in der dickflüssigen Mischung. Der Weg der Krystallisation ist also für die Ausscheidung des Zuckers unzulässig und man setzt den Syrup in den Fabriken nur deshalb der Wintertemperatur aus, weil dann noch ganz ohne Kosten etwas krystallisirter Zucker erhalten werden kann; der dann übrig bleibende Syrup ist eben die Handelswaare mit 40 Procent Zucker. Zuckerfabrikanten wie Chemiker suchten auf einem anderen Wege zum Ziele zu kommen und gelangten auch zum Theil insofern dahin, daß sie den ganzen Zucker oder den größten Theil desselben aus dem durch Krystallisation nicht mehr zu trennenden Syrup abschieden, aber die aufgefundenen oder angewandten Mittel und Wege waren entweder wegen der Höhe der Scheidungskosten oder aus anderen Gründen für die fabrikmäßige Befolgung nicht zulässig und der Rübensyrup blieb die Last der Fabrikanten.

So lange die Zuckerrüben noch zu mäßigen Preisen zu kaufen oder zu bauen waren, das Tagelohn und das Heizmaterial sich in den hergebrachten Preisen hielten und die Rübensteuer nur wenige Groschen für den Centner betrug, so lange war auch der unverhältnißmäßig billige Preis des Rübensyrups ohne wesentlichen Einfluß auf den Ertrag der Rübenzuckerindustrie, insofern nur der gewonnene Zucker gut verwerthet wurde, was bis vor einigen Jahren fast durchgehends der Fall war. Jetzt aber, wo die Rüben um das Doppelte im Preise gestiegen sind oder für den zu ihrem Anbau dienenden Boden eine hohe Rente zu berechnen ist, wo ferner Arbeitslohn und der Preis des Heizmaterials sich um 1/3 bis 1/2 erhöht haben und endlich die Rübensteuer wesentlich gesteigert werden soll, außerdem aber der Zucker sehr niedrig im Preise steht und nur unsichere Hoffnungen auf bessere Verwerthung vorhanden sind, da hängt die Zukunft der Rübenzuckerindustrie von der höchsten Ausbeute an Zucker ab, welche nur dadurch erzielt werden kann, daß entweder die ganze Zuckerfabrikation eine durchgreifende, allen im Safte enthaltenen Zucker umfassende Verbesserung erfährt oder – wenn diese nicht zu erzielen – der jetzt abfallende Syrup möglichst ausgebeutet werden muß.

Den letzteren Theil, die Zuckerausbeutung des Rübensyrups, habe ich seit mehreren Monaten auf dem Wege des Experimentes verfolgt und bin nach einer Reihe von Versuchen endlich zu dem Ziele gelangt, die Verhältnisse kennen zu lernen, unter denen beinahe

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 362. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_362.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)