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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

Schriftmetall durch eine Oeffnung einfließen kann. Der Gießer steht an dem inmitten des Ofens eingesetzten Kessel, in seiner linken Hand das geschlossene Instrument, und in der rechten den Gießlöffel, mit welchem er den Zeug faßt und in das Instrument gießt. Sobald dies vor sich geht, macht er mit dem Instrument eine rüttelnde Bewegung (Wendung), wodurch der Schriftzeug durch den Einguß und den innern freien Raum hindurch in die unten anliegende Matrize fließt. Ein geschickter und fleißiger Schriftgießer kann bis 4000 Buchstaben in einem Tage gießen.

Als das Maschinenwesen für die praktische Ausübung der Künste und Gewerbe immer größere Bedeutung und Anwendung fand, wurden auch mehrfache Versuche gemacht, das Gießen der Lettern durch Maschinen auszuführen. Applegath in London und Andere construirten die ersten Maschinen, die aber sämmtlich ihrem Zweck nicht entsprachen. Endlich wurde in Amerika eine solche Maschine gebaut, von welcher ein Modell durch E. Hänel in Berlin in der Werkstatt von F. A. Brockhaus aufgenommen und so wesentlich umgewandelt und verbessert wurde, daß die jetzt allgemein verbreiteten Letterngießmaschinen daraus entstanden, mit welchen durch einen gewöhnlichen Handarbeiter in einer Stunde 12–1500 ganz fehlerfreie Buchstaben gegossen werden.

Der Setzersaal.

Nachdem der Buchstabe gegossen ist, hat er zwar schon die Form, in der er später zum Druck verwendet wird, aber er besitzt noch an der der Bildfläche entgegengesetzten Seite einen pyramidalen Anhang, welcher sich im Einguß des Instrumentes bildet und abgebrochen werden muß. Der von dem Gießzapfen befreite Buchstabe gelangt nun zum Abschleifen, wodurch der Grat von den beiden Seitenflächen entfernt wird, damit die Buchstaben im geschlossenen Satze dicht neben einander zu stehen kommen. Zur Vollendung der gegossenen Schrift müssen die Typen noch einer letzten Arbeit unterworfen werden, welche das Fertigmachen genannt wird und in einem eigenen Instrumente, dem Bestoßzeuge, ausgeführt wird. Zu diesem Behufe werden die Typen in einem Winkelhaken der Art aufgestellt, daß die Bildfläche nach unten, der Fuß aber nach oben gerichtet ist; der so angefüllte Winkelhaken wird dann in das Bestoßzeug gebracht und mittelst eines Hobels das überflüssige Metall an dem Fuße der Lettern abgestoßen, so daß sich eine rinnenartige Aushöhlung, der Ausschnitt, bildet. Nachdem der Kopf der Lettern noch einer besonderen Behandlung unterworfen und die Kegelseiten derselben mit einem zweischneidigen Schabemesser von dem darauf befindlichen Grate befreit worden sind, damit die ganze Typenreihe auch hier als eine glatte Ebene erscheint, wird die Stärke derselben (der Kegel) geprüft, wozu man sich eines besondern Justoriums (des Systems) bedient. Die so fertig gemachte Schrift wird nun nochmals sorgfältig durchgesehen, die darunter befindlichen untauglichen, sogenannten bösen Buchstaben werden entfernt und die guten in ein Schiff, wie es der Setzer braucht, aufgestellt, mit einem Bindfaden darin eingebunden und in Packete verpackt zum Gebrauch in die Druckerei geliefert.


Die Stereotypie.

Mit der Schriftgießerei in genauer Verbindung steht die Stereotypie oder das Verfahren, vermittelst dessen der ganze Schriftsatz einer Columne nicht wie gewöhnlich aus einzelnen Theilen (Lettern etc.) besteht, sondern in einer einzigen Platte dargestellt wird.

Die ersten Versuche der Buchdruckerkunst bestanden bekanntlich in dem Abdrucke ganzer Platten, auf welchen der Text erhaben geschnitten war, und auf dieses Grundprincip ist somit das Verfahren der Stereotypie zurückgeführt. Anfänglich ließ man den Schriftsatz von Werken, die in kurzer Zeit wieder gedruckt werden sollten, stehen, um den Satz dann nicht auf’s Neue herstellen zu müssen; indessen führte das Verfahren des sogenannten stehenden Satzes (stehende Lettern) vielfache Schwierigkeiten und Nachtheile mit sich, denn es konnten aus dem Schriftsatze leicht Lettern herausfallen und eine große Anzahl Columnen beanspruchte zur Aufbewahrung viel Raum, sowie die dazu verwendete Schrift auch so lange einer weitern Verwendung entzogen blieb, als sie nicht aus ihrer augenblicklichen Ordnung genommen werden konnte. Diese und noch andere Uebelstände führten bald darauf hin, die zu einem Schriftsatze zusammengefügten Lettern in eine feste Platte zu vereinigen, um sie später durch den Abdruck vervielfältigen zu können. Nach mehrfachen Versuchen, die größtentheils darauf hinausliefen, die gesetzte Schrift hinten zusammenzulöthen, gelangte Firmin Didot zu Paris (1794) auf das Verfahren des Abformens, welches Lord Stanhope endlich im Jahre 1804 einer solchen Vollkommenheit zuführte, daß es jetzt unter dem Namen der englischen Methode am Meisten verbreitet ist.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_213.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)