Seite:Die Gartenlaube (1858) 082.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1858)

nun scharfe Stellen hervor, an welchen sich das Metall abreibt und dann leicht durch Flüssigkeiten gelöst wird.

Ist aber die Anwendung des Bleischrotes zum Reinigen der Flaschen schon wegen einer möglichen Lösung von Blei in den in jenen aufzubewahrenden Flüssigkeiten ganz unzulässig, so wird es dieses dadurch noch mehr, daß durchgehends das Blei, das auf Schrot verarbeitet werden soll, zur Erzielung eines gewissen Härtegrades mit Arsen – bis zu 10% – verschmolzen wird. Löst sich auch dieses in den das Blei zerstörenden Flüssigkeiten nicht eher, als bis das Blei selbst sämmtlich gelöst ist, so wird es doch bei einer nur theilweisen Lösung des Blei’s von so höchst feinpulveriger Beschaffenheit abgeschieden, daß es beim Ausgießen der Flüssigkeiten mit herausgeschlemmt und – wenn diese ein Getränk ist – mit genossen wird; durch die Bestandtheile des Magensaftes kommt es aber leicht in Lösung und veranlaßt die Erscheinungen und Zufälle einer Arsenikvergiftung in geringerem oder höherem Grade. Wird aber das Bleischrot gänzlich von der damit in Berührung stehenden Flüssigkeit gelöst, so äußert diese auf das abgeschiedene Arsen dieselbe Veränderung wie auf das Blei; es zieht entweder freien oder gebundenen Sauerstoff an und verwandelt sich in eine Säure, die in der chemischen Sprache Arseniksäure, im gemeinen Leben aber weißer Arsenik genannt wird, als eins der heftigsten Gifte bekannt ist und von der Flüssigkeit gelöst wird.

Alle diese Thatsachen thun hinreichend dar, wie höchst gefahrdrohend die Verwendung des Bleischrotes zum Reinigen der Flaschen ist und jeder sorgsame Haus- und Familienvorstand wird dadurch dahin geführt werden, diese Reinigungsmethode durch eine andere gefahrlose zu ersetzen, in welcher Beziehung wir hier nur auf ein bereits in manchen Haushaltungen, Wirthschaften und Weinhandlungen gebräuchliches Verfahren aufmerksam machen und dieses, da es weit sicherer, viel billiger und ohne Gefahr ist, empfehlen werden.

Man bediene sich nämlich beim Flaschenreinigen zum Abreiben der fester sitzenden Theile einer hinreichend langen Kette von schwachem Eisendraht, welche an dem einen Ende mit einem so weiten Ringe versehen ist, daß dieser außerhalb der Flaschenöffnung gehalten wird. Die Kette im Inneren der Flasche mit Wasser in Bewegung gesetzt, reißt alsbald alle Unreinigkeiten ab.

Das Fleisch des durch den Schuß erlegten Wildes muß jedes Mal von der Hausfrau oder der die Küche verwaltenden Persönlichkeit genau untersucht und von dem darin befindlichen Blei, es mag dieses in Kugelform, in gehacktem Zustande oder als Schrot vorhanden sein, sorgfältigst befreit und die um das aufgefundene Blei befindlichen Stellen herausgeschnitten werden. Man darf diese Vorsichtsmaßregel besonders dann nicht versäumen, wenn das Wildfleisch mit Essig oder saurer Milch zugerichtet oder, wie es einige Feinschmecker am liebsten haben, zuvor der beginnenden Fäulniß ausgesetzt wird. Die Säure des Essigs oder die Milchsäure der sauren Milch wirken sehr energisch auf das Blei ein und können so das Fleisch, wenn es Bleistücke enthält, stellenweise in ein sehr heftiges Gift verwandeln. Dasselbe gilt für das ohne Essig oder saure Milch zubereitete Wildfleisch, wenn es in die Fäulniß getreten ist, denn nichts Anderes ist der Zustand, bei welchem das Fleisch besonders während des Bratens den eigenthümlichen, nur Feinschmeckern beliebten haut goût besitzt. Die Fäulniß thierischer Körper ist aber stets mit der Bildung von Ammoniak verbunden, das die Verbindung des im Fleische befindlichen Blei’s mit Sauerstoff und dadurch seine Löslichkeit begünstigt. Aus dem oben über das Reinigen der Flaschen Gesagten geht aber schon hinreichend hervor, daß auch hier Bleischrot weit gefährlicher ist, als kugelförmiges oder gehacktes Blei, indem zugleich bei jenem das Arsen gelöst wird.

Der früherhin stets vorkommende und selbst durch besondere Landesgesetze geregelte Gebrauch, Blei in bestimmten Verhältnissen zu dem Zinn, das für Küchen-, Speise- und Trinkgeschirre, überhaupt zur Anfertigung der verschiedenartigsten Geräthschaften benutzt wird, zu setzen, ist ebenfalls ein die Gesundheit gefährdender Gebrauch, aber nicht des Blei’s wegen, sondern deshalb, weil das Zinn durch die Mischung in verschiedenen Flüssigkeiten löslich wird, was es in reinem Zustande nicht sein würde. Wenn in bleihaltigen Zinngefäßen Kochsalzwasser oder Essig längere Zeit stehen bleibt oder gar darin erhitzt wird, so lösen sich merkliche Quantitäten von Zinn auf und diese Flüssigkeiten verursachen dann beim Genuß mehr oder minder üble Folgen, indem die Zinnverbindungen ebenfalls zu den Giften gehören. Da nun aber da, wo Gerätschaften von Zinn für den Küchen- und Hausgebrauch beliebt sind, die Einwirkung genannter Flüssigkeiten nicht vermieden werden kann, so muß darauf gesehen werden, daß solche Geschirre aus dem reinsten Zinn oder, wie man in der neueren Zeit mit Vortheil gethan hat, aus einem solchen verfertigt sind, welches durch einen kleinen Zusatz von Stahl in seiner Härte und in seinem Glanz erhöht ist, ohne dadurch in Kochsalzwasser oder Essig löslich zu werden.

(Schluß folgt.)


Rosa Heisterberg.
Vom Verfasser der „neuen deutschen Zeitbilder.“
(Fortsetzung.)

Der junge Mensch wollte forteilen; er wandte sich noch einmal zu mir um. Er hatte noch etwas auf dem Herzen und es wurde ihm schwer, es auszusprechen, aber er mußte es aussprechen.

„Herr Criminalrath, die Bitte hat Sie vorhin schon einmal verletzt, aber ich darf sie Ihnen nochmals an das Herz legen; werden Sie nicht böse. Nicht wahr, Sie behandeln die Arme nicht mit Härte? Sie behandeln sie mit Menschlichkeit? O, glauben Sie mir, sie ist unschuldig. Und wenn Sie mir das nicht glauben können, nach Ihren Gesetzen nicht glauben dürfen, so fassen Sie wenigstens kein Vorurtheil für Ihre Schuld.“

„Mein Herr,“ sagte ich ihm, „halten Sie sich überzeugt, daß die Dame in jeder Hinsicht nur nach den Gesetzen der Menschlichkeit behandelt wird.“

„Dank, tausend Dank!“

Er wollte fortstürzen, ich hielt ihn jedoch zurück.

„Mein Herr, darf ich Ihren Namen noch nicht erfahren?“

„Verzichten Sie darauf.“

„Sie sind so fest von der Unschuld der Gefangenen überzeugt. Es könnte möglich werden, auf Ihr Zeugniß zu ihren Gunsten zurückzukommen.“

„Dann werde ich da sein. Jetzt nicht. Aber ich bitte Sie, aus meiner Weigerung keinen falschen Schluß zum Nachtheil der Dame ziehen zu wollen.“

„Sie hören, daß ich Sie nur als einen Vertheidigungszeugen betrachte.“

Er eilte fort.

Dem Gefängnißinspector ließ ich die Ermächtigung zur Annahme des Bettes für die Gefangene Rosa Heisterberg zukommen.

War die Gefangene, die schöne, junge Dame, die den höheren Ständen angehörte, mindestens darin einheimisch war, mit ihrer Bildung, mit ihrem für wahres, starkes Gefühl noch so sehr empfänglichen, mit ihrem vielleicht gar weichen Herzen, war sie schuldig oder unschuldig?

Wer war der, gleichfalls den besseren Ständen angehörende, kränkliche junge Mann mit dem unzweifelhaft braven, edlen Herzen, der sich so lebhaft, so leidenschaftlich für sie interessirte? In welchen Verhältnissen und Beziehungen stand er zu ihr, von deren Unschuld er so fest, so schwärmerisch, fast fanatisch überzeugt war? Ich war in hohem Grade auf die morgenden Verhöre gespannt.

Ich übertrug am andern Morgen von meinen Terminen Alles, was nur möglicherweise abzutreten war, an meine Hülfsverhörrichter und machte die andern Sachen rasch ab, um schnell zu den Verhören in der Untersuchungssache gegen Rosa Heisterberg überzugehen.

Der Polizeicommissarius, von dem sie verhaftet war, hatte sich noch nicht gemeldet. Ich mußte daher die Angeschuldigte selbst zuerst verhören, obwohl, bei jenem kurzen und nackten polizeilichen Berichte, es mir fast an allen Thatsachen zu ihrer näheren Vernehmung fehlte. Ich ließ sie vorführen.

Am Abend vorher hatte ich sie in Aufregung verlassen. Sie

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_082.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)