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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

im Lande für einige Kreuzer aufgekauft werden. Mittels Potasche und Soda werden sie eingeschmolzen, während welchen Processes durch andere Zusätze die Färbung bewerkstelligt wird. Bei einigen Farben können Glasscherben nicht verwendet werden, sondern zu diesen muß die flüssige Glasmasse aus Quarz, Flußspats, Land, Soda etc. erst erzeugt werden. Die Minerale werden in der Nähe gegraben, Soda und Potasche aus Unterfranken, letztere auch aus Ungarn bezogen. Die Masse wird erst in großen Tiegeln geschmolzen, aus diesen in frisch zuströmendes Wasser geschöpft, worin sie zwölf bis vierundzwanzig Stunden abgekühlt und dann in die kleineren Tiegel eingelegt wird, woraus die feinern Perlen einzeln, die ordinären in Rudeln zu zehn bis vierzehn Stück an eisernen Spindeln gedreht werden. Sie werden an der Luft abgekühlt, von Frauen an Maschen gezählt und dutzendweise zusammengebunden, worauf sie verpackt werden.“

Ich war während dieser Unterhaltung mit dem alten Manne, der mir immer interessanter wurde, aus der Hütte getreten und an seiner Seite einen lieblichen Pfad über die Sammtwiese einem engen Grunde zugewandert, der sich zwischen zwei steilen Bergen vor unsern Blicken aufthat und uns ein krystallklares Bächlein entgegen schickte. Am Eingange erblickte ich ein einfaches, mit grauen Brettern beschlagenes Haus von zwei Stockwerken und geringem Umfange, halb in Tannen und im Thalgrunde versteckt. Wir standen bald vor dem ärmlichen Gebäude. Mein Begleiter warf einen funkelnden Blick darauf. Mir schien es mehr als Zufall, daß er den Hut lüftete.

„Kennen Sie dieses Häuslein?“ fragte er mich plötzlich mit seinem heisern geheimnisvollen Tone.

„Nein!“ versetzte ich befremdet. „Was ist’s damit?“

„Ein Wirthshäusle ist’s, worin man sehr gutes Bier trinkt und äußerst schmackhafte Forellen speist. Es ist berühmt wegen dieser beiden Artikel.“

Das war wieder mit dem mir bekannten spöttischen Tone gesprochen.

„So kommen Sie herein!“ sagte ich herzlich, „und seien Sie mein Gast. Wir wollen Forellen essen und Bier trinken und uns dabei näher rücken. Wenn ich Ihnen nur halb so gefalle, wie Sie mir, so gehen wir als Freunde wieder heraus.“

Er blieb aber mit entblößtem Haupte und unverkennbarer Rührung in den altergrauen Zügen vor der schwelle stehen, faßte meine Hand und fragte mich bewegt: „Haben Sie nie vom Löchle gehört?“

Mir kam der Name nicht ganz unbekannt vor, doch fiel mir seine Bedeutung nicht bei, und ich fragte deshalb:

„Was hat das Wort zu bedeuten?“

„Es ist die landesübliche Abkürzung von Löchlein, Diminutiv von Loch, also kleines Loch. Sie haben doch auf einer deutschen Universität studirt. Waren Sie nicht ein Burschenschafter?“

„Ich hielt mich als Student von allen Verbindungen fern und studirte in den Jahren 1824 bis 1827 und zwar in Göttingen und Leipzig, wo damals die Blüthe der Burschenschaft vorüber war.“

„Das ist wahr. Nur die Jenaer und Erlanger Studenten aus jener Zeit wissen noch etwas vom Löchle zu erzählen.“

„Und doch kommen Name und Sache mir in die Erinnerung. So viel ich mich jetzt entsinne, ist es das Versteck, wo die Burschenschafter und Demagogen in den Jahren 1819 bis 1823, nachdem die seit 1815 von Jena aus gebildete allgemeine deutsche Burschenschaft von den Kalsbadischen Beschlüssen geachtet war, ihre heimlichen Zusammenkünfte hielten. Ich habe nie erfahren, wo dieses geheimnißvolle Haus lag.“

„Sie stehen davor. In diese einsame tiefe und schauerliche Bergschlucht in der Mitte Deutschlands, in dieses graue unscheinbare


Fig. 1. Duchenne de Boulogne.       Fig. 2. Künstlich Lachender.[1]

  1. Zu dem folgenden Artikel: „Ein Schatz des Heilmittelschatzes“ gehörig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_209.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)