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verschiedene: Die Gartenlaube (1857)

sie heutzutage Mode sind. Wir sagen Mode, denn ein Bedürfniß ist es auch hier – vielleicht in tausend Fällen einen ausgenommen – nicht. Die alten Brillen waren in Silber gefaßt, hielten auf dem Kopfe still, wenn sie einmal aufgesetzt waren, und durch das helle Metall wurde wenigstens keine störende Linie in’s Gesicht gebracht; die neumodischen sind in schwarzer Einfassung und bestehen in zwei Sorten, die gleich entstellend sind, in der sogen. „Kneifbrille“ und in dem „Nasenhalter.“ Die Kneifbrille besteht aus einem runden Glase und wird in die rechte Augenhöhle hineingedrückt und von den das Auge umschließenden Muskeln gehalten, also eingekniffen. Es läßt sich leicht denken, daß, um dieses häßliche Ding zu halten, man nothwendig eine Fratze schneiden muß, und unsere jungen Modenarren scheinen sich das Wort gegeben zu haben zu erforschen, wer von ihnen die ärgste Verzerrung zu Stande bringen kann. Schon mit einem Glase „fixirt“ zu werden hat für den, der betrachtet wird, etwas, wenn auch nicht Beleidigendes, doch jedenfalls Störendes und Unangenehmes.

Eine menschliche Carricatur.

Nun aber noch dazu diese ganz infame Grimasse zu sehen, dieses in allen Muskeln verzerrte Gesicht, das auf uns gerichtet ist, man muß gestehen, dies gibt dem Dinge etwas, das kaum zu ertragen ist. Man muß schnell wegsehen, um nur rasch den Eindruck dieses häßlichen Spektakels loszuwerden. Und dazu erniedrigt sich ein ursprünglich gutgeformtes Gesicht; denn fällt die Brille und ihr schwarzes Band ab, so kommen unverzerrt jugendliche und sogar oft hübsche Züge zum Vorschein.

Die Carricatur von der Seite.

Die zweite Art Modebrille ist der „Nasenhalter.“ Es ist dies dieselbe Brillensorte, die früher die alten Weiber trugen, und die in zwei Gläsern besteht, die mit einem Sattel verbunden auf den obern Theil der Nase festgeklemmt werden. Abgesehen davon, daß die Form der Nase nothwendig durch ein solches Gepäck, das man ihr aufladet, leiden muß, so will es auch hier die einfältige Mode, daß die Brilleneinfassung schwarz ist, und da die Gläser groß, rund und dicht bei einander sind, so erhält auch durch diese Brille das Gesicht einen fratzenhaften Ausdruck, aber noch bei weitem nicht so schlimm, als bei der Kneifbrille. Warum, wenn denn doch ein solcher Modeartikel soll in Gebrauch kommen, kehrt man nicht zu der Lorgnette zurück, die, zeitweise vor’s Auge gebracht, vollkommen, ohne das Gesicht zu entstellen, die Dienste leistete, die sie sollte, wenn überhaupt hier von einem Dienste, der dem schwachen Auge geleistet werden soll, die Rede ist.

Bartnarren.

Wir gehen zum Barte über. Die Engländer und dann die Franzosen, natürlich nach ihnen alle andern Nationen, haben schon seit zwanzig Jahren angefangen, den weitgehendsten Unfug mit den Bärten zu treiben. Als wenn im Barte an und für sich ein Symbol der

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verschiedene: Die Gartenlaube (1857). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1857, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1857)_125.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)