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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

Thermometer c und ein Barometer d zur Beobachtung der im Apparate herrschenden Temperatur und des Luftdruckes, und endlich die sogenannte Sonde e, eine Vorrichtung zum Probenehmen.

Die Vorrichtung zur Verdünnung der Luft ist gewöhnlich eine doppelwirkende Luftpumpe, welche durch ein Rohr l mit der Condensation n in Verbindung steht, in welche Letztere von oben ein Rohr m hineinreicht, dessen Ende durchlöchert ist und welches dazu dient, die entwickelten Dämpfe durch Einspritzung von kaltem Wasser sofort wieder abzukühlen.

Sehen wir jetzt wie dieser complicirte Apparat in Betrieb gesetzt wird:

Man läßt zunächst die Luftpumpe gehen, worauf in Folge des im Innern des Apparates entstehenden luftverdünnten Raumes der zu verkochende Saft durch k hereinsteigt bis es genug ist und der Hahn des Zugangsrohres geschlossen wird. Der Saft wird nun erhitzt und die Luftpumpe, welche beständig fortarbeitet, unterhält den luftverdünnten Raum. Der Letztere würde indessen durch die aus dem Apparate kommenden Dämpfe bald verschwinden, träte nicht beständig (durch k) kaltes Wasser in den Condensator, welches dann, sowie die dadurch wieder zu Wasser verdichteten Dämpfe mit der Luft zugleich durch die Luftpumpe ausgelaugt wird. Auf diese Weise wird es möglich, den Zuckersaft bei einer Temperatur von 50–60 Grad[WS 1] zu verkochen, während das Barometer von seinem gewöhnlichen Standpunkte bis auf 4 Zoll herabfällt.

Der Saft wird in diesem Apparate soweit eingekocht, daß gegen das Ende der Kochung bereits die Krystallbildung beginnt, worauf er in eiserne oder kupferne Reservoire abgelassen wird, von denen man ihn bei gehöriger Abkühlung in die Formen bringt. Nach dem völligen Erkalten füllt der Zucker in kleinen zusammenhängenden Krystallen den ganzen Raum, während in den Zwischenräumen die Melasse oder der Syrup sich aufhält. Um diesen daraus zu entfernen, bringt man die Formen mit dem Zucker auf Böden, in denen mindestens eine Temperatur von 35–40 Grad herrschen muß, wodurch der Syrup dünnflüssiger wird und durch unten befindliche Oeffnungen abfließt, um gesammelt und von Neuem zur Zuckerabscheidung eingekocht zu werden.

Der so gewonnene Zucker ist nun der sogenannte Rohzucker, der gewöhnlich noch raffinirt wird. Dieses Raffiniren besteht einfach in Wiederauflösen des Zuckers in reinem Wasser oder schon zweimal filtrirtem Safte, worauf, um alle trübenden Theile abzuscheiden, Rindsblut oder Eiweiß zugesetzt wird, welches beim Erhitzen sich wieder abscheidet und die Verunreinigungen einschließt. Jetzt läßt man die Flüssigkeit durch ein Filter mit Knochenkohle laufen und kocht sie endlich ein, wie wir dies bereits vorher gesehen haben.

Um die raffinirten Zucker bis in die Spitzen weiß zu bekommen, ist es nöthig, den anhängenden Syrup vollständig zu entfernen, welches durch eine besondere Operation, die man das Decken nennt, erreicht wird.

Zu diesem Behufe wird weißer Zucker in soviel Wasser gelöst, daß dadurch ein Syrup entsteht, welcher nur in kleinen Portionen aus die noch in den Formen befindlichen Zuckerhüte aufgegossen wird. Beim Eindringen verdrängt er den andern Syrup und reinigt auf diese Weise den Zucker davon bis in die äußerste Spitze. Der Zucker wird jetzt vollkommen ausgetrocknet, verpackt und versendet, um die nach Süßigkeit lechzende Welt zu befriedigen. Wie verschieden dieser Bedarf oder vielmehr der Verbrauch an Zucker ist, geht aus folgender für das Jahr 1850 berechneten Uebersicht hervor:

es kamen auf jeden Einwohner

im Zollverein jährlich 5 Pfd. Zucker
in Frankreich 6 1/2 " "
in Spanien 3 1/2 " "
in Holland 14 1/2 " "
in Belgien 7 " "
in Rußland nicht ganz 1/2 " "
in Irland 4 1/2 " "
in England mit Schottland 21 " "
in den vereinigten Staaten 14 1/2 " "
auf der Insel Cuba 56 " "

Während nun der Zucker seinem Verbrauche entgegengeht, unterliegt die Melasse, nachdem sie durch 3 oder 4maliges Einsieden ihres sämmtlichen krystallisirbaren Zuckers entledigt worden ist, einer ferneren Verarbeitung, indem sie an die Brennereien verkauft und hier zu Spiritus verbrannt wird.

Eine der großartigsten Rübenzuckerfabriken ist die der Herren Robert & Komp. zu Sclowitz in Mähren. Das kolossale Quadrat von Gebäuden nebst dem unmittelbar zur Fabrikation benutzten Raume umfaßt eine Fläche von 15 österreichischen Joch d. i. circa 30 Magdeburger Morgen. Dem Rübenbau ist durch Vertrag mit einer Domaine eine Fläche von 1000 Joch gesichert, wozu noch über 200 Joch eigne und gepachtete Aecker kommen. Ungeachtet der sorgfältigen Kultur, welche 350–400 Centner Rüben vom Joch liefert, beschäftigt diese Rübenquantität die Fabrik doch nicht genügend, indem dieselbe täglich über 3000 Centner Rüben zu verarbeiten im Stande ist. Das Kesselhaus der Zuckerfabrik enthält in einer Reihe 18 Dampfkessel in Summa zu 9000 Pferdekräften. Die Triebkraft liefern 12 Dampfmaschinen von 6–20 Pferdekräften, wovon mehrere kleine nur zur Saft- und Wasserhebung dienen. Die ganze Fabrik, welche natürlich mit eigner mechanischer Werkstätte, so wie eigner großartiger Melassenbrennerei versehen ist, wird durch 400 Gasflammen erleuchtet.




Erinnerungen aus dem Jahre 1806.
Die Schlacht bei Jena und Auerstädt.
I.
Einen Tag vor der Schlacht.

Viele unserer Vorfahren hatten die löbliche Gewohnheit, Alles das aufzuzeichnen, was sie Merkwürdiges selbst erlebt, oder was sich in ihrer Umgebung Bemerkenswerthes zugetragen hatte; und solche Chroniken sind für die Geschichte einzelner Städte und Landschaften sehr wichtige Quellen geworden, indem man aus denselben oft Einzelheiten kennen lernt, welche außerdem gänzlich unbekannt geblieben sein würden. Die nachfolgende Schilderung, welcher der Verfasser jedoch weit entfernt ist, eine solche Wichtigkeit beizulegen, möge man auch als ein Stück Chronik ansehen. Der zum fünfzigsten Male wiederkehrende 14. Oct. rief ihm jetzt wieder das Andenken an jene Zeit zurück.

Der Würfel war gefallen und der Krieg zwischen Frankreich und Preußen hatte begonnen. Der Großherzog von Berg forcirte am 8. Oct. den Uebergang über die Saale bei Saalburg gegen das preußisch-sächsische Corps; am 9. Oct. schlug der Fürst von Ponte-Corvo die Sachsen und Preußen unter Tauenzien bei Schleiz, und am 10. Oct. der Marschall Lannes den Vortrab des Fürsten von Hohenlohe unter den Befehlen des Prinzen Louis von Preußen bei Saalfeld, wobei dieser selbst blieb. So war am 12. die preußische Armee in ihren Stellungen schon überflügelt und hatte bereits ihre Magazine verloren.

Ich war damals auf der Domschule zu Naumburg, und uns jungen Leuten bot sich ein lebendiges, mannigfaltiges Schauspiel. Preußisches Militär von den verschiedensten Waffengattungen rückte ein oder zog durch; Magazine wurden angelegt, Feldbäckereien begannen ihr Geschäft. Wir bewunderten die streng-disciplinirten Leute in ihrer steifen Dressur; nur ihre Uniformröcke vom gröbsten blauen Tuche mit ihren schmalen Schwänzen, welche einen gewissen Hintertheil des Körpers fast ganz unbedeckt ließen, wollten uns nicht besonders gefallen, noch weniger aber, als wir bei näherer Bekanntschaft mit den Soldaten erfuhren, daß ihre Westen nur ein Schein von Westen waren, indem sie, ohne Hintertheile, als Lappen an die Röcke angenäht saßen. Das nannte man den preußischen Pfiff! Die Stimmung der Bevölkerung war überhaupt den Preußen nicht ganz günstig, vermuthlich weil sich die Sachsen noch der Drangsale erinnerten, welche ihr Land durch die Preußen im siebenjährigen Kriege erlitten hatte.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 50–50 Grad
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 597. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_597.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)