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von Pampeluna bei einer Kavallerie-Charge, der andere in den Straßen von Barcelona, wo er vom Volke massacrirt wurde. Mit dem Generalkommando betraut, schlug O’Donnell im Jahre 1839 den carlistischen Heerführer Cabrera bei dem Dorfe Lucena, wofür ihn die Regierung zum Grafen von Lucena erhob. Der Königin Christine leistete er 1840 bei Niederlegung der Regentschaft zu Valencia große Dienste. Seiner politischen Meinung nach den Moderados (Gemäßigte) angehörend, betheiligte er sich, als Espartero 1841 die Zügel der Gewalt ergriff, an der Verschwörung seiner Partei gegen den Letzteren und bemächtigte sich mit Hülfe einer von ihm gewonnenen Truppenabtheilung der Citadelle von Pampeluna, während Montes d’Oca, ein anderer Moderado-Chef, in Vittoria ein Pronunciamento hervorrief. Beide Unternehmungen schlugen aus Mangel an Sympathien fehl. Montes d’Oca wurde gefangen und erschossen, O’Donnell mußte in’s Ausland fliehen, von wo er erst nach dem Sturze des Siegesherzogs 1843 gleichwie Narvaez zurückkehren durfte, um dann vier Jahre lang als Generalkapitän in Cuba, der wichtigsten Kolonie Spaniens, ein strenges, aber blutiges Regiment zu führen, sich auch ein großes Vermögen zu erwerben. Seit seiner Rückkehr von dort saß er im Senate und begleitete unter Narvaez’ drittem Ministerium den wichtigen Posten eines Generaldirektors der Kavallerie. Von diesem unter dem Ministerium Bravo Murillo abgerufen, schloß er sich der Opposition an, welche namentlich unter Manuel de la Concha’s Leitung die auf eine Verfassungs-Revision zielenden Plane des Kabinetes durchkreuzte und vereitelte. Noch bedeutender trat er unter dem folgenden Ministerium im Senate auf, als es galt, seinen Freund und Waffenbruder Narvaez, den das Ministerium durch eine Sendung nach Wien aus Spanien entfernt und von der Theilnahme am Kampfe für die Verfassung abgehalten, in den Senat zurückzuführen. Sehr wichtig war auch sein Antrag wegen der Eisenbahnen, welcher gegen die von Bravo Murillo mit Verpfändung von Staatsgarantien eigenmächtig ertheilten Concessionen gerichtet, die Königin-Mutter anklagte und zu den heftigsten Debatten führte. Wegen seiner hartnäckigen Opposition gegen das Ministerium San Luis, als dieses den Senat umändern wollte, seiner Stelle als Generaldirector der Kavallerie entsetzt und aus Spanien nach den kanarischen Inseln verwiesen, hielt er sich doch heimlich vom Februar bis zum Ausbruche der Verschwörung in Madrid auf.

Er war der geheime Leiter des Militäraufstandes, welcher am 28. Juni 1854 in Madrid ausbrach und als dessen ostensibler Anführer General Dulce, Generaldirector der Reiterei, auftrat. Dieser Aufstand fand jedoch erst größeren Anklang, als Espartero durch eine am 18. Juli von Logrono aus erlassene Proclamation sich ihm anschloß; er gelangte erst zum vollständigen Siege, als neben dem Namen des bisherigen Hauptführers, des General O’Donnell, in erster Stelle der seines alten Gegners, Espartero’s, als eine Bürgschaft der Aussöhnung der Moderados mit den Progressisten (Fortschrittmänner) erschien. Am 28. Juli hielt Espartero seinen feierlichen Einzug in Madrid und bildete nun sofort ein Ministerium, in welchem alle die verschiedenen Fractionen, die an der Durchführung der neuesten Umwälzung Theil genommen hatten, vertreten waren. Er selbst übernahm das Präsidium, Santa Cruz, einer seiner persönlichen Anhänger, das Innere, O’Donnell den Krieg; die übrigen Portefeuilles wurden an Progressisten und an ein Mitglied der Linken vergeben. Eine der ersten Maßregeln des neuen Ministeriums war, die Gewalt der Junten (Rathsversammlung), welche überall an die Stelle der regelmäßig constituirten Behörden getreten waren, wenigstens insoweit einzuschränken, daß ihnen alle anderen als blos berathende Befugnisse abgesprochen wurden, und allmälig gelang es ihm, die meisten derselben aufzulösen. Um den vielfachen Anträgen auf Anklagen der Königin Christine vor den Cortes (Nationalversammlung) durch einen entscheidenden Schritt ein Ende zu machen, ließ das Ministerium die Königin am 28. August unter militärischer Bedeckung nach Portugal abreisen. Das gute Einvernehmen zwischen O’Donnell und Espartero fing damals schon an zu wanken, doch ward durch diese Coalition die politische Lage Spaniens zwei volle Jahre in der Schwebe erhalten.

Das Portefeuille des Krieges genügte O’Donnell nicht, sein Ehrgeiz strebte weiter. Er verband sich mit der bald wieder thätig gewordenen Hofpartei, deren Streben auf die Wiederherstellung des Absolutismus gerichtet war, und nachdem es ihm gelungen, Espartero zu stürzen und die übrigen Minister zum Austritt zu veranlassen, stellte er sich mit Genehmigung der Königin an die Spitze eines neuen Ministeriums, dessen erster Regierungsact die Beschränkung der Verfassung und Auflösung der Nationalgarde war. Die Cortes protestirten gegen die Absetzung Espartero’s und die Nationalgarde begann einen Kampf gegen die Truppen, der vorläufig also mit einer Niederlage der Aufständischen endete. Wer schließlich der Besiegte bleiben wird, das müssen die weiteren Ereignisse ergeben.




Der edle Wein.
Von Dr. H. Hirzel.
II. Der Uebergang des Traubensaftes in Wein.

Der Weinstock erzeugt in seinen Trauben keinen Wein, sondern den erwähnten angenehm süß schmeckenden, durchaus nicht berauschend wirkenden Saft, den man Most nennt. Der Most steht zum Weine in demselben Verhältnisse, wie die Bierwürze zum fertigen Biere. Es ist eine Flüssigkeit, welche nur unter gewissen Bedingungen, also durchaus nicht unter allen Umständen in Wein übergeht. Die Darstellung eines guten haltbaren Weines aus dem Safte der Trauben ist daher ein eigener Gewerbszweig, der wie jedes Gewerbe erlernt werden muß und durch die Versuche und Forschungen intelligenter Männer verbessert werden kann. Ein Sachkundiger wird aus ein und demselben Moste gewiß einen weit besseren Wein bereiten als ein Unkundiger. Warum sind die meisten italienischen Weine nicht haltbar? Weil man zuviel der sogenannten Natur überläßt oder mit anderen Worten, weil man den Most keltert und nun seinen Uebergang in Wein, anstatt vorsichtig zu leiten, dem Zufall anheim stellt. Die Bereitung eines guten und haltbaren Weines ist daher nicht so leicht und einfach wie man gewöhnlich glaubt und durch den Mangel an richtiger Kenntniß dieser Verhältnisse geht viel Wein verloren, der sonst mit Leichtigkeit gut erhalten werden könnte.Man wird es für unglaublich halten, daß, nachdem nun der Weinstock schon seit so vielen Jahrhunderten gebaut wurde, die Weinbereitung nicht überall die größte Vollkommenheit erlangt hat. Allein ein tief eingewurzeltes Vorurtheil hat sich in manchen Gegenden jeder Verbesserung so hemmend entgegengestellt, daß wissenschaftliche Belehrungen, praktische Erfahrungen, die sichtlichen Fortschritte benachbarter, dem Vorurtheil entzogener Länder, die bitterste Noth der Bewohner nicht hinreichten, dasselbe bis jetzt ganz zu überwinden. Die Bewohner jener Gegenden lassen sich durch einige kluge Leute (Weinhändler und Weinspeculanten), welche daraus den größten Vortheil ziehn, dazu verleiten, jenes Vorurtheil beizubehalten. Das Vorurtheil besteht aber in der total unrichtigen Ansicht, daß der Wein ein Naturprodukt sei, daß der Wein vom Schöpfer bereitet werde und daß daher die Menschen nicht unterstützend eingreifen dürften. Und doch weiß Jedermann, daß die Weintraube ebenso wenig Wein, als die Kartoffel Branntwein enthält; daß der Most eine vollständige Umwandlung erleiden muß, bevor er in Wein übergeht und daß seine Bestandtheile hierbei entweder zersetzt oder größtentheils ausgeschieden werden; daß also der Wein dem Moste nicht mehr gleich gestellt werden kann, obschon er von demselben abstammt. Wie mag man daher nur noch die Behauptung aufstellen, daß der Wein wachse und der Mensch nichts dabei thun könne und dürfe! Wer eine solche Meinung jetzt noch vertheidigen will und den Wein als Naturproduct betrachtet, der folgt entweder schlechten eigennützigen Plänen oder hat überhaupt keine klaren Begriffe von Natur und Naturprodukten, zu welchen letzteren allerdings der in den Traubenbeeren eingeschlossene Saft, aber nicht der Wein gehört.

Lassen wir den Traubensaft, gleichgültig ob rein, oder mit den Kämmen, Kernen und Beerenhüllen vermischt, stehn, so beginnen sehr bald die in ihm enthaltenen Stoffe gegenseitig auf einander einzuwirken. Zuerst treten die Eiweißkörper in Thätigkeit

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