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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

Zellen zieht. Dieser scheint das Aufreißen der reifen Kapsel zu befördern, indem er eine Neigung hat, sich zu strecken. (S. die Figur unter der noch geschlossenen Kapsel). Dadurch werden die kleinen, als echte Sporen (sp.''') aus einer einzigen Zelle bestehenden, Samenkörnchen ausgestreut, deren jede Kapsel ungefähr 30 enthält, so daß demnach die Fruchtbarkeit der Farrenkräuter ganz außerordentlich ist; denn nach einer mäßigen Schätzung enthält ein großer Wedel des Wurmfarrens gegen 15,000,000 Sporen in etwa 500,000 Kapseln in 12,000 Fruchthäufchen. Die unendlich kleinen Sporen bilden ein braunschwarzes Pulver von außerordentlicher Feinheit.

In diesen geschilderten Verhältnissen stimmen alle Farrenkräuter im Wesentlichen überein und je einfacher wir dieselben finden, desto sinnreicher, um mich hier dieses Ausdruckes zu bedienen, müssen die Mittel sein, in diese so übereinstimmend organisirte artenreiche Pflanzengruppe Abwechselung zu bringen. Nächst den Gestalten des Wedels liegen diese Mittel vornehmlich in der Anordnung und Gruppirung der Fruchthäufchen auf der Rückseite des Wedels. Bald mit bald ohne Schleierchen versehen sitzen die Fruchthäufchen, bald regellos über die ganze Unterseite des Wedels verbreitet, bald am Saume desselben, oder längs der Seiten- oder der Mittelrippen, als runde Häufchen, oder als lange Streifen etc. Oft sind nur einzelne Wedel fruchtbar und diese sind dann den unfruchtbaren entweder gleich oder mehr oder weniger verschieden gestaltet. Nur wenige echte Farrenkräuter haben bei auch sonst etwas abweichender Gestalt ringlose Kapseln.

Farrenkräuter, Schachtelhalme, Bärlapp-Gewächse. – Charakter der Samen- oder Blüthenpflanzen und deren Hauptgruppen.

Unsre sämmtlichen europäischen Farrenkräuter haben einen unterirdischen, kriechenden, wurzelähnlichen Stamm, während z. B. die schöne Dicksonia antarctica auf Vandiemensland einen gegen 40 Fuß hohen Stamm hat. Dennoch tragen, namentlich in unsern deutschen Gebirgswaldungen die Farrenkräuter, welche wie kleine stammlose Palmenkronen im Schatten der Bäume stehen, nicht wenig zum landschaftlichen Charakter bei und mit den Farrenkräutern fehlt einem Gebirgswalde ein wesentlicher Schmuck.

Zu diesem Schmucke trägt aber auch die jetzt von den echten Farrenkräutern abgetrennte Ordnung der Schachtelhalme oder Equiseteen bei, an welche uns Fig. 15 erinnert, denn bekannt sind uns Allen die aus einzelnen hohlen Gliedern zusammengefügten Stengel oder Halme dieser eigenthümlichen Gewächse. Der gemeine Schachtelhalm, dessen sich der Tischler zum Glätten des Holzes bedient, und das Scheuer- oder Kannenkraut, womit das Zinn der Küche blank geputzt wird und von denen wir hier einen unfruchtbaren Stengel verkleinert, und in natürlicher Größe die Spitze eines fruchtbaren sehen, sind allgemein bekannte Beispiele. Jedes einzelne Glied des oft ästigen Stengels umfaßt an seiner Spitze mit einer vielspaltigen, meist schwarzbraun gefärbten, kronenähnlichen Scheide die Basis des nächstfolgenden und das Endglied trägt an seiner Spitze ein tannenzapfenähnliches Gebilde, welches in höchst eigenthümlicher Weise die Sporen biegt. Um die Axe dieses Gebildes, welches wir kaum mit einem Gebilde einer Blüthenpflanze vergleichen können, finden sich sechseckige Täfelchen auf einem Stiele sitzend, kleinen sechseckigen Säulentischchen ähnlich, eingefügt, welche auf ihrer Unterseite 6 kleine Säcke tragen (Fig. s'')[1], ähnlich den Säcken eines Billards. Klopfen wir einen eben in voller Entwickelung stehenden Fruchtkolben, wie wir dies Gebilde nennen wollen, auf der Hand aus, so entleert er ein reichliches gelbgrünes, überaus feines Pulver, dessen winzige Körnchen einige Minuten lang auf der Haut herumhüpfen. Es sind die Sporen, um welche 2 feine Bänder gewunden sind, welche auseinander schnellen und dadurch das Tanzen der Sporen hervorbringen (siehe die Doppelfigur sp.'''). Die auch durch k''' bezeichneten drei Figuren unter den Stengeln stellen die drei ersten Entwickelungszustände einer keimenden Spore des Schachtelhalmes dar.

Als Duwok läßt das Scheuerkraut seine geringen Dienste, die es als solches leistet, in der Landwirthschaft bitter entgelten, indem dieser hier und da im nördlichen Deutschland große Feldflächen mit seinen unausrottbaren Wurzelstöcken durchsticht und für Anbau beinahe unbrauchbar macht.

Wenn wir die Bärlapppflanzen, Lykopodiaceen, eine zweite den ächten Farren zunächst stehende Ordnung der Sporenpflanzen, auch nicht alle kennen, so kennt doch Jedermann


  1. Auf der Tafel zieht die gebrochene Punktlinie die zu Fig. 15 und 16 gehörigen Einzelheiten herbei.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_373.jpg&oldid=- (Version vom 13.12.2020)