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des Verfassers, theils ohne diese, mit geflissentlicher Umgehung seines Ausdrucks. Aber Sie irren sich, wenn Sie glauben, daß Zimmermann ein Gelehrter sei; er kann nicht einmal eine ordentliche Schulbildung bekommen haben, denn dann würde er die Fremdwörter richtig zu schreiben im Stande sein. Schlagen Sie gefälligst S. 169 der Wunder der Urwelt auf, wo der vorweltliche Ichthyosaurus abgehandelt wird, und sehen Sie da, wie der Verfasser dessen Namen durch Johann Ballhorn verbessert hat; er schreibt stets Ichtiosaurus, und schießt damit einen doppelten Bock. Hier hat er wenigstens nicht abgeschrieben, denn so hat noch kein deutscher Gelehrter den Namen verhunzt. Nicht besser steht es mit dem Plesiosaurus, den er Seite 168 Plessiosaurus nennt, und dem Pterodactylus, der stets nach französischem Muster Pterodactilus (S. 179. Seite 6); der Megalonyx desgleichen Megalonix (Seite 240); die Caryophyllia gar Cariophylla (Seite 299) etc. etc. lautet. Das sieht nicht so aus, als ob es ein Gelehrter geschrieben habe, besonders wenn daneben derselbe Name an andern Stellen richtig erscheint, wie z. B. der Plesiosaurus S. 6 und 177, obgleich der andere, z. B. Pterodactilus, an derselben Stelle in falscher Orthographie vorkommt. Der Abschreiber wußte offenbar nicht, welche von beiden Orthographien die richtige ist. –

Ach, das sind Nebensachen, wird man vielleicht einwenden, darauf kommt es nicht an. Aber es kommt wohl darauf an, wenn man sieht, daß auch der Inhalt ebenso fehlerhaft und so ungleich ist; je nachdem der Autor bald aus guter, bald aus schlechter Quelle geschöpft hat. Hauptsächlich aber erhalten diese Fehler Bedeutung, wenn man findet, daß Alles, was dem Verfasser etwa als seine eigne Erfindung angehören möchte, ganz mißrathen und unrichtig ist.

Da steht z. B. S. 4 ein großes Bild, das Verfasser sein Eigenthum nennen kann, denn in der Zusammenstellung, wie hier, findet man es nirgend wieder. Mylodon robustus, eine schlechte Copie von Owen’s schöner Figur, lehnt aufrecht an einem Sigillarienstamm, dem oben ein dünner horizontaler Ast entwächst. Dazu giebt es kein Original; diesen Stamm und seinen Zweig hat H. Zimmermann selbst erfunden. Aber er hat bei der Wahl desselben sich gröblich vergriffen. Die Sigillaria gehört der Steinkohlenformation an, also der primären Epoche; der Mylodon ist ein Diluvialthier, also jünger als die tertiäre Periode. Toller konnte man es nicht machen, um seine Unwissenheit zu verrathen. Hätte Jemand Hrn. Zimmermann Das, was er selbst uns vorlegt, als seine Leistung nur nachgesagt, so würde Jedermann, der hört, Hr. Zimmermann habe ein Buch über die Wunder der Urwelt geschrieben, annehmen müssen, daß es die allergröbste Verläumdung sei. Denn es ist unglaublich, zu sagen, Jemand, der über Wunder der Urwelt schreibt, könne noch die älteste und die jüngste Periode in einen Topf werfen, in eine bildliche Darstellung verschmelzen wollen. So etwas ist nie dagewesen, und wird schwerlich jemals wieder vorkommen.

Man glaube aber ja nicht, daß das der einzige Fall der Art in Hrn. Zimmermann’s Buch sei; o nein, es giebt mehrere, ganz gleichstehende Schnitzer, wenn auch in anderer Sphäre. Seite 214 sind zwei Figuren von Krebsen gegeben, von denen die linke ein Kunstprodukt ist, die rechte unserm Flußkrebs im Kleinen ähnelt. Dabei heißt es im Text wie folgt: „Welch’ ein Unterschied ist zwischen den ältesten krebsartigen Thieren, den „Terebrateln (soll wohl heißen Trilobiten) und den hier vorliegenden, welche „denen der Gegenwart so vollständig gleichgestaltet sind,“ etc. Die Figur links kann alles Mögliche sein, aber einen lebenden Krebs der Gegenwart stellt sie nicht vor. Die Terebrateln sind Mollusken, keine Krebse; sie, die eine so wichtige Rolle als Leitmuscheln fast aller Formationen spielen, scheint H. Zimmermann kaum zu kennen; sie kommen in seinem Buche außerdem S. 307 beiläufig als Muscheln vor, während er sie doch an dieser Stelle zu den Krebsen gebracht hat. Je toller, je besser, Hr. Zimmermann; Sie machen es dem Leser leicht, Sie zu erkennen, Sie stellen sich ganz ohne Scheu in ihrer völligen Unwissenheit zur Schau. Da ist es denn wohl überflüssig, daran zu erinnern, daß Seite 12 eine Ophiure vorstellt und nicht wie Sie S. 134 sagen, eine Asterias. –

Obgleich eigentlich schon genug gesagt ist, um den Autor der Wunder der Urwelt in seiner wahren Gestalt zu zeigen, so möchte es doch besser sein, noch etwas weiter zu gehen, und darzuthun, wie einleitungsweise geäußert wurde, daß alles Gute und Brauchbare des Buches in Abschriften oder Nachbildung fremder Arbeiten besteht, und das Ganze durch und durch ein Plagiat ist, welches nur stellenweis von der Unwissenheit des Abschreibers bis zum Unkenntlichwerden entstellt wurde. Hierbei beschränke ich mich darauf, den Antheil zu reclamiren, welchen ich selbst an Hrn. Zimmermann’s Wundern der Urwelt habe; die übrigen Herren, denen er seine Seiten verdankt, mögen ein Gleiches thun, dann wird Hr. Zimmermann bis auf’s Hemde ausgezogen worden sein. Ich werde ihm nur einige seiner Prunkgewänder direct abzufordern haben, darf indessen behaupten, daß er, ohne meine „Geschichte der Schöpfung“ zur Grundlage zu haben, sein Buch schwerlich in Angriff genommen hätte; denn eigentlich ist dasselbe nur eine mit meinem Material aufgesetzte, sehr verdünnte, und durch allerlei andere Bettelbrocken veranstaltete Wassersuppe.

Die erste Umschreibung begegnet uns S. 54. Wer dieselbe liest, wird die unverkennbarste Uebereinstimmung mit den ersten Seiten meiner Geschichte der Schöpfung bald finden; eine förmliche Abschrift ist es aber nicht, der Verf. hat einige Gemeinplätze hinzugethan, z. B. Zeile 9 von unten die „Zeitungsnachrichten,“ und dadurch sich sein Eigenthumsrecht gewahrt. In dieser umschreibenden Weise, bald mehr, bald minder nach eigner verflachender Manier überarbeitet, geht es fort bis S. 65, wo förmliche Abschriften deutlicher werden, so z. B. der zweite Absatz, welcher im Original bei mir S. 325 (5. Aufl.) zu lesen ist. Nicht anders ist die Entwickelung der Thierformen S. 74 u. flgd. ein vollständiges Plagiat; die Vergleichung mit meiner Darstellung S. 313 flgd. zeigt es deutlich.

Wir überlassen es Herrn Cotta, sein unbestreitbares Eigenthumsrecht am folgenden Kapitel S. 83 flgd. zu reclamiren, und machen nur im Vorbeigehen darauf aufmerksam, daß die Darstellung der Braunkohlenformation S. 123 flgd. so viele Analogie mit derselben in unserer Geschichte der Schöpfung zeigt, daß es nicht gut möglich ist, sie für blos zufällige zu erklären. Im folgenden Kapitel S. 130 flgd. von den Thieren der Vorwelt, hat sich der Verf. sichtbar bemüht, mein Material möglichst selbstständig zu verwenden, und es ist nicht zu leugnen, daß ihm das in ziemlichem Grade gelungen zu sein scheint. Obgleich der ganze Gedankengang mein Eigenthum ist, so hält es doch schwer, Stellen nachzuweisen, die Verf. direct abgeschrieben hat; die Darstellung ist so zusammengedrängt, daß nur Derjenige die Umschreibung bemerkt, welcher die Eigenthümlichkeit meiner Anschauungsweise der thierischen Formen kennt, und weiß, daß eine analoge bei andern zoologischen Schriftstellern nicht vorkommt. Man kann nicht leugnen, Herr Zimmermann hat sich einige Gewandtheit in dem Ummodeln des geistigen Eigenthums Anderer erworben, die nur Folge einer langen, vieljährigen Uebung und Beschäftigung damit sein kann. Er weiß mit Geschick zu freibeutern, und dadurch sich als Voleur unkenntlich zu machen. –

Indessen fehlt es nicht an Stellen, welche dem Kundigen bald die Augen öffnen und zeigen, daß es durchaus nur Uebung und Gewohnheit in dieser Beschäftigung ist, welche ihn mit einiger Sicherheit leitet; nicht eignes Urtheil oder eine richtige Kenntniß der Dinge selbst. Wenn man Seite 155 die Vergleichung des Crinoideensternes mit der Blüthenscheide von Calla aethiopica, und darin Pystill statt Pistill geschrieben sieht, so weiß man gleich, wie der Mann beschaffen sein muß, der das schreiben konnte. Auf der folgenden Seite 156 wird mir die Ehre angethan, das erste Mal bei Namen genannt zu werden; Verfasser citirt eine kleine Stelle von drei Zeilen aus meinen geologischen Bildern, und macht so dem Publikum weiß, daß er nur an diesem Orte sich auf mich stütze. Ich thue ihm indeß Unrecht, wenn ich behaupte, er habe Alles von mir; Seite 158 führt er den Archegosaurus an, und erläutert seinen Bau durch den halben Querschnitt eines Labyrinthodontenzahnes, wobei gesagt wird, daß die Frösche keine Zähne haben. Das Alles ist bei mir nicht zu finden, obgleich Anklänge davon vorkommen; der Verfasser hat durch Auslassungen ein Kauderwelsch geschaffen, das der kundige Gelehrte zwar entziffern könnte, das aber so, wie es dort lautet, eben nichts weiter als Unsinn ist.

Das geht nun so fort im folgenden Kapitel durch die sekundäre Epoche, welche Verf. S. 164 als „Formation“ anspricht, und hier kommen die vielen belehrenden orthographischen Schnitzer vor, deren wir einleitungsweise gedachten; der Ichtiosaurus, Plessiosaurus, Pterodactilus, zum Theil vermengt mit herrlichen sachlichen Irrthümern, wie z. B. Seite 180, wo der Mystriosaurus als ein 40 Fuß langes Krokodil mit handartigen Tatzen auftritt, während doch gerade diese Gattung viel kleinere Vorderpfoten hat, als die lebenden Krokodile, und, soweit bekannt, nicht über 20 Fuß lang war. Das Iguanodon nimmt sich daneben als „Raubritter des Meeres“ curios aus; der arme Schelm muß sich viel gefallen lassen; er hat schwerlich jemals im Meere gesessen, und wenn er ein „Raubritter“ war, so trieb er sein Handwerk wenigstens als ehrlicher Mann mit Geschick, denn die Natur hatte ihn dazu gestempelt; nicht als Pfuscher, gleich einem Plagiarius. –

Woher Verf. die wunderbare Polypenfigur S. 188 genommen, weiß ich nicht; vergriffen aber hat er sich damit; denn so hat nie und nimmer ein Polyp ausgesehen, das kann ich versichern. – Die Figuren der folgenden Seite sind aus R. Wagner’s, Icones zootomicae und genügend für ihren Zweck copirt; eben daher stammen auch die meisten der spätern Bilder bis zu den Foraminiferen, welche einen ähnlichen obscuren Ursprung, wie das Bild S. 188, verrathen. – Seite 212 ist wieder einmal mein Name eingestreut, und die folgende Seite durch einen starken Druck- oder Schreibfehler entstellt; Hylaea orbyniana soll wohl Hyalaea D’Orbignyana heißen; denn auf eine Hyalaea läßt sich die unkenntliche Figur allenfalls deuten. Wie toll es der Abschreiber treibt, zeigt wieder S. 216 recht deutlich; hier steht vier Zeilen von einander „Licopodien“ und „Lycopodiaceen,“ gleich als ob das verschiedene Dinge wären.

Mancherlei Unrichtiges wird auch von den großen Säugethieren der Diluvialepoche berichtet, und fast auf jeder Seite kommt in der Beschreibung ein oder der andere Fehler vor. Daß die Didelphys als die zwei Mal gebärenden vom Verf. angesprochen werden, mag er vertreten, es scheint das seine eigne Erfindung zu sein; das Thier heißt so, weil es eine doppelte Gebärmutter (Uterus) zu haben scheint, nicht weil es seine Jungen zwei Mal gebiert. Paläontherium muß Paläotherium, und Anaplotherium sprachrichtig Anoplotherium lauten. Selbst in der Geschichte ist unser Verfasser nicht bewandert, er nennt die Cimbern S. 231 Cymbern. S. 235 wird das Mastodon 30 Fuß lang gemacht, auf Koch’s Interpolation sich stützend; ja Seite 237 kommt gar ein ähnliches Thier von 60 Fuß Länge in Aussicht! – Wie gut, wenn man nicht viel weiß; wie vortrefflich kann man in dem Fall aufschneiden, und Leichtgläubige in Erstaunen setzen. Die Unwissenheit des Verf. erscheint wieder S. 252 recht grell; hier bildet er einen Haifischzahn als den von Zeuglodon, einem Säugethiere, ab; die Hauptsache, worauf es beim Säugethier ankommt, die beiden Wurzeln, fehlen. Unser Autor scheint in einer etwas trüben Quelle gefischt zu haben, wie die ganze Behandlung der urweltlichen Säugethiere, welche im Styl an die S. 233 citirte Petrefactenkunde von Quenstedt erinnert, darthut.

Es genügt das Bisherige wohl, um zu beweisen, war ich behauptet habe, daß Herr Zimmermann nicht blos ein Plagiarius ist, sondern auch gar kein Gelehrter. Die Kapitel, welche von der Gegenwart handeln, sind nicht aus meiner Geschichte der Schöpfung erborgt, sondern aus andern Werken, deren Inhalt ich nicht genau genug kenne, um den Ursprung jedes Plagiats belegen zu können; ich selbst trete erst S. 463 wieder in die Scene, und hier, wo mich Verfasser wörtlich abschreibt, ist er auch ehrlich genug, mich zu nennen, gleich als ob ich übrigens nicht bei ihm betheiligt wäre. Wie viel er hier abgeschrieben hat, sagt er wohlweißlich nicht; es sind ziemlich 3 Seiten, das was vorhergeht und nachfolgt, hat wieder mehr

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