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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

Coulissen nieder, wo der Director, Regisseur und die übrigen Schauspieler lehnten, ganz betäubt von diesem vulkanischen Beifallsausbruch, der dem jungen Debütanten wurde. – Und als nach dem vierten Aufzug, in welchem Shylock zum letzten Male auftritt, der Vorhang fiel, brauste nur ein Ruf durch das Haus, der Ruf:

„Mr. Carey! Mr. Carey!“

Dieser aber saß ruhig in seinem Ankleidezimmer, eine schlechte Cigarre für drei Pence rauchend und ruhig das Ende der Vorstellung erwartend. Und als der Director und der Regisseur eilig die Thür des Kabinets aufrissen und ihn unter unzähligen Beglückwünschungen und Komplimenten baten, sogleich mit ihnen auf der Bühne zu erscheinen, da das Publikum stürmisch nach Mr. Carey rufe, antwortete er, sich mit einem gewissen Selbstgefühl emporrichtend: „Es giebt von heute Abend an keinen Mr. Carey mehr – Mr. Carey, der auf den Provinzialbühnen den Hanswurst und den Hamlet spielte, Mr. Carey, der zu dem londoner Bartholomäusmarkte in den Strandtavernen als Jocko im „Brasilianischen Affen“ Burzelbäume schlug und auf dem Seil seine Kunststücke produzirte, ist heute Abend gestorben, aber sagen Sie dem Publikum, daß Edmund Kean, der Darsteller des Shylock im Drury-Lanetheater sogleich erscheinen wird.“ Und Kean erschien vor dem Publikum, dessen Liebling er von diesem Abend an wurde, um sich für die ihm geschenkte Nachsicht und den gespendeten Beifall zu bedanken.

(Schluß folgt.)




Panorama vom Thüringerwalde in der am weitesten sichtbaren Ausdehnung von Ilmenau bis Eisenach (7 Meilen).
(Gezeichnet an der thüringischen Eisenbahn zwischen dem Leinekanal und Fröttstedt.)

1. Kickelhahn bei Ilmenau, 2652 F. 2. Schneekopf, 3043 F. 3. Kienberg bei Ohrdruff. 4. Herzberg. 5. Brand (beim ruhlaer Steuerhaus). 6. Ziegelberg bei Schönau. 7. Chaussee von Gotha. 8. Hohe Tanne bei weimar. Stützerbach. 9. Dörnberg. 10. Dachsberg bei Ernstroda. 11. Körnberg bei Friedrichsroda 1994 F. 12. Schauenburg bei Friedrichsroda. 13. Reinhardtsberg bei Reinhardtsbrunn. 14. Abtsberg, Schloß Reinhardtsbrunn gegenüber. 15. Simmetsberg, in der Nähe die Tanzbuche. 16. Schorn, zwischen Taberz und Reinhardtsbrunn. 17. Großer Jagdsberg bei Broterode. 18. Uebelberg (Pavillon) bei Taberz, 2200 Fuß. 19. Walterhausen mit Schloß Tenneberg. 20. Inselsberg. 21. Hübel bei Caberz. 22. Tröhberg bei Winterstein. 23. Lauchaer Holz. 24. Große Marktberg bei Ruhla. 25. Mittelberg. Ruhlaer Forst. 26. Der hohe Stillstein bei Schmalkalden. 27. Lauchaer Holz. 28. Laucha. 29. Wartburg. 30. Hörselberg, 1535 Fuß. 31. Bahnhof Fröttstedt.


Der Thüringerwald.

„Für den gefühlvollen Menschen,“ sagt Ludwig Storch in seinem Wanderbuche, „der, nach des Terenz bekanntem Ausspruche, nichts Menschliches sich fremd glaubt, hat unsere Zeit manches Schwüle, Drückende und Verletzende, vielleicht in kleinen Staaten noch mehr, wo die blau verhüllenden, poetisch verklärenden Fernen und die malerischen Perspektiven wegfallen, und die nackte Wirklichkeit grell in die Augen springt. Da übt denn ein so nahes herrliches Gebirge, wie der Thüringerwald, eine wahre Zauberheilkraft auf das verwundete, bedrängte Gemüth, und wenn man oben steht auf den sonnigen Höhen, wenn man die einsamen Gründe mit dem Waldbache durchwandert, fühlt und erlebt man die tiefe Wahrheit von unsers Schiller’s Ausspruch, daß auf den Bergen die Freiheit wohnt. Wenn mich der Unmuth über so Manches, was man nicht näher bezeichnen darf, fast erdrückte, wenn mich Kummer und Gram in tausenderlei Seelenschmerzen, an denen ich vielleicht reicher bin, als mancher Andere, heimsuchten, wenn die Gemeinheit einmal ihren Schmutz nach mir geschleudert, der für ein Dichterherz stets zum giftigen, nie fehlenden Pfeile wird, wenn ich anfing, die Eitelkeiten und Thorheiten der Menschen mit grämlichem Gesichte zu betrachten: dann eilte ich in’s Gebirge; und so oft ich auch mit trüber Seele, ja mit thränendem Auge in die Thalpforte getreten bin, stets trat ich heiter, lächelnd, zufriedenen Herzens wieder heraus.“

Und Storch hat Recht, keins der uns bekannten Gebirge übt

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verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_308.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)