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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

Sie bildet dann einen Theil der Architektur des Gebäudes und trägt außerdem viel zu dessen Schönheit bei. Es ist wunderbar, wie man mit einer Veranda und Schlingpflanzen ein unansehnliches, sogar häßliches Gebäude völlig verändern und verschönern kann, namentlich, wenn dasselbe im Verhältniß zu hoch ist. Das nüchternste Gebäude wird durch eine Veranda schön. Die Veranda kann als bedeckter Gang das Wohnhaus umgeben, und als schattiger Gang über den Hof führen, oder auch blos an der Sommerseite angebracht sein. Es kann keinen reizenderen Vorplatz geben, als eine unmittelbar mit dem Hause verbundene Veranda. Damit die untern Zimmer nicht zu sehr verdunkelt werden, muß die Veranda hoch angebracht werden. Man macht sie an Gebäuden aus diesem Grunde auch oft schräg (dachförmig) und läßt sie bis unter die Fenster des ersten Stockes gehen, wodurch allerdings die Architektur des Gebäudes sehr verdeckt wird. Die wahre Pergola oder Veranda hat oben weit entfernte Querhölzer, es ist aber gut, Draht dazwischen anzubringen, um die Schlingpflanzen besser befestigen zu können. Die Seiten sind stets ganz offen und außer den Säulen nie mit Schlingpflanzen bezogen. Gerade dies bedingt ihren Charakter und macht sie so schön. Wo Wein gedeiht, sollten nur Reben an der Pergola gezogen werden, denn dies ist ihre Bestimmung.

H. Jäger.



Cuzco, die alte Inca-Hauptstadt und die neue Republik Peru.

An der östlichen Seite der großen Andeskette in Südamerika, fern von den zugänglichen Gestaden des großen Oceans erhebt sich auf Felsen trotziger Höhe der Brennpunkt alter inca-indischer Kultur, Cuzco. Wenige europäische Reisende haben es besucht und beschrieben. Zwar hat es in keinen Lande an Schriftstellern gefehlt, welche sich die blutigen Metzeleien, unter welchen das blühende Inca-Reich durch spanische, grausame Habsucht ruinirt ward, entgehen ließen; aber von den Monumenten und den übriggebliebenen Menschen dieser alten Kultur hatten wir bisher kaum eine an Ort und Stelle aufgenommene Schilderung. Viele haben von Ueberbleibseln alter aztekischer Reiche, von den Hügeln Cholula’s, den Ruinen Tlascala’s u. s. w. geschrieben, aber die cyclopischen Mauern alter peruvianischer Civilisation blieben bisher ohne alle persönliche Untersuchung.

Deshalb unternahm Mr. Markham, Mitglied der geographischen Gesellschaft in London, eine eben so kühne als dankbare Heldenarbeit, die Geschichte und die Monumente jener alten Inca-Kultur persönlich aufzusuchen und zu erforschen. Bloßer Durst nach genauerer Kunde über diese merkwürdige Race und ihr Reich trieb ihn im August 1852 dahin. Er ging über den Panama-Isthmus im October und dampfte in wenig Tagen an der Küste entlang nach Lima, die Hauptstadt der alten spanischen Macht, die das Mutterland selbst an den Bettelstab bringen half, jetzt Hauptsitz einer unabhängigen republikanischen Regierung und eines bunten, lebendigen Handels und Wandels. Von hier aus begann das eigentliche Ziel und die Schwierigkeit, aber auch die Schönheit der Reise durch die luxuriöseste tropische Vegetation und Landschafts-Poesie, belebt von reichen Heerden fetter Kühe und in kostbarsten Seidenstoff gekleideter, munterer, graciöser Alpaca’s und Vicuña’s, von nomadisch einherwandernden braunen und rothen Nachkommen des alten Inca-Volks und Bergleuten aller Völker in Silber-, Kupfer-, Kohlen-, Blei-, Zinn-, Quecksilber- und Goldminen, deren Menge und Reichthum kaum zum hundertsten Theile bearbeitet wird, so daß Industrie, Speculation und Habsucht noch ein unerschöpfliches Feld ihrer Thätigkeit finden. Wir lassen uns hier auf dieses verführerische Thema nicht ein und begleiten unsern Reisenden direct nach der alten Hauptstadt der Inca’s.

Von Lima zog Mr. Markham 120 englische Meilen lang über ein Meer sandiger, steiniger Wüsten, in denen Oasen wie lachende Inseln sich erheben, nach Pisco, um unterwegs Land und Leute zu studiren. Die Leute sind ein sonderbares Gemisch von eingebornen Spaniern, Mischlingen zwischen Spaniern, Indianern, Negern, Europäern, darunter auch vielen Deutschen, kurz, allen möglichen Formen und Farben von Menschen. Spanier von peruvianischer Geburt bilden im Durchschnitt noch die reicheren Klassen, die ärmern und arbeitenden bestehen hauptsächlich aus Negern und Mischlingen. Erstere wohnen in großen steinernen Häusern, die je einen plaza oder viereckigen freien Hofraum einschließen, die ärmeren desto armseliger in Buden von Rohr, deren Zwischenräume mit Lehm ausgeklebt und dann je nach den Mitteln der Einwohner überdacht oder auch für Regen und Sonnenschein offenherzig gelassen sind. Alle Gebände sind niedrig, einstöckig wegen der vielen Erdbeben an der Küste, welche höhere Bauten leicht zusammenschütteln und die Bewohner darunter begraben. Viele Dörfer bestehen blos aus armselig zusammengeklebten Hütten, aber mit eleganten Kirchen in deren Mitte. Man braucht nicht viel Wohnung. Die Natur ist, wo sie einmal die Wüste überwunden hat, so üppig und schön, daß es als Sünde erscheint, in Häuser zu kriechen. Besonders zauberisch ist das Thal Mala, ein üppiges, quellendes, blühendes Gedränge von Baumwollenwäldern, Orangenhainen, Weingärten, Bananen-Parks und Maisfeldern. Die Ortschaften dieses Thales, wie z. B. Canete, zerstreuen sich in malerischer Schönheit in Blumen- und Fruchtgärten von Alligator-Pfirsichen, an hohen, graciösen Bäumen, Orangen, Citronen und delicaten Granadilla’s oder Früchten der Passionsblume, die sich in üppigen Guirlanden verzweigen und im Winde duftend und wehend herabhängen. Durch fast jeden dieser Gärten springt und perlt ein kühlender Strom aus den Gebirgen herab. Das Murmeln und kühlende Rauschen dieser in unzähligen Armen und Fingern sich vertheilenden Bergströme giebt den süßen Abenden unter einem sanften blauen Himmel nach brennender Tageshitze einen unsäglichen Reiz von Melodie, Frische und Erquickung.

Von Pisco ging die Reise erst landein- oder vielmehr aufwärts, zunächst nach Ica, am Fuße der Cordilleren. Hier versah sich der Reisende mit allen möglichen Mitteln, um die Heldenthat einer Uebersteigung der Cordilleren auszuführen, mit Lebensmitteln, Führern und Trägern. Letztere waren natürlich Maulesel, besonders reichlich mit Weinschläuchen versehen, verfertigt von Ziegenfellen, die den Thieren lebendig abgezogen werden, weil man aberglaubt, der Wein halte sich darin besser. Der Aberglaube schindet noch ganz andere Leute lebendig als Ziegen.

Die Reise führte zuerst über große Weideplätze, besäet mit Heerden von Kühen, Pferden und Mauleseln, dann durch eine wüste Schlucht zwischen Felsenterrassen, den hängenden Gärten der alten Peruvianer, jetzt wild übertapezirt von Heliotropen, Verbenen und scharlachrothen Salvien, auf Hügelkämmen entlang, durch grüne, blühende Schluchten und Felder bis zu dem Gebirgsdorfe Tambillo, von da höher hinauf über ungeheuere, graswogende Pampas, die terrassenförmig immer eine höher liegen als die andere, durchwüthet in allen möglichen Richtungen von Sturzbächen und rauschenden Stromschnellen, an welchen unabsehbare Heerden graciöser Vicuña’s trinken und munter davon galoppiren, sich neckend und haschend und allen möglichen Uebermuth unbeschränkter Freiheit und Fülle treibend. Den Pampas folgten bald Punas, ebene Strecken, zwischen erhabenen Klippen eingeklemmt und nicht selten schon mit Schnee bedeckt. Dazwischen donnerten und polterten unzählige Wasserstürze von und nach allen Richtungen in entsetzlicher Verwirrung, einige nach dem stillen Oceane drüben sich zusammenraffend, andere sich kämpfend nach dem atlantischen Meere hinunter arbeitend.

Nachdem Mr. Markham in einer Höhle, von Schneegestöber, Donner und Blitz und Thauströmen umrauscht, an seinen Maulesel gelehnt, stehend geschlafen hatte, war der höchste Punkt erreicht, und es begann die viel halsbrechendere Operation des Heruntersteigens nach der östlichen Seite der Cordilleren an Abgründen vorbei, in welchen steil herunter 800 Fuß tief unbändige Wasser donnerten auf glasglatten Wegen, auf welchen nur ein Fuß Raum hatte, Terrassen herauf mit Stufen, 7 Fuß auseinander, über Brücken aus alten Baumstämmen, die unergründlich tiefe Abgründe verbanden u. s. w., bis sich endlich wieder Vegetation und Leben, Tafelländer, Kartoffelfelder, indianische Bauern und indianische Mädchenreihen, Taille um Taille geschlungen und singend zwischen horchenden Viehheerden, wieder einfanden. Die erste Stadt, die er auf dieser Seite erreichte, war Agacucho am Fuße eines steilen Gebirges zwischen Fruchtbäumen versteckt, in der Mitte mit

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