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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

Ich habe die Straße vergessen, denn Wien hat viele Straßen, wo das Palais liegt, über dessen Portal mit großen goldenen Lettern der Name „Metternich“ steht. Wir konnten nur flüchtig alle Säle durchwandern. In einem waren die Marmorbüsten fast sämmtlicher europäischer Monarchen, ein anderer enthielt Portraits, unter denen mir die Bildnisse der verstorbenen Fürstin und Wellington’s, beide von Lawrence gemalt, am meisten auffielen. Kurz vor seinem Tode hatte der eiserne Herzog dem Fürsten sein Bildniß geschenkt. In einem andern Saale, auf einer großen Tafel unter Glas, befanden sich die Orden des Staatsmannes – zuletzt trat ich auch in sein Studirzimmer, in dem der Arbeitstisch Napoleon’s stand.

Mein gütiger Führer hatte dem Fürsten zu sprechen. Wir durchschritten einen Theil des Parks, ehe wir in ein Gartenhaus im italienischen Geschmack gelangten, vor dem mehrere der seltensten Papageien in vergoldeten Käfigen prangten. Professor R. lud mich ein, mit in’s Vorzimmer zu treten, und ich hatte eben noch Zeit, durch die Spiegelscheiben den berühmten Staatsmann an seinem Pulte zu sehen, mir den Rücken zugekehrt. Ist das Metternich? dachte ich bei mir; diese aufrechtsitzende, hohe Gestalt, die ich mir klein und gekrümmt vorgestellt hatte? Ich sollte bald darauf noch mehr überrascht werden.

Das Empfangszimmer war mit Statuetten, antiken Waffen, Schilden und ausgegrabenen römischen Geräthschaften geschmückt. Ich hörte im Zimmer des Fürsten sehr laut sprechen, und unterschied natürlich dessen Stimme sehr deutlich. Plötzlich öffnete sich die Thür. „So kommen Sie doch herein“ – trat mir der Fürst entgegen. Meine Toilette, die auf einen solchen Besuch durchaus nicht gerüstet war, setzte mich einigermaßen in Verlegenheit. Der Fürst bemerkte dies, und fügte lächelnd hinzu: „ich sehe auf Dergleichen nicht.“ Die Unterredung dauerte, wie sich von selbst versteht, nicht lange, und ich durfte mich nach wenigen Minuten empfehlen.

Ueber die politische Bedeutung dieses außerordentlichen Mannes nur ein Wort fallen zu lassen, wage ich nicht. Ich will nur versuchen, den äußern Menschen zu schildern, wie ich ihn damals sah. Der Fürst ist sehr groß und breitschulterig gebaut. Sein Kopf hat einen überaus klugen und listigen Ausdruck. Der Blick des Auges verräth die durchdringende Schärfe seines Verstandes, die Linien um den Mund die nie beirrte Ruhe des Diplomaten, der einst, vielleicht noch jetzt, die politischen Fäden halb Europa’s zusammenhielt und leitete. Die Augenbrauen sind stark und hochgeschweift, die Stirn schmal und hoch, das Haar weiß und in streng-stylisirtem Schwung, wie man gewöhnlich Goethe’s Haar auf seinen Büsten sieht. So erschien mir der Fürst vor vier Jahren.

Metternich soll noch jetzt täglich gegen dreißig Briefe schreiben. Er hat wohl seit zehn Jahren keinen Fuß mehr auf die Straßen Wiens gesetzt, so daß ihn viele Wiener von Person nicht kennen würden, ließe seine ganze Erscheinung nicht etwas Außergewöhnliches vermuthen, wenn er dann und wann im Wagen gesehen wird. Die mächtigsten Herrscher, besonders der verstorbene Czaar von Rußland, unterließen es nie, in seinem Hotel abzusteigen, so oft sie nach Wien kamen und, hat man nur einmal den greisen Staatsmann gesehen, darf man überzeugt sein, daß ihn auch dann keinen Augenblick das stolze Bewußtsein seiner Weltstellung verließ.

Als der Fürst von der Flucht Louis Philippe’s hörte, soll er nur gesagt haben: „Das ist schlimm für uns.“ Als er die Nachricht vom Tode Wellington’s, seines persönlichen Freundes, erfuhr, soll er leise vor sich hin gesprochen haben: „So – – –.“ Diese stoische Ruhe, ohne die allerdings ein großer Diplomat nicht leicht denkbar, verließ ihn auch nicht in einem jüngst so verhängnißvollen Jahre. Zur herbeigerufenen Dienerschaft sagte er: „Geht, Kinder, ich kann Euch weder mehr behalten, noch schützen.“

Die Vorsehung wollte es aber anders!




Die Gartenlaube.
Baumlaube. – Hängelaube. – Heckenlaube. – Die gewöhnliche Holzlaube. – Schlingpflanzenlaube. – Eisen- und Drahtlaube. – Italienische Laube und Veranda’s.

Die Lauben sind wohl so alt als die erste menschliche Kultur und wurden sicher schon gezogen und gepflegt, als die Menschen das Jäger- und Hirtenleben mit dem Feld- und Gartenbau vertauschten. Sie haben sich seit Jahrtausenden in den Gärten gehalten und werden in den kleinen Haus- und Blumengärten bleiben, so lange es Gärten giebt. Nur im Park und in den Landschaftsgärten sind sie entbehrlich geworden, weil in diesen der schattige Wald selbst zu einer Kunstschöpfung zusammengezogen ist. Aber auch hier sind stille, abgeschlossene wohnlich eingerichtete Plätze angenehm und sogar Bedürfniß. Sie sind daher auch im sogenannten englischen Garten neuerlich wieder sehr begünstigt worden, werden aber zumeist mit der Architektur verbunden und an oder nahe bei Gebäuden angebracht, was ihrer Bestimmung auch ganz angemessen ist.

Wir wollen uns diese verschiedenen Lauben näher betrachten.

Die einfachste und natürlichste Laube bildet der Baum. Er ist das Urbild der Laube, die er auch vertritt, wenn gar nichts an ihm geschieht und seine Krone sich frei entwickeln kann. Man hat weiter nichts daran zu thun, als den Stamm auszuästen, um die geeignete Höhe zu bekommen und ebenfalls die Aeste auf ein Geländer zu stützen oder sie nöthigenfalls herunterzuziehen. Unter solchen Lauben-Bäumen ist es in der That am Angenehmsten, besonders, wenn man eine schöne Aussicht von dem Platze hat, die durch keine Seitenwand beschränkt ist. Die Luft ist hier auch bei großer Hitze angenehm kühl, während sie in geschlossenen, dichten Lauben oft drückend dumpf oder schwül ist. Dagegen ist man auch dem Zuge mehr ausgesetzt, und es ist immer zweckmäßig, im Rücken ein Gebüsch anzubringen oder eine förmliche Hinterwand, und wenn es sehr zugig an dem Platze ist, auch Seitenwände, wenigstens so weit der Sitz reicht, zu errichten, die aus Hecken oder einem mit Kletterpflanzen bezogenen Geländer bestehen. Auf Anhöhen mit schönen Aussichten, besonders nach Abend zu, sollte man immer solche Lauben anlegen. Sie eignen sich auch in jedes Landschaftsbild, während künstliche Lauben in manche Landschaft gar nicht passen wollen.

Eine ganz andere Art Lauben bilden die Bäume mit hängenden Zweigen, besonders die Hänge- oder Traueresche, die hängende Sophora (Sophora japonica pendula), die hängende Eberesche (Sorbis aucuparia pendula), die schwarze Schirmweide (Salix nigra pendula), die sogenannten Trauerrosen, d. h. auf hohe wilde Rosenstämme geimpfte Kletterrosen u. a. m. Läßt man diese ungehindert wachsen, so berühren die Aeste bald den Boden und bilden ein nach allen Seiten geschlossenes rundes Laubzelt. Sie haben den großen Vortheil, daß sie ein köstliches Versteck gewähren und doch nicht auffallen und dabei nach allen Seiten die Aussicht gestatten, wenn sie, wie es meistens der Fall ist, auf Rasenplätzen angebracht sind. Will man blos einen Schirm, der nach allen oder zwei Seiten offen ist, so bringt man ein Gestell an, auf welches sich die Aeste legen, und schneidet die zu tief herabhängenden alljährlich ab. Auf diese Weise kann man einen Schirm von 20 bis 30 Fuß Durchmesser aus einem einzigen Baume bilden. Diese Art Lauben sind besonders für Wirthschafts- und Gesellschaftsgärten zu empfehlen. Säulen und Gestell können aus bearbeitetem und angestrichenem oder aus noch mit der Rinde bekleidetem Holze bestehen.

Köstliche Lauben bildet der hochstämmige Baum, wenn Kletterpflanzen sich dazu gesellen, und diese Form ist unendlicher Abwechselungen fähig. Soll der Charakter des Baumes nicht geschwächt werden, so klettern die Schlingpflanzen nur am Stamme empor und verbreiten sich, wie natürlich von Ast zu Ast, so daß nach und nach eine grüne ebene Decke entsteht, aus der nur einzelne Ranken in malerischer Unordnung herabhängen. Soll dagegen mehr der Charakter der Laube hervortreten, und ein gewisser Abschluß nach Außen stattfinden, so werden in passender Entfernung vom Stamme und möglichst regelmäßige Stützen oder Säulen angebracht, an welchen die Schlingpflanzen hinaufklettern können.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_267.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)