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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

Benutzen seiner Lage. Wohlwissend, daß an Flucht oder an Gnade nicht zu denken war, sprang er plötzlich mit seiner katzenartigen Geschicklichkeit an einem Hinterfuße des Elephanten in die Höhe und hielt sich fest, wie angewachsen, da der Gelenkabsatz am Fuße des Elephanten ihm zugleich einen festen Standpunkt gab. Der wüthende Riese schüttelte und griff bald links, bald rechts nach ihm, ohne ihn zu erreichen. Zugleich begriff er offenbar durchaus nicht, was dies für eine Ladung hinten war, so daß er erstaunt und erschreckt mit einem schrillen Gekreisch, mit starr aufgerichtetem Rüssel und Schwanze ausriß, ohne jemals Halt zu machen, bis er ganz aus dem Gesichtskreise war. Der Buschmann war in einem Dickicht leise heruntergerutscht und in entgegengesetzter Richtung mit aller Macht seiner Füße davon gelaufen. Dies war nicht nöthig, denn der Elephant, nicht minder erschreckt, dachte wahrscheinlich während der nächsten zehn Meilen seiner Flucht nicht ein einziges Mal daran, sich umzusehen.




Der See im Glase.


Neben dem „Ocean auf dem Tische“, der in englischen Küstenstädten jetzt so allgemeinen Beifall findet, darf sich „der See im Glase“ für die Binnenlandsbewohner schon sehen lassen. Beide sind erfreuliche Zeichen von dem täglich zunehmenden Geschmack für Natürliches, und neben der Beschreibung des ersteren in Nr. 38 des vorigen Jahrg. der Gartenl. von einem andern Verfasser, der in Deutschland zuerst Mittheilungen über das Aquarium überhaupt gab, geben wir nun hier eine Beschreibung des „See's im Glase“ und eine ausführliche Anleitung zu dessen Einrichtung und Abwartung.

Als von England aus der Ocean auf dem Tische oder, wie man das geschmackvolle und lehrreiche Ding auch nennt, das Aquarium, dem Verfasser dieser Mittheilungen zuerst bekannt wurde, hätte er sich an die Stirn schlagen mögen, daß er, ein Naturforscher im Dienste der Verallgemeinung seiner reichen, schönen Wissenschaft, nicht längst daran gedacht habe, die seit vielen Jahren von ihm gepflogene Gewohnheit, zu wissenschaftlichen Beobachtungen in großen Gläsern Wasserthiere und Wasserpflanzen zu ziehen, zu einem neuen Mittel zu machen, naturwissenschaftlichen Sinn zu wecken und pflegen. Die sofort eingeleiteten Veranstaltungen zur Herstellung genügender Glasgefäße und Gestelle haben nach vielfältigen vergeblichen Versuchen erst jetzt zu dem gewünschten Ergebnisse geführt;[1] und nun ist auch die Wiederkehr des Frühlings beflissen, uns die Gefäße mit Leben zu erfüllen.

Das etwa 20 par. Zoll hohe und 15 Zoll weite Glasgefäß füllt man zunächst am Boden etwa 3 Zoll hoch mit Flußsand. Ein weiteres aus dem Steinreiche zu entlehnendes Erforderniß – denn es vereinigen sich alle drei Reiche im Aquarium – ist eine gehörige Anzahl größerer und kleiner Stücke von dem Kalksinter, welcher schon längst als Einfassung von Gartenbeeten oder zu Miniaturfelsen auf Blumengestellen in Gebrauch und allgemein bekannt ist. Dieser schöne Stein, das Erzeugniß kalkhaltiger Quellen aus der jüngsten erdgeschichtlichen Vorzeit, verleiht dem Aquarium nicht nur einen großen Schmuck, sondern gewährt auch den Pflanzen und Thieren eine erwünschte Stätte. Die Pflanzen treiben ihre Wurzeln in die vielen röhrenartigen Zwischenräume des Kalksinters, aus welchem viele von ihnen zugleich eine gedeihliche Nahrung ziehen, und kleinere Thiere finden in denselben einen Zufluchtsort, wenn sie von größeren verfolgt werden. Von größeren Kalksinterstücken baut man in der Mitte des Gefäßes einen Felsen, welcher mit seiner Spitze über das Wasser hervorragt und, je nachdem man die Botanik oder die Zoologie vorherrschen lassen will, für letzteren Fall sogar noch über den Rand des Gefäßes hinausragen kann. Die Porosität des Steines zieht auch in diese als Felseninsel emporstehende Spitze fortwährend Wasser in die Höhe, so daß in ihre Spalten und Risse gepflanzte Moose und andere kleine Pflanzen freudig wachsen und so dem Steine das Ansehen eines bebuschten Felsens en miniature verleihen. Rings um den Fuß des kleinen Berges bedeckt man den Flußsand mit kleinen, höchstens faustgroßen Steinstücken oder kleinen Bachkieseln. Sie geben nicht nur dem Boden das Ansehen eines felsigen Meeresbodens, sondern verhindern auch die Thiere, den Sand aufzuwühlen, wodurch das Wasser getrübt werden würde.

Ehe ich weiter beschreibe, muß ich an meine Leser die Vorfrage richten, ob sie ihrem Aquarium mehr einen landschaftlichen Charakter geben wollen, oder ob es mehr das Ansehen eines Pflanzenkübels erhalten soll.

Nehmen wir zunächst letzteren Fall an (nach welchem der Holzschnitt aufgefaßt ist), so muß in die Mitte des Gefäßes ein etwa 8 Zoll hoher und 4 Zoll weiter walzenförmiger Korb, aus ungeschälten Weidenruthen weitläuftig geflochten, gestellt werden, den man durch an seine Seiten angelegte Kalksinterstücken verdeckt. In diesen Korb setzen wir mit etwas Teichschlamm einige größere Wasserpflanzen, die sich nun scheinbar aus dem Steinfelsen hoch über die Wasserfläche erheben. Der Korb ist überflüssig, wenn man aus passend geformten Steinen einen kleinen Krater für die Pflanzen zusammenbauen kann. Ohne der Liebhaberei für Ausländisches wehren zu wollen, so spreche ich doch in Folgendem nur von einheimischen Pflanzen, denn ich räume der Fremde nur erst dann ein Recht ein, wenn die Heimath sich unzulänglich erweist. Und in der That bietet der Spiegel unserer Sümpfe und verschilfter Teiche genug Pflanzen dar, welche in das Aquarium versetzt, sich sehr gut ausnehmen, ja welche vielen meiner Leser und Leserinnen wegen ihrer zum Theil abenteuerlichen Formen wie ausländische vorkommen werden. Zudem sind diese Pflanzen überall zu finden, wo die ihnen zusagende Oertlichkeit vorhanden ist, was überall in ganz Deutschland der Fall ist. Neben den straußartig aus dem Mittelpunkte des Gefäßes hervorwachsenden höheren Pflanzen kann man theils in den Zwischenräumen der äußeren Steinumkleidung des Korbes, theils in den Fugen der am Boden vertheilten Steine kleinere Pflanzen anbringen; ja eine unserer schönsten Wasserpflanzen, der Froschbiß, Hydrocharis morsus ranae, schwimmt ganz frei auf dem Wasserspiegel, indem sie ihre etwa fingerlangen schön bewimperten Wurzeln in das Wasser frei hinabhängen läßt.

Als die für diese Einrichtung des Aquariums (als Pflanzenkübel) geeignetsten Pflanzen nenne ich folgende: 1. Das Pfeilkraut, Sagittaria sagittifolia, nächst den gelben und weißen Seerosen unstreitig diejenige Pflanze, welche dem landschaftlichen Charakter unserer Teiche und Lachen einen geradehin tropischen Zug verleiht. Schon Mancher wollte mir kaum glauben, daß die Pflanze mit dem vollkommen einem Pfeile gleichenden Blatte und den sonderbaren dreiblättrigen Blümchen eine gemeine deutsche Wasserpflanze sei. 2. Der Igelkolben, Sparganium ramosum. Auch dieses schilfartige Gewächs mit den abenteuerlichen Blüthen wächst beinahe in jedem Teiche und ist doch außer Botanikern, Fischern und – Badenden den Wenigsten bekannt. 3. Der Froschlöffel, Alisma Plantago. Neben den pfeilförmigen und den langen säbelförmigen Schilfblättern der beiden vorigen bietet eine dritte Blattgestalt diese in jedem Graben wachsende Pflanze. Ihre Blätter sind länglichrund. Ihr mit vielen Hunderten dreiblättriger rosenrother Blüthchen übersäeter Blüthenschaft bildet ein zwei Fuß hohes, ungemein zierlich und leicht verästeltes Bäumchen. 4. Das Riedgras oder Segge', Carex. Von dieser artenreichen Gattung sollte man stets jenen drei Gewächsen eine ihrer größeren Arten beigesellen, namentlich C. stricta, limosa, vesicaria, ampullacea oder Pseudocyperus. Die ansehnlichen äußerst zierlich aus zahlreichen Schlauchfrüchtchen zusammengesetzten weiblichen Blüthenähren, welche auf zarten Stielen bogig überhängen, werden Vielen zum ersten Male zu Gesicht kommen, da diese schönen Gräser meist an unzugänglichen Stellen sich verbergen.

Diese vier Pflanzen reichen zu einer Gruppe vollkommen aus; ich nenne jedoch noch einige, welche sich ebenfalls dazu eignen.


  1. Mit dankenswerthem Eifer war die Glaswaarenhandlung von Fritzsche und Breiter in Leipzig bemüht, nach Anleitung des Verfassers Süßwasser-Aquarien herzustellen, so daß sie nun, in diesem hohen Grade der Vollendung wenigstens, unseres Wissens in Deutschland allein und zuerst damit hervortraten. Für Leipzig und nächste Umgegend besorgen sie das Aquarium (siehe nebenstehendes Bild) mit der Füllung, für auswärts ohne dieselbe.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_252.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)