Seite:Die Gartenlaube (1856) 157.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

„Mit der Eroberung Mexico’s erlosch die Macht der Azteken vollständig; ihr letzter großer Häuptling starb mit unerschütterlicher Standhaftigkeit auf der Tortur, indem er die glühenden Kohlen feurige Blumen nannte, ein Zug, würdig der schönsten Zeit Roms und Griechenlands.“

Ein Azteke (Ganze Figur.)

Soweit unser amerikanischer Gewährsmann über das beinahe mythenhafte Volk der Azteken.

Professor Owen, einer der ersten jetzt lebenden Anatomiker, sagt in einem seiner Briefe an Herrn Morris, den Beschützer der kleinen Fremdlinge, welche jetzt Europa durchwandern und bereits unter den ersten Gelehrten die heftigsten Debatten über ihren Ursprung und ihre Raçe, unter dem Publikum aber die einstimmigste Sensation hervorgerufen haben, Folgendes:

„Der auffallende Unterschied, welchen diese merkwürdigen Kinder im Vergleiche zu den in Europa gebornen mit analogen Stufen der Zahnbildung, in ihrer dünnen und winzigen Natur und vorzüglich in ihrem unverhältnißmäßig kleinen Schädel darbieten, macht sie für die Physiologen und Naturforscher zum Gegenstande ganz besonderen Interesses; während ihr lebendiges Empfindungsvermögen, ihre leicht erregte Neugier, der milde und intelligente Ausdruck ihrer tiefdunkeln Augen, ihr olivenfarbiger Teint und die Eigenthümlichkeit vieler ihrer Stellungen ihnen den Charakter einer ganz außerordentlichen Merkwürdigkeit verleihen.“

Knabe, 20 Jahre. Mädchen, 14 Jahre.

Owen stimmt völlig mit den gelehrten Physiognomen zu Charleston und Südcarolina darin überein, daß diese Kinder durchaus keine Merkzeichen darbieten, welche sie mehr als andere menschliche Wesen der Thierwelt näher stellen. Dr. Latham (vom königlichen Collegium der Wundärzte zu London) ist der Meinung, daß es in jenen Weltgegenden noch andere Individuen gebe, die diesen mehr oder weniger ähnlich seien, – daß es solche schon durch mehrere Generationen gegeben habe – daß er an der Bezeichnung: „Azteken“ keinen Anstand nehme, – und daß er glaube, daß sie aus einer Gegend herstammen, in welcher eine gewisse Summe politischer Unabhängigkeit und alterthümlichen Heidenthums sich behauptet habe.

Mögen nun diese geheimnißvollen Fremdlinge zu den letzten Sprossen jenes verschollenen untergegangenen Stammes der Azteken gehören oder nicht, mögen sie Vollblut-Indianer[WS 1], oder nach Dr. Andrée’s Behauptung gemischter Raçe sein, und von einem Indianer und einer Mulattin abstammen, das höchste Interesse des Beschauers werden sie immerhin erwecken, mögen sie diesen oder einen andern Namen führen.

Bei einer Höhe von 30–34 Zoll beträgt der Umfang des Gehirns 13 Zoll und 3–4 Linien. Sie gehören demnach zur Gattung der Mikrocephalen, d. h. Kleinköpfe. Ihre Gestalt ist eben so schlank wie fein gegliedert, die Brust gewölbt und breit, der Hals überlang, der Rücken gebogen. Der erste Eindruck, den sie mit ihren Physiognomien auf den Beschauer machen, erinnert an jene Menschen mit den vorgestreckten, neugierigen Vogelgesichtern, wie wir sie so oft auf den Denkmälern der alten

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Volblut
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_157.jpg&oldid=- (Version vom 6.2.2020)