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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

Stengelchen trägt auf meist langen fadendünnen Fruchtstielen eine Frucht, welche wir Büchse nennen, weil sie mit einem förmlichen Deckel verschlossen ist.

Als Vertreter der Laubmoose habe ich ein ziemlich häufig vorkommendes gewählt, eine Art der Gattung der Wiederthone, mit einfachen Stengelchen (F. 13.). Auf dem langen Fruchtstiele sitzt die Büchse, welche zunächst mit einer Haube oder Mütze bedeckt ist. Wir sehen sie bei F. 13. m''. allein und stärker vergrößert dargestellt. Hier ist sie haarig-filzig, eine wahre Perrücke; bei den meisten Laubmoosen ist sie jedoch häutig. Ziehen wir die Mütze ab, so erscheint nun als ein zweiter Verschluß der Büchse das Deckelchen (F. 13. b''.). Sind die Sporen reif, so fällt das Deckelchen ab und dann ist bei den Wiederthonen noch ein dritter Verschluß vorhanden, eine zarte, weiße Haut (h''.). Diese wird von einem zierlichen Zahnkranz, dem sogenannten Zahnbesatz, gehalten, welcher, bei vielen Moosen doppelt, die Oeffnung der Büchse umgiebt (z'. u. zz'''.). Dann erst kommen wir auf das außerordentlich feine grüne Pulver, welches die unendlich kleinen Keimkörner bilden. In sp''. ist eins sehr stark vergrößert dargestellt.

Es bleiben uns nun von der Abtheilung der blüthenlosen Pflanzen nur noch die Farrenkräuter übrig, von denen ich Ihnen in der nächsten Vorlesung eine Uebersicht geben will. Wir werden finden, daß sie ein großes und geschichtliches Interesse haben und daß ihre Vorfahren bei der Steinkohlenbildung thätig mitgewirkt haben.




Kriegsbilder aus der Krim.

Aus dem Tagebuche eines französischen Kavallerie-Kapitains, mitgetheilt
von Julius von Wickede.
(Fortsetzung.)

Es mochten nun ungefähr fünf bis sechs Tage nach unserer Landung bei Balaklava vergangen sein, als meine Escadron den Befehl erhielt, eine größere Recognoscir-Patrouille zu unternehmen, bei welcher wir die Wahrscheinlichkeit hatten, mit der russischen Kavallerie, von der wir bisher nur einzelne Vedetten aus der Ferne gesehen, zusammen zu kommen. Es war eine unendliche Freude bei meiner gesammten Mannschaft, als dieser Befehl bekannt wurde, denn zu sehr brannten Alle vor Ungeduld, sich endlich einmal mit der russischen Reiterei messen zu können. Hätte man jedem einzelnen Chasseur zehn Napoleond’ors dafür versprochen, wenn er von dieser Expedition zurückbleiben wollte, ich glaube kaum, daß sich in meiner ganzen Escadron ein Mann gefunden, der dies um solchen Preis gethan.

Wir waren bei dieser Patrouille wohl schon an 11/2 Stunden in das Innere des Landes hineingeritten, und hatten außer einigen Kosaken, die sich bei unserer Annäherung aber stets schnell zurückzogen, noch keinen Feind weiter gesehen, so daß meine Chasseurs nicht wenig mißvergnügt darüber waren, und unzählige Flüche ausstießen. Der Allerungeduldigste war aber Jean-Jean, der seinem Zorn auf eine so komische Weise Luft machte, daß ich wiederholt darüber lachen mußte.

Endlich, als ich schon wieder umkehren lassen wollte, denn meine Recognoscirung wäre fast zu weit ausgedehnt worden, kam eine größere Masse russischer Reiterei langsam auf uns zugeritten. Es waren reguläre Uhlanen, ungefähr wohl in gleicher Stärke, wie wir selbst, dazu noch an vierzig bis funfzig Kosaken. Die Russen schienen die Absicht zu haben, unserm Angriff entgegen zu kommen, und so war denn endlich die so lange ersehnte Aussicht zu einem Gefechte vorhanden. Eine große Freude hatten wir darüber, und ich selbst hatte Mühe, die allzu hitzige Kampflust meiner Leute zu zügeln. Nach und nach hatten wir im langsamen Tempo den Russen uns wohl bis auf 5 bis 600 Schritte genähert, und ich ließ das Signal zum Trabe und bald darauf auch zum Galopp von dem Trompeter blasen. Bei Gott, was war dies für ein schöner Augenblick, als die Trompetentöne so hell und verlockend schmetterten, unsere Säbel blinkten, und meine Leute ein lautes, jubelndes „vive l'empereur!“ den Feinden entgegenriefen! Die russischen Uhlanen gaben sich nun den Anschein, als wollten sie mit eingelegten Lanzen unserer Attaque entgegenkommen; allein plötzlich machten sie vor uns Kehrt, und gingen in vollem Galopp zurück. In demselben Augenblick[WS 1] sah ich aber auch, daß vier russische Geschütze der reitenden Artillerie, die bisher in einer Schlucht verborgen gewesen waren, plötzlich aus derselben hervor und den Uhlanen zur Hülfe angejagt kamen. Jetzt galt es, meine Chasseurs, die in möglichster Eile hinter den russischen Uhlanen dreinjagten, um dieselben noch einzuholen, wieder zurückzuerhalten, da sonst die Feinde ihren Zweck, uns einen Hinterhalt zu legen, vollkommen erreicht hätten. Der Trompeter mußte das Signal zum Appel blasen, was er wirklich ungemein ungern that, und ich ordnete die Glieder wieder zum langsamen Zurückgehen.

Zwei russische Uhlanen, die mit ihren Pferden gestürzt waren, hatten meine Chasseurs bei dieser kurzen Verfolgung gefangengenommen, und dazu noch ein sehr gutes Offizierpferd, welches ohne Reiter auf uns zugelaufen kam, erbeutet. Jean-Jean, auf seinem schnellen Rothfuchs, wie immer mit der Vorderste im Gefechte, hatte den Einen dieser russischen Uhlanen, der sich einen Augenblick noch mit der Lanze gegen ihn vertheidigte, gefangen genommen, und war nicht wenig erfreut darüber, daß er der erste Soldat in unserer ganzen Escadron gewesen, der einen Russen zum Gefangenen gemacht.

In demselben Augenblick, wo der lustige Irländer aber noch hierüber lachte und schwatzte, und seinem Gefangenen, einem mit mehreren Medaillen gezierten Soldaten, gutmüthig seine Branntweinflasche hingereicht hatte, damit dieser durch einen tüchtigen Zug daraus sich über sein Schicksal bestens trösten möge, krachte eine Kartätschensalve, welche die vier feindlichen Kanonen abgefeuert hatten, gegen uns. Die Entfernung der Geschütze war aber noch zu groß, und die Kugeln schlugen gewiß noch an 50 bis 60 Schritte von uns in den Boden. Eine derselben mußte von Ungefähr dort so an einen Stein angeprallt sein, denn sie flog in schiefer Richtung und traf den Jean-Jean so mitten in der Brust, daß derselbe auf der Stelle todt von seinem Fuchs stürzte, und keinen Laut mehr von sich geben konnte. Ich kann nicht leugnen, daß es mir sehr Leid that, gerade meinen lustigen Irländer verlieren zu müssen, so häufig erzürnt ich auch manchmal mit Recht über denselben gewesen war.

Um nun mehr aus dem Bereiche der russischen Geschütze, hinter denen sich die Kosaken und Uhlanen wieder gesammelt hatten, fortzukommen, ging ich mit meiner Escadron im langsamen Trabe zurück. Die Kanonen der Feinde folgten uns in gleichem Tempo, und gaben uns auch später nochmals eine Salve, die aber nicht den mindesten Schaden that. Jetzt waren die Uhlanen auch wieder kühner geworden und rückten uns näher, so daß ich Kehrt machen und dieselben auf kurze Strecke verfolgen ließ. Dem Flanqueurzug meiner Escadron, der mit den schnellsten Pferden beritten war, befahl ich aber, die russischen Uhlanen so weit wie möglich zu verfolgen, und setzte mich selbst an dessen Spitze, während ich meinem ersten Lieutenant die Führung der übrigen Escadron, die langsam zurückging, übergab. Dies Manöver glückte uns endlich und wir holten die acht russischen Uhlanen, die am Schlechtesten beritten waren, ein und bevor ihre Kameraden ihnen noch zur Hülfe gekommen waren, hatten wir sie nach kurzer und schwacher Gegenwehr, wobei nur ein Chasseur leicht durch einen Lanzenstich in der Schulter verwundet war, niedergehauen und vier ihrer Pferde erbeutet. Der übrige Theil der russischen Kavallerie wandte sich jetzt zwar wieder gegen uns Flanqueurs, aber es war uns auf unsern flüchtigen maurischen Hengsten gar leicht, denselben zu entkommen, und den zurückgebliebenen Theil der Escadron zu erreichen.

Da die Russen abermals Kehrt machten, der Abend auch schon allmälig herandämmerte, so gingen auch wir in unser Lager zurück, in welches wir sieben erbeutete Pferde und zwei gefangene Uhlanen mit zurückbrachten. Die Leiche des gefallenen Jean-Jean, welche seine Kameraden auf dem Pferde mitgenommen hatten, begruben wir am andern Morgen mit allen militairischen Ehren, da es ja der erste Soldat war, den unsere Escadron in diesem Feldzuge gegen den Feind verloren hatte.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Augenlick
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verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_027.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)