Seite:Die Gartenlaube (1855) 529.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

Max von Schwind nimmt wohl unter ihnen die hervorragendste Stellung ein. Neben geistvoller Conception, correkter Zeichnung und vollendeter Grazie in seinen weiblichen Figuren und Köpfen, durchweht fast alle seine Compositionen eine Frische und Anmuth, wie sie der romantischen Schule nur zum Muster dienen darf. Ein kecker, beinahe übersprudelnder Humor begleitet den Meister gar oft bei seinen Entwürfen, wobei ihn sein glückliches Naturell, ein kerngesunder Sinn, gar herrlich unterstützt. Schwind ist ein unbedingter Anhänger der altdeutschen Schule, was so recht aus seiner bekannten Aquarell-Zeichnung, „Ritter Kurt’s Brautfahrt“ in die Augen fällt. Franzosen und Belgier existiren für ihn nicht, denn vom Colorit hält er wenig, worin gerade jene Meister sind. Einem Künstler, wie ihm, ist wohl diese kleine Grille zu verzeihen, der seinem Ruhme abermals durch die Fresken in der Wartburg einen Denkstein setzen wird.

Buonaventura Genelli, ein, wenn wir uns den Ausdruck erlauben dürfen, michelangelo’scher Charakter, ist dem größeren Publikum weit weniger bekannt, als es wünschenswerth wäre. Der einfache Contour genügt ihm, seinen tiefsinnigen Gedanken Gestaltung zu geben. Seine Figuren sind meist nackt, selbst die Gewandung ist ihm ein überflüssiger Tand. „Das Leben eines Wüstlings,“ eine cyklische Composition, ist eines seiner bedeutendsten Werke. Genelli’s ganzes Wesen athmet Mark und Kraft, sein großes Vorbild, Michel Angelo, leuchtet aus allen seinen Compositionen, ohne daß sie deshalb ihre Selbstständigkeit verlieren. Er lebte lange in Rom, und die Classicität der ewigen Stadt scheint unvertilgbare Eindrücke auf seinen Charakter, ja, auf seine Erscheinung zurückgelassen zu haben. Würfe er eine „Toga“ über, der ächteste Römer des alten Roms stände vor uns, ein Brutus vom Scheitel bis zur Sohle.

Peter von Heß, der Schlachtenmaler, zählt zu den glorreichsten Namen der Gegenwart. Sein „Uebergang über die Beresina“ ist ein Werk der staunenswerthesten Erfindungsgabe, der kühnsten Phantasie. Hunderte von Detail-Scenen sind in diesem Bilde zu einem harmonischen, ergreifenden Ganzen zusammengefaßt, und das Genie, wie der Fleiß des Künstlers reichen in diesem Werke einander gleichmäßig die Hand. Schade, daß Peter von Heß, wie manchem münchener Künstler, eine etwas kalte, trockne Farbe eigen ist, welche die Total-Wirkung in seinen Gemälden hier und da beeinträchtigt.

Unter den Genre-Malern nimmt Flüggen unstreitig die erste Stellung ein. Charakteristische Auffassung, psychologisches Eingehen bis in die kleinsten Details geben seinen Schöpfungen einen Reiz, der unwiderstehlich fesselt. Oft mit erschütternder Wahrheit führt er uns durch seine Gemälde in die verschiedensten Conflicte des menschlichen Lebens ein, und zwingt uns, dem Künstler wie dem Denker, gleiche Bewunderung zu zollen. Dabei ist seine Farbe kräftig, ohne manierirt zu sein, sein Vortrag kühn, ohne in Flüchtigkeit auszuarten. Diesem Künstler wurde jüngst die Ehre zu Theil, den Tod Friedrich August von Sachsen in einem Bilde darzustellen, und wir sind, ohne das Werk gesehen zu haben, im Voraus überzeugt, daß er diese schwierige Aufgabe würdig gelöst hat.

In Kiener, dem Badenser, erkennen wir in der That die leichtere, harmlosere Schwabennatur. Die Stoffe, die er zu seinen Compositionen wählt, berühren weniger innere Seelen-Zustände, er schildert mehr Situationen. Seine vaterländischen Bauernscenen sind eben so wahr wie humoristisch, und er, wie Flüggen und Louis Schön bilden ein würdiges Genre-Malertriumvirat Münchens.

München ist auch reich an trefflichen Landschaftern, und Namen wie Zimmermann, Morgenstern, Zwenganen haben bei allen Kennern einen schönen Klang, und ihre Schöpfungen tragen in Styl und Ausführung den Stempel der Großartigkeit. Der knapp zugemessene Raum unsers Blattes erlaubt uns nicht, alle die künstlerischen Namen aufzuführen, die einer Erwähnung verdienen, wir hoffen aber in einem spätern Artikel nochmals auf dieses Thema zurückzukommen.

H. K. 




Haut- und Haar-Krankheiten.

I. Hühner-, Elster- oder Krähenauge, Leichdorn.

Wo Dich der Schuh drückt, da merkst Du bald ein Hühnerauge. Denn nur länger anhaltender Druck und Reibung erzeugt diese keilförmige Verdickung der hornartigen Oberhaut, besonders da, wo die Haut dicht und ohne Fettunterlage über einem Knochenvorsprunge liegt. Deshalb hat das Hühnerauge aber auch seinen Hauptsitz auf dem Rücken der Zehen, besonders an der kleinen Zehe und über dem zweiten Zehengelenke, sowie am Ballen der großen Zehe. Doch trifft man dasselbe nicht selten auch zwischen den Zehen und auf der Fußsohle, ja bei Damen, die sich fest schnüren, sogar am obern Rande der Hüfte, und auf dem Kniee bei Solchen, die viel knieen. So wie nun Druck diesen Hornkeil der Haut erzeugte, so verschwindet derselbe ganz von selbst, wenn der Druck, durch den er entstand, aufgehoben wird. Seinen Namen „Hühner-, Elster- oder Krähenauge“ verdankt er seinem dunklem und dichtern-Mittelpunkte, welcher der Pupille eines Vogelauges nicht unähnlich ist. Als Wetterprophet steht aber das Hühnerauge deshalb bei Manchen in Ansehen, weil es durch sein Wehethun schlechtes Wetter verkünden soll. Diese Erscheinung läßt sich vielleicht dadurch erklären, daß die das Hühnerauge bildende hygroscopische (Wasser aus der Luft anziehende) Oberhaut bei sehr feuchter Luft anschwillt und dann die benachbarten Empfindungsnerven der Haut stärker drückt.

Um den Bau des Hühnerauges genauer kennen zu lernen, muß man sich an die Struktur der Haut und besonders der Oberhaut erinnern (s. Gartenlaube Jahrg. II. Nr. 44). Die äußere Haut wird nämlich aus drei übereinander liegenden Hautschichten zusammengesetzt, von denen die oberste die Oberhaut oder Epidermis, die mittlere die Lederhaut und die unterste die Fetthaut heißt. Die Oberhaut, welche überall die freie Oberfläche der Lederhaut mit ihren Vertiefungen und Erhabenheiten überk1eidet und ganz gefäß- und nervenlos (also unempfindlich und unentzündlich) ist, besteht aus zwei, ziemlich scharf von einander getrennten Schichten, von denen die unterste, jüngste, unmittelbar an die Lederhaut (von deren Blutgefäßen sie erzeugt wird) stößt und Schleimschicht genannt wird, während die obere und ältere den Namen der Hornschicht hat. Die erstere, welche der Hauptsitz der Hautfarbe (des Teint) ist, besteht nur aus kleinen, mit Flüssigkeit prall gefüllten, rundlichen oder länglichen, nach der Hornschicht zu platt und eckig werdenden, kern- und farbehaltigen Bläschen (Epidermiszellen); die letztere wird aus Schichten vier-, fünf- und sechseckiger Horn-Plättchen zusammengesetzt, welche allmälig durch das Plattwerden und Verhornen der Epidermiszellen entstanden sind. Die obersten, ältesten Plättchen der Hornschicht stoßen sich fortwährend los und die unteren jüngeren Plättchen und Zellen rücken immerfort nach, bis auch sie sich endlich an der Hautoberfläche abschuppen.

Das Hühnerauge besteht nur aus Schichten von Hornplättchen der Oberhaut, die aber in größerer Menge fester und dichter, sowie schräg und sogar senkrecht oder auch zwiebelschalenartig (concentrisch) an einer kleinen umschriebenen Stelle neben und um einander herum gelagert sind, während ihre Lagerung in gesunder Oberhaut doch eine horizontale ist. Es läßt sich demnach das Hühnerauge als eine aus harten Hornschüppchen zusammengesetzte Verdickung der Oberhaut bezeichnen, deren Form sich gewöhnlich der keilförmigen oder halbkugligen nähert. In ihrem Mittelpunkte bilden die dichter zusammengedrängten, schräg- oder concentrisch gelagerten Schüppchen eine Art von länglichen, weißlichen und dunklern Kern, dessen oberes und unteres Ende (oder die Wurzel des Hühnerauges) sich etwas zuspitzt; letzteres ragt durch die Schleimschicht der Oberhaut bis in die Lederhaut hinein, wo es einen Eindruck veranlaßt, und durch diesen Druck sogar eine Entartung der Haut (Entzündung mit kleinen Blutaustretungen, Verdickung oder Abmagerung der Lederhaut, Schwund der Haut-Wärzchen und Drüschen) hervorrufen kann. Unter alten Hühneraugen entwickelt sich manchmal auch ein kleines Säckchen (Schleimbeutel), welches sich leicht entzündet und vereitert, wobei dann das Hühnerauge abgestoßen wird. An den Leichdornen zwischen den Zehen sind die Hornschüppchen durch den Schweiß etwas aufgeweicht und weißlich, weniger durchscheinend. – Die Bildung des Hühnerauges geht so vor sich,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 529. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_529.jpg&oldid=- (Version vom 12.7.2023)