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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855)

der so wichtigen Kassen- und Buchführung kann hier nur das Allgemeinste bemerkt werden. Im Ganzen üben die Vereine in den Generalversammlungen aller Mitglieder die beschließende Gewalt, somit die Oberaufsicht über die Verwaltung, welche letztere gewissen Vorständen und Ausschüssen anvertraut ist, von denen die eigentlichen Kassenbeamten (mindestens ein Kassirer und ein Controleur) besoldet und zu genauer Buchführung und Rechnungslegung verpflichtet sind. Ueberhaupt kann ich mich umsomehr des Eingehens in die Details enthalten, als so eben ein der Verlagshandlung dieser Blätter eine ausführliche Schrift darüber:

     Vorschußvereine als Volksbanken. Praktische Anweisung zu deren Gründung und Einrichtung von Schulze in Delitzsch
zu dem geringen Preise von – 10 Ngr. – erschienen ist, welche den Gegenstand in erschöpfender Weise behandelt und zugleich Statuten, Geschäftsformulare, Schemata zur Buchführung, kurz alles Mögliche mittheilt, was bei Gründung solcher Vereine irgend von Nutzen sein kann. Als Beleg für die von mir entwickelten Ansichten möge aus den in dieser Schrift gegebenen Rechnungsnachweisen über die erwähnten Vereine das Nachstehende eine Stelle finden.

Der Vorschußverein in Eilenburg (Fabrikstadt von 10,000 Einwohnern im preuß. Herzogthum Sachsen) Ende 1850 mit 180 Mitgliedern aus dem Handwerker- und Arbeiterstande ohne Unterstützung von irgend einer Seite gegründet, wuchs 1851 auf 390, 1852 auf 582, 1853 auf 650, 1854 auf 714 Mitglieder, welche – 1 Sgr. – Monatssteuer entrichten, seit 1853 aber auch mehr einlegen dürfen. Der Verein erfreute sich von seiner Stiftung an eines immer wachsenden Kredits, und flossen ihm darlehnsweise an fremden Gelder zu:

im Jahre 1851 5,943 Thlr., wovon 1,946 Thlr. Sgr.,
0"       " 1852 5,914 0 "  " 3,521 0 " 0 "
0"       " 1853 13,334 0 "  " 6,261 0 " 0 "
0"       " 1854 26,685 0 "  " 13,027 0 " 26 0 "
zurückgezahlt wurden.
zusammen: 51,878 Thlr., wovon 24,755 Thlr. 26 Sgr. zurückgezahlt sind.

Mit diesen Geldern wurde es möglich, folgende baare Vorschüsse an die Mitglieder zu gewähren:

im Jahre 1851 8,801 Thlr. 29 Sgr. Pf.
0"       " 1852 13,366 0 " 5 0 " 0 "
0"       " 1853 21,621 0 " 2 0 " 1 0 "
0"       " 1854 25,661 0 " 4 0 " 5 0 "
zusammen: 69,450 Thlr. 10 Sgr. 6 Pf.

Von den Vorschußempfängern gingen im Jahre 1854 mit Ausschluß der Reste ein:

768 Thlr. 5 Sgr. 11 Pf. eigentliche Zinsen à 5 Procent,
595 0 " 24 0 " 0 " Provisionen à 3 – 5 Procent
1363 Thlr. 29 Sgr. 11 Pf. zusammen,

und wurden die Gehalte der Beamten dadurch aufgebracht, daß man von den eingegangenen Provisionen an 595 Thlr. 24 Sgr. dem Kassirer 1/2, dem Director und Controleur 1/4, den Ausschußmitgliedern 1/12 gewährte, das übrige 1/6 aber der Kasse zur Deckung der sonstigen Unkosten und Verstärkung der Dividende überwies. Das Guthaben der Mitglieder betrug an Monatssteuern und frühern Dividenden Ende 1853 718 Thlr. 10 Sgr. 10 Pf., hierzu traten 73 Thlr. 27 Sgr. 3 Pf. Reingewinn etc. 1853, welche mit 60 Thlr. 5 Sgr. 5 Pf. als Dividende zugeschrieben und mit 13 Thlr. 21 Sgr. 10 Pf. zur Reserve geschlagen wurde, so daß die letztere sich auf 60 Thlr. 24 Sgr. 3 Pf. erhöhte. Der Reinertrag des Geschäfts pro 1854 stellt sich ungefähr eben so, doch war, als die Schrift verfaßt wurde, der Rechnungsabschluß noch nicht erfolgt. Da im Jahre 1854 326 Thaler 9 Sgr. 7 Pf. Monatssteuern eingekommen waren, so stellte sich der Betriebsfond Ende 1854 auf circa 28,000 Thaler heraus, wovon gegen 1200 Thaler als Guthaben und Reserve den Mitgliedern gehörten.

Das Angeführte ergiebt, daß der Verein durch seine Erfolge in den Stand gesetzt worden ist, über das Bedürfniß der Handwerker und Arbeiter, die ihn gründeten, hinauszugehen und weitere Kreise des bürgerlichen Verkehrs in seine Wirksamkeit hereinzuziehen. Um auch bedeutendere Geschäfte nicht zurückzuweisen, bedurfte er ansehnlicher Baarvorräthe, weshalb er Geldofferten niemals zurückweist, auch wenn sie das vorhandene Kassenbedürfniß übersteigen.

Vielmehr suchte man die Kasse zu einem Mittelpunkt für alle müßige Gelder in einem gewissen Kreise zu machen, und trat mit einigen Banquiers in Verbindung, bei denen die Ueberschüsse zinsbar angelegt wurden, was z. B. im Januar d. J. mit 6000 Thalern der Fall war. Unter diesen Umständen mußte man sich aber auch entschließen, Vorschüsse auf längere Fristen, bis zu neun Monaten und ein Jahr zu geben, was in Verbindung mit den höhern Beträgen wiederum auf den Zinsfuß zurückwirkte, den man sich mit den erwähnten höchst zweckmäßigen Modificationen zu reduciren entschloß, um sich nicht derartige Geschäfte von vorn herein abzuschneiden. Natürlich konnte diese auf die Dividende nicht ohne Einfluß bleiben, welche dadurch ebenfalls eine Verminderung erlitt, so daß, wie im Verhältniß zu der bedeutenden Mitgliederzahl geringen Monatssteuerbeträge ergeben, eine wesentliche Anregung davon zur Verstärkung dieser Steuern nicht ausging.

Einen andern Verlauf nahmen die Dinge in Delitzsch, einer nicht bedeutenden Landstadt von 5000 Einwohnern, in Eilenburgs Nachbarschaft, wo der Vorschußverein, zwar schon im Frühjahr 1850 gegründet, doch erst im Herbst 1852 auf der besprochenen gesunden Grundlage reorganisirt wurde und in Thätigkeit trat. Die bis auf 30 gesunkene Mitgliederzahl hob sich Ende 1852 auf 100, 1853 auf 175, 1854 auf 210. Doch blieb der Verkehr wesentlich auf das Kleingewerbe der unbemittelteren Einwohner beschränkt, indem die Wohlhabenderen, welche genügende Sicherheiten bestellen können, die mit der städtischen Sparkasse seit 1854 verbundene Darlehnskasse benutzen. So behielt der Verein einen scharf abgegrenzten, auf das Bedürfniß einer bestimmten Klasse berechneten Charakter. Im Gegensatz zu Eilenburg nimmt die Kasse daher keine Gelder über den Bedarf an, und da die Vorschüsse nur bis auf drei Monate gegeben und höchstens bis auf ebensolange prolongirt werden, so ist im Verhältniß zu dem Umsatze ein weit geringeres Betriebskapital nöthig, wie in Eilenburg. Deshalb treten denn auch die Monatssteuern der Mitglieder nebst der Dividende weit mehr in den Vordergrund, indem man die Kapitalbildung für die Mitglieder zu einer Hauptaufgabe macht. Das hat zur Folge gehabt, daß man in 5 bis 6 Jahren, bei irgend gedeihlichem Fortgange der Geschäfte, das ganze Betriebskapital durch das aufgesammelte Guthaben der Mitglieder darzustellen hoffen kann, wie die nachstehenden Daten aus den Rechnungen der besten Jahre bestätigen. Während der Umsatz seit 1850 bis zur Reorganisation kaum einige hundert Thaler auf das Jahr erreichte, hob er sich seitdem in folgender Weise, daß:

bis Ende 1852 244 Thlr.
im Jahre 1853 3261 Thlr. 15 Sgr.
im Jahre 1854 2935 0 " 29 0"
zusammen: 6441 Thlr. 14 Sgr.

darlehnsweise aufgenommen, davon 3808 Thaler wieder zurückgezahlt, und an Vorschüssen gewährt wurden:

im Jahre 1853 7,167 Thlr. 10 Sgr.
0"     " 1854 12,039 0 " 0"
zusammen 19,206 Thlr. 10 Sgr.

Der Rechnungsabschluß pro 1854 stellte sich dahin heraus:

334 Thlr. 1 Sgr. 11 Pf. eingegangene Zinsen der Vorschußempfänger à 10 Procent, wovon zu decken waren 111 Thlr. 14 Sgr. 2 Pf. Zinsen der Vereinsgläubiger, 130 Thlr. 22 Sgr. 9 Pf. Verwaltungskosten einschließlich der Besoldungen, 242 Thlr. 6 Sgr. 11 Pf. zusammen, so daß: 91 Thlr. 25 Sgr. Reinertrag des Geschäfts blieb. Davon wurden 88 Thlr. 27 Sgr. 6 Pf. den Mitgliedern auf die im Guthaben eines Jeden Ende 1853 begriffenen vollen Thalereinheiten als Dividende zugeschrieben, was, da 149 solcher Einheiten vorhanden waren, 171/2 Sgr. auf jeden Thaler betrug. Den Rest von 4 Thlrn. 27 Sgr. 6 Pf. schlug man zur Reserve. Das Gesammtguthaben aller Mitglieder betrug inclusive der erwähnten Dividende Ende 1854 558 Thlr. 15 Sgr., der Reservefond 235 Thlr. 18 Sgr. 3 Pf. In Folge der Dividende wurden aber im Januar 1855, sobald der Rechnungsabschluß pr. 1854 bekannt wurde, zur Abrundung des Guthabens, außer den gewöhnlichen Monatssteuern, über 200 Thaler von den Mitgliedern eingezahlt, so daß, da die gewöhnlichen Steuern 25 bis 30 Thaler allmonatlich betragen, das Guthaben Ende dieses Jahres, mit Einschluß der zu erwartenden Dividende, jedenfalls 1200 Thaler erreichen wird, was mit

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1855). Leipzig: Ernst Keil, 1855, Seite 517. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1855)_517.jpg&oldid=- (Version vom 12.7.2023)